Annette Reuter ist kaum zu bremsen. Erst will sie sich nicht retten und dann nicht behandeln lassen, geht lieber stiften und zwingt so ein Mitglied der Jugendfeuerwehr Remagen zu einer wilden Verfolgungsjagd. Eine skurrile Situation – aber eine, die in einem Ernstfall gar nicht so abwegig ist und sich deshalb eine gute Ergänzung des Übungseinsatzes erweist, den die Jugendfeuerwehr an diesem Samstagabend am Konrad-Zuse-Ring zu bewältigen hat.
Viele verschiedene Einsätze erwarteten die jungen Feuerwehrleute
Das Löschen des Brandes, der in diesem Szenario in einer Lagerhalle ausgebrochen ist, stellt sich dagegen als Kinderspiel dar. Knapp 20 Minuten nach Eintreffen der Einsatzkräfte können diese schon wieder zusammenpacken. Zum Glück – denn angesichts eines überaus vollen Tags sind die Jungen und Mädchen, die unter der Leitung von Jugendfeuerwehrwart Dirk Schorn einen Einblick in einen 24-Stunden-Dienst erhalten, bereits ziemlich erschöpft.






























Zum 20. Mal veranstaltet die Jugendfeuerwehr Remagen einen sogenannten Berufsfeuerwehrtag, der den Teilnehmenden zeigen soll, was für ihre erwachsenen Kollegen in der Feuerwache zum Alltag gehört. Schon morgens haben sie sich getroffen und seitdem einen Einsatz nach dem nächsten gehabt. Sie haben unter anderem eine Gasflasche aus dem Rhein geborgen, einem Rollstuhlfahrer geholfen, einen umgestürzten Baum beseitigt und eine Person aus einem Auto gerettet. Ein strammes Programm, auch wenn natürlich der Spaß im Vordergrund steht.
Remagener Jugendfeuerwehr ist aktuell sehr jung
„Wir versuchen schon, den Tag abwechslungsreich zu gestalten und den Kindern und Jugendlichen gewisse Freiräume zu gewähren, andererseits wollen wir den Tag möglichst realistisch gestalten“, erklärt Schorn im Gespräch mit unserer Zeitung. „In diesem Jahr müssen wir zudem berücksichtigen, dass fast alle der 18 Mitglieder der Jugendfeuerwehr noch recht jung sind, zwischen 10 und 14 Jahre. Die meisten erfahrenen Kräfte sind zuletzt aufgestiegen und nun Teil der regulären Freiwilligen Feuerwehr. Insofern sind unsere Jungen und Mädchen ganz besonders gefordert. Bislang haben sie aber alle Aufgaben für ihr Alter sehr gut bewältigt.“
Ich stelle mich seit inzwischen 20 Jahren als Opfer zur Verfügung.
Annette Reuter
Bei der Übung im Industriegebiet arbeitet die Jugendfeuerwehr allerdings nicht allein: Einige Sanitäter der Jugendgruppe des DLRG Remagen sind ebenfalls vor Ort, um die Geretteten zu versorgen. „Ursprünglich war geplant, dass wir noch bei anderen Aktionen kooperieren, aber viele unserer Mitglieder sind an diesem Tag auf Fortbildungen“, gesteht Leon Brunsmann, der die Erste-Hilfe-Maßnahmen koordiniert und demonstriert. Bewusstseinszustand und Atmung überprüfen, stabile Seitenlage, Wunden versorgen – diese und andere Vorgehensweisen sollen den Jugendlichen in Fleisch und Blut übergehen. Die Brandwunden der Opfer sehen dabei erschreckend realistisch aus.
Kinder und Jugendliche sollen viel lernen
„Tatsächlich lernen wir so etwas in einem Seminar im Rahmen der DLRG-Ausbildung“, erklärt Brunsmann. Annette Reuter hat zudem bei der Vorbereitung des Einsatzes auf einen kleinen Trick zurückgegriffen: Ein bisschen Zigarettenasche lässt die Verletzungen noch authentisch wirken. „Ich stelle mich seit inzwischen 20 Jahren als Opfer zur Verfügung“, erklärt sie lachend. „Meine Schwester war bei der Jugendfeuerwehr, über sie habe ich festgestellt, wie viel Spaß so eine Aktion machen kann. Außerdem will ich natürlich den Kindern und Jugendlichen helfen, alles zu lernen, was sie in der Feuerwehr brauchen – und dazu gehört nun einmal auch der Umgang mit Verwundeten.“ Und wenn sie dabei an ihre Grenzen gelangen, weil sich ein gewisses Opfer mit überquellender theatraler Leidenschaft losreißt und wegzulaufen droht, geschieht dies besser in einer Übung als im Ernstfall.
Nach Abschluss der Übung am Konrad-Zuse-Ring freuen sich die Kinder und Jugendlichen auf einen gemütlichen Abend am Lagerfeuer. Noch wissen sie nicht, dass der 24-Stunden-Einsatz ein oder zwei weitere Überraschungen für sie bereithält. Aber auch die werden sie zu meistern wissen.