„Es geht mir um die Kinder“, nennt er seinen wichtigsten Vorsatz, mit dem er sich alljährlich das Gewand des heiligen Mannes umlegt. „Ich bin nicht der Typ Nikolaus, der Strafen ausspricht. Denn der Nikolaustag soll für die Kleinen ein Freudentag sein“, sagt er. Aus diesem Grund ist er auch schon lange ohne Hans Muff oder Knecht Ruprecht unterwegs, der früher auch ihm ein steter Begleiter war. „Für das Beheben eventueller erzieherischer Defizite bin ich als Nikolaus nicht zuständig“, fügt er augenzwinkernd hinzu.
Natürlich werden aber auch ihm von den Müttern oder Vätern regelmäßig die bekannten kleinen Zettel in die Hand gedrückt, auf denen die Missetaten des Nachwuchses aufgelistet sind. „Klar, die spreche ich auch an, versuche, die Kritik aber so zu verpacken, dass bei den Kindern keine Angstgefühle aufkommen.“ Als vertrauensbildende Maßnahme gibt er den Kleinen stets den großen Bischofsstab oder seine Klingel in die Hand. „Das nimmt tatsächlich einiges an Stress.“
In diesem Zusammenhang erinnert sich Mike an eine Begebenheit, als er einen Jungen milde tadeln musste, aber zuvor wohl zu viel Stress abgebaut hatte. „Ich lese hier, dass du deiner Oma ans Schienbein getreten hast, stimmt das?“ Das ebenso unerwartete wie erweiterte Geständnis sorgte schließlich für mächtig Stimmung in der guten Stube: „Ja, und die Tante Gertrud auch.“ Eine Menge Heiterkeit brachte auch die Einlage eines kleinen Mädchens. Es sollte ein Lied für den Nikolaus singen, sprang mit Freude auf das Sofa und trällerte lauthals: „Ich bin ja so verschossen in deine Sommersprossen.“
In diesem Jahr werden wohl keine oder nur wenige neuen Anekdoten hinzukommen, weil Mikes Terminkalender etwa um die Hälfte geschrumpft ist. Denn in Corona-Zeiten verzichten viele Familien vorsichtshalber auf die Anwesenheit des heiligen Mannes. Für die wenigen Besuche, die heute Abend dennoch vorgesehen sind, gelten stets strenge Regeln. „Ich bin angehalten, kein Haus zu betreten. Wir treffen uns mit Abstand am Hauseingang, und es gibt natürlich auch keinen Handschlag“, erklärt er.
Einen Besuch hat der Nikolaus aus Niederzissen in dieser Woche allerdings schon absolviert. Er war in der Burgwegschule in Burgbrohl zu Gast. „Das ist mir in jedem Jahr eine besondere Freude“, schwärmt er geradezu von der Dankbarkeit der Kinder, mit der er dort Jahr für Jahr empfangen wird. Ein anderer Auftritt, der ihm immer sehr am Herzen liegt, wurde in diesem Jahr wegen Corona allerdings gestrichen: der Besuch des Kindergartens in Oberzissen.
Der heute 67-Jährige erinnert sich übrigens noch an eine Begebenheit, die er als kleiner Steppke am Nikolausabend zu Hause in Wehr erlebte. Dort wurde Nikolaus damals noch von Hans Muff begleitet, der immer damit drohte, unartige Kinder in den berüchtigten Sack zu packen. Dem wollte der kleine Michael entgehen, indem er sich ein Messer in die Hosentasche steckte, um gegebenenfalls den Sack zerschneiden zu können. Was er auch seinem Vater Wilhelm stolz erzählte. Die Konsequenz: Bevor Nikolaus mit seinem Vortrag begann, wurde der kleine Mike vom heiligen Mann aufgefordert, sein Messer rauszurücken. Da hatten wohl zwei unter einer Decke gesteckt.