Paukenschlag in der Gemeinde Grafschaft: Dort endete am Donnerstagmorgen ebenso unerwartet wie abrupt die Achim Juchem’sche Regierungszeit als Bürgermeister. Im Handstreich, der als friedliche ruut-wieße Revolution in die Annalen der gut 50 Jahre alten Gemeinde eingehen wird, hatten die Grafschafter Möhnen das Ringener Rathaus eingenommen, die ausschließlich männliche Verwaltungsspitze in den Urlaub geschickt und die Amtsgeschäfte übernommen. Ähnliche Aktionen hatte es wohl ob der Unzufriedenheit mit der örtlichen Politik in den vergangenen Jahren zumeist an Weiberdonnerstagen immer wieder gegeben, das Geschehen hatte in diesem Jahr aber eine ganz neue Qualität. Denn der Möhnen-Geheimdienst hatte wohl entdeckt, dass sich Bürgermeister Juchem trotz früherem Rathausentzug immer wieder mal durch die Hintertür in die Verwaltungszentrale hatte schmuggeln können, um die Berge unerledigter Arbeit abzubauen. Damit ist nun Schluss, denn die Möhnen nahmen dem bisherigen Oberhaupt der Gummibärchen-Gemeinde die Schlüssel zu sämtlichen Eingangstüren ab. Es war eine Entmachtung allererster Güte.

Immerhin war es eine friedliche Revolution, denn das Gemeindeoberhaupt war angesichts der bunt kostümierten Übermacht der Grafschafter Möhnen weder Willens noch in der Lage, irgendeine Form von Widerstand zu leisten. Und auch des Bürgermeisters Beigeordnete standen nur mit großen Augen dabei, die Ortsvorsteherrunde, die zeitgleich tagte, nahm schon mal auf den Oppositionsbänken Platz.
Unterdessen formierte sich die neue Grafschafter Macht, an deren Doppelspitze die Farben grün und bunt zu finden sind. Da ist zum einen die Fraktion der Nierendorfer Möhnen, denen nach vier Mal elf närrischen Bestandsjahren einer der beiden Schlüssel zuteil wurde. Michelle Schüring nahm das gute Stück mit ebenso närrischem Blick an sich, wie dies Ludwina Seidel für die bunte Schar der 70 Jahre alten Bölinger Möhne tat. Die 70 Jahre sind natürlich das Vereinsalter.

Wer im künftigen Rat dabei sein will, konnte sich beim Handstreich schon einmal präsentieren. Das taten andere Herrscher, nämlich das Nierendorfer Dreigestirn, dass nicht nur „schön sein“ kann, sondern auch besondere Tanzbegabung an den Tag legt. Natürlich mit Unterstützung der Dorfgarde. Die große Schar der Fidelen Möhnen aus Birresdorf ließ die eigene Jugend fidel daherkommen und die Tanzbeine durch den Saal wirbeln. Fast ebenso akrobatisch, nur irgendwie doch anders agierte das Männerballett der Ringener Perlen und verdiente sich den Platz auf den Ratssesseln. Und schließlich waren da noch die beiden Karnevalsgesellschaften, nämlich die Grün-Weißen aus Esch und die Wendböggele aus Ringen, die die offizielle Begrüßungsformel „Guten Tag“ im Ringener Rathaus außer Kraft setzten und das „Alaaf“ in die Regierungssprache aufnahmen. Bürgermeister Juchem aber hofft insgeheim darauf, dass den Narren das Regieren zu langweilig wird und sie die Schlüssel spätestens am Aschermittwoch zurückgeben.