52-Jähriger muss nicht hinter Gitter
Schöffengericht hat entschieden: Bewährungsstrafe für Vergewaltiger vom Rhein
Im Amtsgericht in Bad Neuenahr-Ahrweiler wurde der Prozess gegen einen 52-Jährigen von der Rheinschiene  verhandelt:
Jochen Tarrach

Kreis Ahrweiler. Mit diesem Urteil hat das Schöffengericht Ahrweiler an den unteren Rand der Strafzumessung gegriffen: Wegen Vergewaltigung wurde ein heute 52 Jahre alte Mann von der Rheinschiene zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt – ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung. Zudem muss der bislang nicht Vorbestrafte 2000 Euro an den eingetragenen Verein Frauen für Frauen zahlen.

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Ein Rendezvous an einem Sommerabend im Juli 2017 verläuft zunächst harmonisch: Eine Frau und ein Mann finden sich nicht unsympathisch. Sie verabreden sich zum Plaudern. Sie trinken auch das eine oder andere Glas Wein in der Wohnung der jungen Frau. Zwischenzeitlich besorgen sich die beiden in der nahe gelegenen Wohnung des Angeklagten Nachschub an guten Tropfen. Zu Fuß geht’s wieder zurück. Auf offener Straße sollen bereits Zärtlichkeiten ausgetauscht worden sein. Dann wird er in der Wohnung der jungen Frau immer zudringlicher. Sie steigt aus dem einseitigen Liebesspiel aus und sagt: „Lass es – geh bitte.“ Er schubst sie ins Schlafzimmer. Sie fällt aufs Bett. Einvernehmlicher Sex oder brutale Vergewaltigung? Die Vorwürfe gegen damals 47-jährigen Maurer wiegen jedenfalls schwer.

Zähe Beweisführung

Mehr als fünf Jahre nach der mutmaßlichen Tat geht die Anklage davon aus, dass es zu gewaltsamen und vollendeten sexuellen Handlungen gekommen ist. Der Staatsanwalt schildert die Szenerie so: „Er hat ihr mit Gewalt die Hose heruntergezogen. Er hat die Frau mit beiden Händen auf ihrem Bett fixiert und sie schließlich vergewaltigt. Als er fertig war, ist er gegangen – wortlos hat er die Wohnung verlassen.“

Die Beweisführung in dieser neuerlichen Hauptverhandlung – 2017 war der Prozess zum ersten Mal am Amtsgericht in Ahrweiler zum Aufruf gekommen – war zäh. Das lag auch daran, dass das mutmaßlich Opfer, das weiterhin unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, nach Ansicht einer Fachärztin dauerhaft nicht vernehmungs- und verhandlungsfähig sein wird. Und so blieb der Zeugenstuhl leer: Das mutmaßliche Opfer musste das Geschehen nicht noch einmal und bis ins Detail schildern. Stattdessen wurde verlesen, was die junge Frau bei ihrer ersten polizeilichen Vernehmung im Sommer 2017 geschildert haben soll. Aktuell geschah dies unter Ausschluss der Öffentlichkeit, um die Persönlichkeitsrechte der Frau zu schützen.

Hämatome an den Schenkeln

Beim Prozess im November 2017 war bekannt geworden, dass die junge Frau unmittelbar nach der vermeintlichen Tat am 18. Juli 2017 die Polizei gerufen hatte. In derselben Nacht hatte sie den 47-jährigen Mann auch angezeigt. Unterdessen berichtete seinerzeit ihre Mutter im Zeugenstand, dass sie mit ihrer verletzten Tochter in ein Krankenhaus gefahren sei. Bei den Untersuchungen wurden von Ärzten dann auch Hämatome an den Schenkeln erkannt und dokumentiert. Alkoholmessungen in der Klinik ergaben bei dem Mann am frühen Morgen jenes Julitags einen Wert von 0,76 Promille, bei der jungen Frau einen Wert von zwei Promille.

Für den Staatsanwalt Rausch waren alle Voraussetzungen für den Straftatbestand Vergewaltigung gegeben. „Es kam zum Geschlechtsverkehr – ohne Einvernehmen“, forderte der Ankläger in seinem Plädoyer eine Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung. Zudem forderte er eine Geldzahlung von 2500 Euro, die an eine gemeinnützige Organisation zu leisten sei. Die Nebenklage schloss sich der Forderung des Staatsanwaltes an.

Urteil ist rechtskräftig

Verteidiger Dirk Simon hingegen hielt sich äußerst bedeckt: „Ich tue jetzt, was ich normalerweise nicht tue – ich stellen keinen Antrag.“ Schließlich glaubte das Schöffengericht dem Opfer trotz schwieriger Beweislage. „Wir sind uns einig, dass der Geschlechtsverkehr nicht einvernehmlich war, dass Sie die Signale vom Opfer nicht sehen wollten“, konnte Richterin Graf auch keinen Milderungsgrund feststellen. Doch die Richterin folgte nicht dem geforderten Strafmaß. Das Gericht hielt vielmehr zwei Jahre auf Bewährung für angemessen, reduzierte jedoch die von der Anklage geforderte, höhere Geldzahlung. Der Angeklagte, der Verteidiger und der Staatsanwalt erklärten Rechtsmittelverzicht. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

Von Horst Bach

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