Michael Stojan hat sowohl Stadt- und Regionalplanung als auch Denkmalpflege studiert. Auf ihn gehen viele Planungen in Städten wie Ingolstadt, Potsdam oder Siegen zurück. Wie ein roter Faden zieht sich durch Stojans Portfolio die Frage: Was macht genau diese Stadt aus, und wie kann das Typische, Regionale und Unverwechselbare gestärkt werden? Die Sorge, dass Antworten darauf beim Wiederaufbau im Ahrtal nicht gegeben werden, treibt Markus Hartmann, Sprecher der Bürgerinitiative Lebenswerte Stadt, an. Die BI hat sich dazu bereits mit einem Positionspapier, unterzeichnet von vielen namhaften Unterstützern, in der Öffentlichkeit zu Wort gemeldet. Hartmann hat den Eindruck, „dass jeder Bauantrag, der eingereicht wird, automatisch genehmigt wird.“ Und er befürchtet, dass der Wiederaufbau nicht gestaltet wird.
Dabei geht es ihm auch um die Zukunft des Tourismus. „Was besichtigen wir denn, wenn wir im Urlaub sind? Es ist doch das historische Stadtbild, das wir bevorzugen. Man möchte erleben, was einzigartig ist“, so Hartmann. Was den wenigsten Menschen heute klar ist, rief der Referent Michael Stojan in seinem Vortrag in Erinnerung: Touristenmagneten wie Rothenburg ob der Tauber, Münster oder Soest sind nach Zerstörung in Teilen nach historischem Vorbild wieder aufgebaut worden. Beispiele für aktuelle Rekonstruktionen seien Dresden, Potsdam oder das Berliner Schloss.
Michael Stojan ist jemand, der sich für die regionale Baukultur stark gemacht hat und dabei auch mit Architekten hart ins Gericht geht. Er plädiert für ein unverwechselbares Stadtbild und kritisiert die Tendenz zu einem weltweiten Einheitsstil. In seinem Vortrag präsentierte er zahlreiche Beispiele, in denen Neubauten wie Fremdkörper im Dorf wirken, und er mahnte mehr „Verantwortungsbewusstsein für das Stadtbild“ an. Vorbildlich seien Siedlungen, bei denen die Architektur Rücksicht auf gewachsene Strukturen nehme. Neues sollte zu dem Alten nicht in erdrückende Konkurrenz gehen. Abschreckende Beispiele aus neuen Baugebieten hatte er auch gesammelt: beispielsweise eine Solarsiedlung, die für ihn eine Ansammlung von Klötzchen ist. „Nirgendwo Grün, keine Plätze“ – das ist für ihn typische Investorenarchitektur. „In Neubaugebieten entsteht Kuddelmuddel, wenn man sich nicht darauf einigt, etwas besser zu machen“, warnte Stojan vor Fehlern beim Wiederaufbau im Ahrtal. Im Idealfall entwickele eine Gruppe gemeinsam ein Leitbild und definiert darin die wesentlichen Merkmale regionaler Baukultur. Ein Stadt- oder Gemeinderat könne dann eine Gestaltungssatzung beschließen, eine qualifizierte Bauberatung oder ein Fassadenprogramm folgen lassen. Wie sollen wir bauen? Bei der Antwort auf diese Frage ist nach Meinung von Stojan im Ahrtal eine Phase des Innehaltens wichtig.
Sinnvoller Wiederaufbau setzt für Stojan aber auch eine organisierte Moderation voraus: „Man muss die Menschen mitnehmen.“ Parallel dazu müsse für das Ahrtal auch die Frage beantwortet werden: Wo kann noch sinnvoll gebaut werden? Stojan gab aber auch zu, dass über all diesen Überlegungen eine entscheidende Frage steht: Haben wir die Zeit dafür überhaupt? Zwischen Anspruch und Wirklichkeit liegen momentan Welten.
Annette Bartsch, Architektin aus Bad Neuenahr und Zuhörerin bei der virtuellen Wissenswerkstatt, wies auf die Fallstricke eines Wiederaufbaus hin, wie er von Stojan angedacht wird. Da seien Menschen, die ihr Haus und ihren Lebenstraum verloren hätten, für den sie ihr Geld ausgegeben haben. „Den Leuten fehlt ihr Haus. Ist es da nicht anmaßend, ihnen zu sagen: Jetzt machen wir aber alles anders?“, stellte sie eine Frage in den Raum, die viele Bauherrn beschäftigt, die sich gerade mit dem Problem beschäftigten, was für sie überhaupt noch möglich ist.