"Backbuch der Ahrtalfrauen" erschienen - Verkaufserlös kommt Wiederaufbau zugute
Rezepte aus der Heimat an einem Ort vereint: Ahrtalfrauen präsentieren Backbuch in Dernau
Stolz auf das Werk: Während der Vorstellung des neuen Backbuches der Ahrtalfrauen waren ein Teil der der Autorinnen und Mitglieder der Johanniter-Unfall-Hilfe anwesend. Foto: Hans-Jürgen Vollrath
Hans-Jürgen Vollrath

Ein Holzfeuer brennt vor dem Haus, der evangelische Posaunenchor Neuhäusel spielt getragen „Macht hoch die Tür“. Gleich nebenan kicken Jungs auf dem Kleinspielfeld. Vor dem Eingang zum „Treffpunkt vor Müllert“ in Dernau stehen die Menschen Schlange. Alle wollen das „Backbuch der Ahrtalfrauen“ erstehen, das hier heute zum ersten Mal verkauft wird. Es soll Rezepte der Heimat in Erinnerung halten, die sonst irgendwann verloren wären.

Das Backbuch entstand im Rahmen der „Kaffee-Klatsch“-Runde. Die bietet die evangelische Johanniter-Unfall-Hilfe den Senioren in Dernau seit der Flut an – erst im Zirkuszelt, nun im Treffpunkt „Vor Müllert“, der im ehemaligen Sportlerheim entstand. Eine Anleitung für den Spiegeleikuchen hat Gisela Marner verfasst. Der füllt gleich ein ganzes Blech. „Ich habe in der Familie viele Kuchenesser. Da sitzen schonmal zwölf Leute am Tisch.“ Wie Eidotter sehen die Aprikosen aus, die über den Teig verteilt sind.

Ziel: Rezepte für die Nachwelt erhalten

Apfelriemchen heißt die Empfehlung von Beate Zimmermann. Der Kuchen ist mit Hefe und Apfelmus zubereitet, und obendrauf kommt ein Gitter aus Teigstreifen. Im Buch vertreten – und heute hier teilweise zu kosten – sind aber auch Schoko-, Rotwein-, Sekt- oder Ratz-Fatz-Kuchen. Die meisten Rezepte sind unkompliziert. Die Backbuch-Autorinnen dürften sie im Kopf haben. Nun bleiben sie für die Nachwelt.

An großen Tischen sitzen vor allem ältere Damen zusammen. Eine von ihnen hat vor ein paar Tagen ihren Mann verloren. Da ist es gut, nicht allein zu sein. Gisela Marner zeigt Videos von der Flutnacht auf ihrem Handy. Drei Angehörige sind bei der Katastrophe gestorben. Marner hat, wie so viele Menschen an der Ahr, therapeutische Unterstützung in Anspruch genommen, zwei Jahre lang.

Idee zum Buch entstand beim “Kaffee-Klatsch"

„Am Anfang drehte sich bei unseren Treffen alles um die schrecklichen Erlebnisse, das ändert sich langsam. Wir lachen auch viel zusammen.“ Dass sie bei den Zusammenkünften Trost finden und Spaß haben, liege auch an Katja Daub, die den „Kaffee-Klatsch“ für die Johanniter zupackend und mit Schwung organisiert. Gerade teilt Daub den Damen mit, dass die Backbücher knapp werden, neue aber bald geliefert werden. Ein Dankeschön-Exemplar bekommt aber jede der Seniorinnen, die Rezepte beigesteuert haben.

Katja Daub berichtet, dass zu dem „Kaffee-Klatsch“ immer rund 20 bis 30 Frauen und ein paar Männer kämen. „Mittwochs, dann haben die Arztpraxen zu.“ Vor dem Klaaf werde Atemgymnastik betrieben. Im Treffpunkt „Vor Müllert“ würden auch Yoga, Gesellschaftsspiele und Gruppen für Kinder unterschiedlicher Altersgruppen angeboten. Ideen seien willkommen. „Was Künstlerisches wäre noch schön.“

Erlöse aus Buchverkauf für Wiederaufbauprojekte

Gisela Marner spricht ein Thema an, dass die meisten Menschen in Dernau betrifft. Weil die Nahwärme noch nicht umgesetzt werden konnte, muss man sich nun im dritten Winter mit Übergangslösungen behelfen, in ihrem Fall ist das eine provisorische Ölheizung, die häufiges Tanken erfordert und richtig viel Geld verbrennt.

Ein alter Herr macht sich mit dem Rollator auf den Heimweg über die dunkle Behelfsbücke. Er sagt: „Es ist schön, dass für uns so viel getan wird.“ Unten rauscht die Ahr.

Das Backbuch
Das Backbuch gibt es für 10 Euro im Johanniter-Stützpunkt in Dernau. Es kann auch per E-Mail an verwaltung.mittelrhein@johanniter.de bestellt werden.

Alle Einnahmen des Buches, so die Johanniter, kommen nach Abzug der Produktionskosten vollständig Wiederaufbauprojekten im Ahrtal zugute. uwa

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