In Corona-Zeiten hat sich die Aktivgemeinschaft eine Menge einfallen lassen
Sinzig sprudelt – wenn auch mal ganz anders
Auch wenn er das Publikum vermisste, lieferte Steven Alan Schuld einen tollen Auftritt ab.
Vollrath

Sinzig. In Corona-Zeiten hat sich die Aktivgemeinschaft eine Menge einfallen lassen.

Eigentlich wäre am Freitagabend der Startschuss für das 31. Stadtfest „Sprudelndes Sinzig“ auf dem Kirchplatz vor St. Peter gefallen und ein feierwilliges Völkchen hätte sich dort zum Kölschen Abend versammelt. Eigentlich. Stattdessen sitzt das Völkchen in Corona-Zeiten zu Hause vor dem Bildschirm und lässt sich via Facebook bespaßen. Denn die Aktivgemeinschaft mit ihrem Vorsitzenden Reiner Friedsam hat aus der Not heraus nichts unversucht gelassen, um auch Dank engagierter Musiker und Vereine per Live- stream doch ein wenig Frohsinn zu verbreiten.

Ein Blick aus dem Fenster zeigt den unleugbaren Vorteil dieses Formats: Es regnet in Strömen. Gesendet wird aus der nagelneuen Mensa, in der Friedsam und Bürgermeister Andreas Geron sich positioniert haben und die Zuschauer zum 31. Sprudelnden Sinzig willkommen heißen. Der Verwaltungschef hatte sich vorab zum Einstimmen für ein einleitendes Filmchen vor sämtlichen Brunnen aller Ortsteile der Barbarossastadt gestellt, um zu belegen, dass ganz Sinzig sprudelt. Die ersten „Hallos“ werden in der Kommentarleiste sichtbar, sogar ein Teilnehmer aus den USA hat sich zugeschaltet und postet: „Wish I was there“.

Ein Zuschauer fragt an, ob man das Ganze auch ohne Facebook-Account verfolgen kann. Sofort ist Büroleiter Christian Weidenbach übers Internet zur Stelle und erklärt, wie. Und schon geht es mit dem bekannten Musiker und Komponisten Steven Alan Schuld aus Westum in die Vollen. Denn der deutschlandweit bekannte Künstler liefert seine energiegeladene Ein-Mann-Show samt Minifeuerwerk und den neuesten Hits ungeachtet der widrigen Umstände tapfer und professionell ab. Dennoch ist spürbar – so ganz ohne Publikum, von den Organisatoren einmal abgesehen –, das ist nichts für einen Entertainer, der von den Reaktionen des Publikums lebt. „Nä, is dat schön, ich wünschte, ihr wäret jetzt hier – aber ich stelle mir euch gerade in Jogginghose auf dem Sofa vor, ich weiß also gar nicht, ob ich das sehen will“, meint Steven Alan unverdrossen.

Nach seinen Hits „Im Rään von Kölle“ und „Leck mich in dä Tösch“ ist der junge Mann schon schweißgebadet und ordert sich ein Kölsch, das ihm Heimersheims amtierende Weinkönigin Annette Hoffmann prompt überreicht. Mit „Schenk mir e Laache“ singt sich Steven Alan in die Herzen der Zuschauer, die dies mit vielen Herzchen und Likes belohnen. Dann kommt es zu einer außerordentlichen Premiere. Steven Alan nutzt in der Tat dieses Forum, um seinen neuesten Hit, der in zwei Wochen herausgebracht wird, vorzustellen. Sein Schlager „Millionen von Leben“ dürfte ein echter Gassenhauer werden.

Nachdem sich der Rauch in der Mensa etwas gelichtet hat, wird ein Film eingeblendet, den der Spielmannszug Freiweg zusammengeschnitten hat. Die einzelnen Musiker haben sich in ihren eigenen vier Wänden mit ihren Instrumenten gefilmt und spielen wunderbar im Takt. Und das, obwohl sie seit März nicht mehr zu ihren Proben gehen können, von Auftritten ganz zu schweigen. „Eine bemerkenswerte Produktion“, attestiert Reiner Friedsam und kündigt gleich den nächsten Glanzpunkt an. Der Kölner Musiker Björn Heuser, der in virenfreien Zeiten die große Lanxess-Arena füllt und für seine Freitagabend-Mitsingkonzerte im Gaffel am Dom bekannt ist, hat sich zugeschaltet. Aus seinem Privatstudio in Köln-Bickendorf bietet auch er Corona die Stirn und fordert die Leute nicht nur zum Mitsingen auf, sondern auch zur Königsdisziplin des Schunkelns – auf Abstand versteht sich.

Die Zuschauer konnten sich für sein kleines Konzert ein Liederheft im Internet herunterladen. Eingeklinkt wurde auch ein Film, der die Showtanzgruppe der Närrischen Buben bei ihrem Karnevalsauftritt im Helenensaal zeigt. Wie der Vorsitzende der Aktivgemeinschaft nach Ende der Veranstaltung gewahr wird, haben sich an vielen Orten Leute zusammengefunden, um das Fest gemeinsam zu feiern. Insgesamt sollen es 3686 Zuschauer gewesen sein. Dabei konnten sich diese auch mittels der Sondereditionen Corona-Sprusi-Gebinde mit Sekt und Kölsch, was sie sich zuvor für daheim besorgt hatten, Frohsinn antrinken. In den Sixpacks waren auch Lose versteckt, deren Gewinner Weinkönigin Annette während der Übertragung ausloste. Diese konnten sich über die begehrten Einkaufsgutscheine im Wert von 50 Euro freuen oder auch über Freifahrten mit dem 35 Meter hohen Riesenrad, was auf Initiative von Bürgermeister Geron nun für zwei Wochen auf dem Kirchplatz steht und schon am Wochenende regen Zuspruch erfuhr. Die Gewinne können am morgigen Dienstag ab 10 Uhr in der Tourist-Info in der Bachovenstraße abgeholt werden.

Eine Ankündigung ließ vor dem Schlussakt mit dem routinierten DJ Fosco der stellvertretende Vorsitzende der Werbegemeinschaft, Harald Monschau, verlauten: Der Weinsommer am 17. Juli könnte eine Hybridveranstaltung werden, bei der sowohl auf dem Kirchplatz in kleinem Rahmen live gefeiert, aber zusätzlich auch ein weiterer Facebook-Livestream angeboten werden soll.

Von unserer Mitarbeiterin Judith Schumacher

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