Wenn sich nun zu Ostern der Nachwuchs zur traditionellen Eiersuche ins Grüne aufmacht, um die bunt bemalten Schätzchen zu finden, die laut Volksglauben der Osterhase dorthin platziert haben soll, so haben die Mümmelmänner in natura schon eine stramme Zeit hinter sich. Im Winter wachsen kaum für sie wichtige Kräuter. Wenn diese dann aber im Frühling sprießen, so werden sie von Feldhasen und Wildkaninchen heiß begehrt. Im Fachjargon werden diese Wildpflanzen, die für Niederwild wie Medizin wirken, die Hasenapotheke genannt.
Von Arnika bis Wiesenpastinak
Dazu gehören unter anderem: Ackerminze, Arnika, Arzneibaldrian, Bärlauch, Beifuß, Gänseblümchen, Feldthymian, Frauenmantel, Futtermalve, Giersch, Huflattich, Johanniskraut, Kamille, Königskerze, Kohl-Gänsedistel, Kümmel, Löwenzahn, Pimpinelle, Sauerampfer, Schafgarbe, Spitzwegerich, Wegwarte (Zichorie), Wiesensalbei, Wiesenpastinak, wilde Möhre und wilde Petersilie. „Es ist, als wüssten die Tiere genau, was gut und gesund für sie ist“, bestätigt etwa Sinzigs Revierförster Stephan Braun.
Mithilfe von Landwirten erwünscht
Diese Kräuter können bestenfalls in Saatmischungen für Wildäcker gegeben werden. Deshalb sind Landwirte dazu angehalten, auf Randstreifen und Brachland Wildpflanzenmischungen auszubringen. Zum einen, um dem Gedanken der Artenvielfalt Rechnung zu tragen, zum anderen aber auch, um Niederwild eine Nahrungsgrundlage zu schaffen. Wie allerdings Dr. Knut Schubert, Kreisgeschäftsführer im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau, betont: „Wenn Hasen und Wildkaninchen aus dem Winter kommen und sich Familienzuwachs ankündigt, können sie sich durch das Ausbringen verschiedener Saatmischungen gezielt ernähren. Aber nicht jedes Kraut wächst an jedem Standort, es ist abhängig von Witterung und Bodenart.“
So sei das Projekt „Artenreiche Wiese“, für das Flächen zur Verfügung gestellt werden, an sich eine gute Sache. Aber es könne auch sein, dass dann auch Beikräuter, sogenannte Unkräuter, im Boden schlummern, die verhinderten, dass diese heilkräftigen Pflanzen überhaupt erst durchkommen. Deshalb empfiehlt der Bauern- und Winzerverband seinen Mitgliedern eine Mischung von Rotklee, Schwedenklee, Inkarnatklee und Luzernen. „Das ist eine narrensichere Mischung, die auch zur Verbesserung der Bodenqualität und Stickstoffbilanzen dient“, so Schubert.
Auf der oberen Grafschaft wird jeder Zentimeter für den Anbau genutzt, dort interessiert sich kaum jemand für Umwelt- und Naturschutz.
Birgit Gross, stellvertretende Vorsitzende der Kreisjägerschaft
Doch nicht jeder Landwirt scheint dafür offen zu sein. „Auf der oberen Grafschaft wird jeder Zentimeter für den Anbau genutzt, dort interessiert sich kaum jemand für Umwelt- und Naturschutz“, sagt Birgit Gross, stellvertretende Vorsitzende der Kreisjägerschaft aus Gelsdorf. Die erfahrene Jägerin betreut in einem Zusammenschluss mit anderen ehrenamtlichen Jägern auch die rollende Waldschule, die Kindern und Jugendlichen die heimische Flora und Fauna näherbringt. Nach ihren Erfahrungen gebe es im Kreis Ahrweiler immer noch zu wenig Felder und Randstreifen, die für Niederwild als Nahrung dienen könnten. Auch seien ausgebrachte Spritzmittel eine Gefahr für die Tiere. Doch es lauerten noch andere Bedrohungen.
Kleine “Häschen in der Grube"
„Eine Häsin bringt bis zu sechsmal im Jahr drei bis vier Junge zur Welt, die sie in einer Bodenmulde auf freiem Feld, der Sasse, versteckt hält und die sie nur einmal am Tag aufsucht, um sie mit fettreicher Milch zu säugen“, erklärt Birgit Gross. Doch die „Häschen in der Grube“, von denen das Kinderlied handelt, haben es nicht leicht. „Vom ersten Wurf, der sehr früh im Jahr erfolgt, überleben in der Regel aufgrund extremer Wetterlagen wie Kälte und Nässe, Beutegreifern und Fressfeinden nur 20 bis 30 Prozent. Auch nicht angeleinte Hunde spielen hier eine Rolle, deshalb meine eindringliche Bitte an Hundebesitzer, ihre Tiere in der Brut- und Setzzeit grundsätzlich nicht frei laufen zu lassen“, mahnt die Fachfrau.