Wiederaufbau des Ahrtals wird von Betroffenen kritisch gesehen
Stimmen aus dem Publikum zur RZ-Podiumsdiskussion: Weniger Bürokratie, mehr Effizienz
Kaum ein Platz blieb leer bei der Podiusmsdiskussion der RZ in der Landskroner Festhalle.
Hans-Jürgen Vollrath

Bad Neuenahr. Wie geht es mit dem Wiederaufbau im Ahrtal voran – zu dieser Frage hatten nicht nur die Teilnehmer der Podiumsdiskussion eine klare Antwort. Auch die Zuschauer der Abendveranstaltung in der Landskroner Festhalle hatten klare Meinungen zum Thema. Unsere Zeitung hat sich bei ihnen umgehört.

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Kaum ein Platz blieb leer bei der Podiusmsdiskussion der RZ in der Landskroner Festhalle.
Hans-Jürgen Vollrath

„Ich bin überhaupt nicht zufrieden mit dem Wiederaufbau“, bezog etwa Udo Heimermann grundsätzlich Stellung zum Thema und konkretisierte sogleich: „Es braucht nach wie vor noch viele freiwillige Helfer, die uns beim Wiederaufbau unterstützen können.“ Allerdings fehle es an Unterkünften für die Ehrenamtlichen, so der Heimersheimer. „Wir können nicht erwarten, dass die Menschen, die uns helfen, neben Anreisekosten auch noch Kosten für Übernachtungen in Hotels oder Pensionen aus eigener Tasche bezahlen. Für dieses Problem brauchen wir dringend eine Lösung.“

Udo
 Heimermann
Claudia Voß

Auch das Thema zeitnahe Umsetzung von Wiederaufbaumaßnahmen beschäftigte die Zuschauer. „Es kann einfach nicht sein, dass manche Dinge einfach noch nicht umgesetzt worden sind“, zeigte sich Cornelia Schlagwein erschüttert. Beispielsweise seien etwa Radwege im Ahrtal auch nach über einem Jahr nach der Flut vielerorts noch nicht wieder vorhanden.

Cornelia 
Schlagwein
Claudia Voß

„Man könnte in der Tat die Prioritäten beim Wiederaufbau anders setzen“, ist auch Sarah Budzinski überzeugt und erklärte sogleich: „Manches wird sehr schnell aufgebaut im Ahrtal und an anderen Ecken sieht es noch sehr gewöhnungsbedürftig aus – etwa beim Wiederaufbau von Kitas und mittelständischen Unternehmen und Betrieben.“ Aufgefallen sei ihr dies insbesondere in Bad Neuenahr, betonte die Grafschafterin. So wirke die Stadt auch jetzt noch wie ausgestorben. Wochentags ein geöffnetes Café zu finden, gestalte sich schwierig. „Das ist schon irgendwie gespenstisch. Nach den Überschwemmungen 2016 in der Grafschaft ging der Wiederaufbau bei uns schneller.“

Sarah 
Budzinski
Claudia Voß

Mehr Effizienz beim Wiederaufbau wünscht sich auch Patricia Piel. Als Beispiel hatte die Königsfelderin sogleich einen Fall aus dem nächsten Umkreis parat: „Mein Mann ist Betriebsleiter der Jugendherberge Ahrtal. Bei der Jugendherberge ging der Wiederaufbau sehr schnell, denn er wurde von der Jugendherberge selbst organisiert. Aber um die Jugendherberge drum herum ist noch eine Menge zu tun.“ Auch kämen die durchgeführten Arbeiten im Kreis nicht immer koordiniert daher. „Die Straße bei Rewe in Bad Neuenahr wurde im Kurvenbereich schon mehrmals geflickt und anschließend wieder aufgerissen. So ein Vorgehen ist nicht nachvollziehbar“, betonte Piel.

Hofft auf schnellere und priorisiertere Entscheidungen bei künftigen Vorhaben zum Wiederaufbau im Ahrtal: Patricia Piel.
Claudia Voß

Für die Planung künftiger Wiederaufbaumaßnahmen erhofft sie sich daher von den Verantwortlichen, dass wesentlich mehr und deutlicher Prioritäten bei anstehenden Projekten gesetzt würden. „Man sollte etwa überlegen, ob es Projekte gibt, die dringender als andere durchgeführt werden müssen, etwa im Bereich Kinder und Jugendliche. Diese Gruppe ist gerade durch die Flut und durch Corona viel zu kurz gekommen.“

Ebenso geht es Gabriele Kramer-Mix.
Claudia Voß

Schnelligkeit, Effizienz und bessere Hilfs- und Unterstützungsangebote sind auch für Gabriele Kramer-Mix zentrale Themen beim Wiederaufbau. Zusätzlich betonte die ehrenamtliche Unterstützerin der Hilfsgüterausgabe Heimersheim: „Die Hilfe muss unbürokratisch leistbar und von Betroffenen unbürokratisch abrufbar sein. Alles, was mit Anträgen zu tun hat, dauert in Deutschland sehr lange. Von daher wäre ein Wegfallen von Bürokratiehürden bei der Beantragung von Aufbauhilfen wünschenswert.“ Und: „Ohne Hilfe geht der Wiederaufbau nicht“. clv

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