Bekanntlich hatte sich in der zurückliegenden Kommunalwahl kein Kandidat für die Urwahl des Bürgermeisters in Niederzissen gefunden, Rolf Hans wollte nach zehn Jahren nicht noch einmal antreten. Auch in der konstituierenden Sitzung, in der der Gemeinderat einen Bürgermeister hätte wählen sollen, konnte niemand präsentiert werden, der bereit war, das anspruchsvolle Ehrenamt zu übernehmen. Hans hatte sich daraufhin bereiterklärt, das Amt kommissarisch weiterzuführen, bis ein geeigneter Kandidat gefunden sei. Die Kommunalaufsicht beanstandete dieses Vorgehen jedoch und setzte eine Frist für eine formelle Wahl des Ortsbürgermeisters.
Jeder kann so stimmen, wie er möchte, aber das war nicht im Sinne der Gemeinde. Ich bin der Ansicht, der Rat hat sich und seinem Ansehen an dieser Stelle selbst geschadet.
Rolf Hans, wiedergewählter Ortsbürgremeister
Rolf Hans stellte sich also in der jüngsten Sitzung den Ratsmitgliedern zur Wahl, doch statt einer einstimmigen Bestätigung erhielt er lediglich zwölf Ja-Stimmen. Sechs Ratsmitglieder votierten gegen ihn, ein Mitglied enthielt sich der Stimme. Rolf Hans nahm die Wahl an, zeigte sich jedoch vom Ergebnis enttäuscht. „Jeder kann so stimmen, wie er möchte, aber das war nicht im Sinne der Gemeinde. Ich bin der Ansicht, der Rat hat sich und seinem Ansehen an dieser Stelle selbst geschadet.“
Weiterer Eklat um Geschäftsbereiche
Carsten Köpper, Fraktionssprecher der Wählergruppe Doll, sah im Abstimmungsergebnis ein Zeichen für unterschiedliche Meinungen. „100-Prozent-Ergebnisse zeugen nicht von Demokratie“, so Köpper. Am Rande der Sitzung war bereits durchgesickert, dass Nico Degen (CDU) seine Bereitschaft erklärt hatte, Ende Januar als neuer Ortsbürgermeister zu kandidieren. „Ich habe für diesen Plan auch vonseiten der Bürger viel Zustimmung erhalten, aber nach den Ereignissen dieser Sitzung stehe ich für das Amt nicht mehr zur Verfügung“, kündigte Degen noch am Abend an. Denn nach der Bürgermeisterwahl stand der nächste Eklat im Niederzissener Rat an.
Um den Ortsbürgermeister zu entlasten, hatten der Bürgermeister und die Beigeordneten noch vor der Sommerpause erklärt, Geschäftsbereiche für die Beigeordneten zu definieren, um so die anfallende Arbeit auf mehrere Schultern zu verteilen. Unstrittig waren dabei die Geschäftsbereiche „Gebäudemanagement“ und „Bauwesen“ für die beiden Beigeordneten Nico Degen und Ralf Doll. Heftige Diskussionen löste der Geschäftsbereich des Beigeordneten Andy Schmitt aus. In der Abstimmungsvorlage zur Sitzung wurde dieser definiert mit den Worten: „Gemeindefeste und Veranstaltungen, Vereinsarbeit, Stellvertretung Kita-Neubau“. Carsten Köpper (WG Doll) hierzu: „Dieser Vorschlag ist so nicht akzeptabel. Er ist rückwärtsgewandt und nicht zukunftsfähig. Außerdem ist von der ursprünglichen Vereinbarung nicht mehr viel übrig.“
Dieser Vorschlag ist so nicht akzeptabel.
Carsten Köpper, Wählergemeinschaft Doll
Andy Schmitt (SPD) bestätigte, dass es in der Sommerpause Gespräche im Kreis der Beigeordneten und Fraktionssprecher gegeben habe. Dort sei vereinbart worden, einen eigenen Geschäftsbereich für die Belange des Kindergartens zu bilden. Köpper: „Bei der Diskussion um das Zuschneiden der Geschäftsbereiche wurde durch uns der Bereich der bestehenden Kita immer als wesentlicher Bestandteil des Geschäftsbereichs anvisiert und mit Andy Schmitt eine sehr gute Besetzung gefunden.“
Ortsbürgermeister will handlungsfähig bleiben
Rolf Hans bestätigte, dass in den ursprünglichen Entwürfen das Wort „Kindergartenmanagement“ aufgetaucht sei. „Ich habe diese Formulierung von der Verwaltung prüfen lassen, und mir wurde bestätigt, dass der Ortsbürgermeister so das Heft des Handelns beim anstehenden Kindergartenneubau vollständig aus der Hand gegeben hätte. Und das darf doch beim wichtigsten Bauprojekt der nächsten Jahre nicht sein“, erklärte Hans die geänderte Formulierung. Im Laufe der Sitzung entbrannte ein heftiger und leidenschaftlicher Streit zwischen CDU-Fraktion und Ortsbürgermeister einerseits sowie SPD-Fraktion und WG-Doll andererseits. Christoph Schmitt (SPD) ermahnte seine Ratskollegen: „Es geht hier um Formulierungen. Natürlich ist der Bürgermeister nie außen vor und spricht immer mit.“
Schlussendlich verabschiedete der Rat nach Bitte von Rolf Hans mit einer Gegenstimme die Formulierung ‚Mitwirkung in Angelegenheiten des bestehenden Kindergartens‘. Auch die Wählergruppe Doll zeigte sich zufrieden. „Der jetzt gefundene und fast einstimmig angenommene Kompromiss ist nach meiner Auffassung zukunftsfähig und bietet Gewähr für eine erfolgreiche Arbeit der Ortsgemeindeverwaltung“, konstatierte Carsten Köpper.
Nico Degen zieht sich als Kandidat zurück
Nico Degen hingegen zeigte sich enttäuscht: „Der vorbereitete Antrag der Wählergruppe Doll hat uns alle überrascht. Dass der Gemeinderat einem Bürgermeister so in den Rücken fällt, finde ich sehr befremdlich. Ich stehe als Kandidat im Januar nicht mehr zur Verfügung.“ Tobias Schneider, CDU-Fraktionssprecher, kommentierte die teils chaotisch verlaufene Sitzung und den Rückzug des Kandidaten Degen mit den Worten: „In meinen Augen wurde hier sehr viel Porzellan zerschlagen, hauptsächlich durch den Antragsteller. Jetzt sehe ich die anderen Fraktionen in der Verantwortung, einen geeigneten Kandidaten zu finden. Nico Degen war ein optimaler Bewerber aufgrund seiner Persönlichkeit und seiner beruflichen Erfahrung.“ Bis ein neuer Kandidat in Niederzissen gefunden ist, bleibt Rolf Hans weiterhin gewählter Ortsbürgermeister.