Das ist eine der Leitideen, die von den Teilnehmern der Auftaktveranstaltung „Innenstädte der Zukunft“ in einem knapp dreistündigen Workshop in der Landskroner Festhalle erarbeitet wurden.Die Stadtverwaltung und die Industrie- und Handelskammer Koblenz hatten mehr als 60 Politiker, Geschäfts- und Ladenbesitzer, Gastronomen, Hoteliers und Winzer sowie Dienstleister und Vertreter der Kliniken über die Werbegemeinschaft sowie die Kommission Wirtschafts- und Standortförderung eingeladen. „Klare Ergebnisse aus einem kompakten Prozess“ versprach sich Bürgermeister Guido Orthen von der Veranstaltung.
Er verwies auf die „Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft“, die schon in ihrem Namen klarmache, dass es keinen reinen Wiederaufbau gebe, sondern Fortentwicklung gefragt sei. „Der Aufbau darf anders sein als das Vorher“, sagte er pragmatisch. „Wollen wir das schon? Brauchen wir das überhaupt?“, gab der Bürgermeister als Leitfrage aus, um später das Stichwort „Ahr-Thermen“ einzuwerfen.
Bei den nun nötigen Provisorien müsse aber das langfristige Ziel mitgedacht werden. Es sei derzeit schwierig, „denn alle Veränderungen bringen Folgefragen, die wir im Moment noch gar nicht klären können.“ So etwa sollten die Innenstadtgeschäfte öffnen können, auch wenn mitunter draußen noch großer Tiefbau wie in der Poststraße und eventuell auch in Ahrweiler drohe. Deshalb wiederholte er seine Forderung nach Sofortstrategien „fürs nächste Halbjahr.“
IHK-Vizepräsident Jörg Schäfer stellte kurz die Info- und Unterstützungsleistung der Kammer vor, bei der bis zu 30 Experten die Fragen der Mitglieder aus dem Flutgebiet an der Hotline bearbeiten. „Wir haben auch Zeit für Einzelschicksale und Ortstermine“, hob Schäfer hervor.
Dann ging es in der Landskroner Festhalle für mehr als anderthalb Stunden in die Gruppenarbeit. Fünf Gruppen mit je einem Dutzend Teilnehmer rotierten nach 20 Minuten an den fünf vorgegebenen Thementischen, die von Fachmitarbeitern, unter anderem der Stadtverwaltung und der IHK, vorbereitet und moderiert wurden. Vorschläge und Stichworte wurden auf Karten notiert und jeweils für alle sicht- und nachlesbar an die Wand geheftet.
Dieses Gruppenarbeitsformat „World Café“ erwies sich als sehr kreativ und effizient. Die Teilnehmer berichteten von eigenen Erfahrungen und Beobachtungen im Betrieb, in der Straße, im Ort. Im Dialog untereinander wurden aktuelle Probleme festgestellt, gleichzeitig Ideen und Visionen für die durchaus unterschiedlichen Identitäten des von Stadtmauer und Fachwerk geprägten Ahrweiler und des eher mondänen Kurbads Bad Neuenahr entwickelt.
Die Themenspanne reichte von tagesaktuellen Kleinigkeiten bis hin zu den immer wiederkehrenden Innenstadtthemen wie Shuttlebus, Pkw-Parken in der City, Fahrräder in der Fußgängerzone, Pflaster und Fugenbild in Ahrweiler oder fehlende Lebensmittelmärkte in Wohngebieten südlich der Ahr. Bei den Vorschlägen für kurzfristige Maßnahmen findet sich ein ganzes Akutpaket. Hier ein paar der Stichworte: Aktionstag „Wir räumen auf“ in der Innenstadt, Fenster und Schaufenster reinigen, wieder dekorieren, Baugerüste ansprechender gestalten, Kampagne „schöne Fassade“ starten, Ruinen bunt machen, Mängel-App bei der Verwaltung einrichten und Ansprache von Eigentümern, die nicht aufräumen.
Die Gruppe „Kern- und Leitthemen“ (Identität der Innenstädte) leiteten Ute Körtgen (Ahrtal-Tourismus), Volker Danko (Werbegemeinschaft) und Susanne Thelen (IHK). Um Infrastruktur und Gestaltung/Ahr (kurzfristig) ging es bei Herbert Wiemer, Ottmar Steinborn (Stadtverwaltung/Betriebshof) und Karina Szwede (IHK), um „Infrastruktur/ Ahr (mittelfristig) bei Alfred Bach (Leiter Stadtplanung) und Martin Neudecker (IHK). Das Thema „Gestaltung/Ahr (mittelfristig) moderierten Gabriele Schaub und Mario Kettermann (Stadtplanung) sowie Sven Klein (IHK-Handelsreferent). Den „Denk-Raum“ öffneten Jörn Kampmann und Nicole Kayser (Landesgartenschau/ Verwaltung) sowie Anne Glück (IHK).
Nach der Gruppenarbeit fassten die jeweiligen Leiter der Runden die Ergebnisse der Veranstaltung knapp zusammen. Sie sollen noch umfangreich dokumentiert und zur verpflichtenden Arbeitsgrundlage werden, wie Bürgermeister Guido Orthen versprach. In vier Wochen solle es die Möglichkeit für alle Teilnehmer geben, sich nochmals zu informieren und abzustimmen, in acht Wochen will Orthen eine definitive Rückmeldung liefern. „Das ist nichts für die Schublade. Im besten Fall sehen Sie in den Innenstädten bereits die Ergebnisse“, unterstrich er die Entschiedenheit von Politik und Verwaltung, voranzukommen.
Forderung nach einem Masterplan trifft auf Absage
Da staunte IHK-Hauptgeschäftsführer Arne Rössel, als er im Schlusswort die Frage nach einem Masterplan, unter anderem für die Innenstadtentwicklung, stellte. Denn einem solchen Plan erteilte Bürgermeister Guido Orthen eine klare Absage. „Wir wollen ins Umsetzen kommen. Dem steht der Ruf nach einem Masterplan entgegen.“ So ein langfristiger Entwurfsprozess würde dauern und lange diskutiert werden. „Wir können nicht warten“, so Orthen. Schon in seiner Begrüßung hatte der Bürgermeister der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler darauf hingewiesen, dass die Bürger, die Geschäftsleute und die Gäste sowie auch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung noch eine Zeit „in und mit Provisorien leben und arbeiten“ müssten. Er spüre ebenso an sich, dass die Ungeduld steige. „Lassen Sie uns diese Ungeduld gemeinsam durchleben“, ermunterte er und forderte eine Sofortstrategie, bei der das Endgültige mitgeplant werden müsse. Orthen nannte dafür das Jahr 2030 und kam schließlich zurück in die Gegenwart: „Wir müssen uns auf das jetzt Machbare fokussieren.“