Ein Auto allein? Das reicht Hans Söntgerath nicht. Dafür schlägt sein Herz viel zu sehr für alte Fahrzeuge mit ihrer Geschichte und ihrem Design. Während viele Bürger mit einem einzelnen Wagen auskommen, hat der 82-Jährige in einer extra angemieteten Halle gleich vier Oldtimer stehen.
„1960 hat die Leidenschaft bei mir angefangen.“
Oldtimersammler Hans Söntgerath aus Niederzissen
„1960 hat die Leidenschaft bei mir angefangen“, sagt der Niederzissener. „Zuerst habe ich Motorräder gesammelt, dann Traktoren, irgendwann dann Autos.“ Mit Motorrädern habe er früher sogar Rennen für historische Maschinen am Nürburgring gefahren. „Das war eine tolle Zeit, aber das kann ich schon lange nicht mehr.“
Nicht nur aus diesem Grund hat er sich im Laufe der vergangenen Jahre nach und nach von seiner Sammlung getrennt. „Ich hatte ja allein 15 Motorräder und sicherlich zehn Autos, die alle bewegt werden wollen. Davon sind noch ein Porsche von 1976, ein BMW von 1962, ein Borgward von 1959 und ein Lloyd 600 übrig geblieben. An denen hänge ich einfach.“ Warum? Zum Teil aus nostalgischen Gründen: „Ich bin mit Borgward groß geworden. Schon meine Eltern haben so einen gefahren, und das wollte ich auch tun“, erinnert er sich. „2008 habe ich mir diesen Wunsch schließlich erfüllen können.“

Söntgerath ist aber nicht nur Sammler, sondern war zumindest früher auch leidenschaftlicher Hobbyschrauber. „Ich habe eine eigene Hebebühne in der Halle und habe viele Reparaturen selbst durchgeführt“, sagt der gelernte Feinmechaniker. Vor allem an einem Ford Modell T von 1910 hat er viel gebastelt. „Das war schon ein besonderes Auto“, betont der 82-Jährige. „Für mich steckt in all diesen Oldtimern einfach ein Stück Kulturgeschichte, die es zu bewahren gilt, und das ist bei der Tin Lizzy noch einmal ausgeprägter als bei den meisten anderen Klassikern.“
„Etwa drei Jahre war ich mit der Restaurierung beschäftigt.“
Hans Söntgerath über seine Tin Lizzy
Immerhin war dieser Ford das erste in Fließbandarbeit hergestellte Automobil und dadurch für die breite Öffentlichkeit erschwinglich. Bis zum Erfolg des VW Käfers im Jahr 1972 war die Tin Lizzy das meistverkaufte Auto der Welt. „Die habe ich wirklich komplett auseinandergenommen und jedes einzelne Teil überprüft“, erinnert sich Söntgerath. „Etwa drei Jahre war ich mit der Restaurierung beschäftigt. Das war schon ein Wahnsinnsprojekt, aber andererseits war die Tin Lizzy ja darauf ausgelegt, dass man zur Reparatur kein Spezialwerkzeug benötigt und alle Teile heutzutage bequem übers Internet bestellen kann.“

Durch diese Aufgabe ist Söntgerath das Fahrzeug ganz besonders ans Herz gewachsen. Trotzdem hat er es vor einigen Wochen verkauft. „Die Oldtimer müssen ja alle regelmäßig gefahren werden, und das fiel mir insbesondere bei der Tin Lizzy in den vergangenen Jahren immer schwerer. Die wird ja über Fußpedale gesteuert, was auf Dauer ziemlich anstrengend ist, und dann die ganze Wartung…“
Der Ferrari von Günter Netzer
Was bei dem Ford Modell T ging, wäre bei Sönteraths geliebtem Borgward hingegen undenkbar. Gleiches gilt für einen ganz besonderen Wagen, der einst in seinem Besitz war: Ein Ferrari 512 BB, der gehörte einst Günter Netzer“, sagt Söntgerath stolz. „Der Ferrari war damals ein total begehrter Wagen, und es gab Modelle, die zwischenzeitlich für bis zu 2,2 Millionen Euro gehandelt wurden. Nach Ausbruch des Ersten Golfkriegs sind die Preise aber drastisch in den Keller gefallen.“

Diese Oldtimer waren beim Brunnenfest in Breisig dabei
Am Sonntag gab es beim Brunnenfest in Bad Breisig etliche Oldtimer zu bestaunen. Wir zeigen die Schätzchen in einer Fotostrecke.
Viele hätten damals ihre Wagen abgestoßen, so auch Netzer. „Auf jeden Fall fand sein Flitzer den Weg zu mir“, erzählt Söntgerath weiter. „Eines Tages stand ein Zahnriemenwechsel an, den ich natürlich in einer Fachwerkstatt machen lassen wollte. Weil dafür aber der ganze Motor raus musste, hat diese Reparatur alleine rund 6000 Euro gekostet. Für den Preis können andere ein ganzes Auto kaufen.“
Der Borgward
Unter dem Namen Borgward wurden zwischen 1938 und 1963 in und um Bremen Personen- und Lastkraftwagen hergestellt. Doch schon ab 1919 war der Ingenieur und Automobilfabrikant Carl F. W. Borgward als Teilhaber der Bremer Reifenindustrie GmbH im Fahrzeugbereich tätig. 1924 entwickelte er den „Blitzkarren“, ein offenes Dreiradfahrzeug, das vor allem von der Reichspost eingesetzt wurde. Mit der Übernahme der Automobilfabrik Hansa-Lloyd Werke wuchs die Firma rasant, und ab 1938 rollten die ersten Borgward-Pkw vom Band. In den 1950er-Jahren wurde das Unternehmen zum viertgrößten deutschen Automobilhersteller – übrigens nicht nur für Borgwards, sondern auch für Fahrzeuge unter dem Namen Lloyd, von denen der Lloyd LP 300 das berühmteste gewesen sein dürfte: Im Volksmund wurde das Modell als Leukoplastbomber bezeichnet. Der Konkurs der Borgward-Gruppe 1961 galt als Anfang vom Ende des Wirtschaftswunders. Eine Wiederbelebung der Marke ab 2008 auf dem chinesischen Markt scheiterte.