Dechant Frank Klupsch aus Remagen war schon mitten in den Vorbereitungen für seinen Umzug nach Ochtendung. Er sollte in das Leitungsteam der dortigen Großpfarrei wechseln, als es zum Jahresende 2019 hieß: Rom will die Strukturreform im Bistum Trier erst noch überprüfen. Wie im gesamten Bereich des Dekanats Remagen-Brohltal waren die Vorbereitungen für die Reform da aber schon weit fortgeschritten, denn dieses Dekanat war noch kurzfristig dazu ausersehen worden, bei der ersten Gruppe dabei zu sein, die ab dem 1. Januar als Großpfarrei funktionieren sollte. So blieb kurz vor knapp erst einmal alles beim Alten und Frank Klupsch erst einmal weiter Pfarrer in der Pfarreiengemeinschaft Remagen.
„Ich hatte schon meine Bedenken bei der geplanten Reform“, so Klupsch im Gespräch mit der Rhein-Zeitung. „Ich denke, das ist auch ein Grund dafür, dass mich der Bischof als kritischen Geist im Leitungsteam einer neuen Pfarrei haben wollte.“ Dennoch haben ihn die jetzige Entscheidung aus Rom und das Aus für die neue Pfarreienstruktur überrascht. Aber Klupsch sieht darin auch etwas Positives: „Dieser Einspruch zeigt doch, dass unsere Katholische Kirche nicht diese ihr oft unterstellte fest gefügte Struktur hat, sondern dass ein Einspruch möglich ist und sich die Kirche auch bewegt.“
Was dem Geistlichen Sorgen macht, ist das viele zerbrochene Porzellan, das die Diskussionen um die Strukturreform im vergangenen Jahr hinterlassen haben. „Es muss uns jetzt gelingen, möglichst viele Katholiken wieder mit auf den neuen Weg zu nehmen.“ Was die internen Strukturen in dem Pfarreien angeht, ist das seiner Meinung nach schon gelungen. Verwaltungs- und Pfarreienräte, die zunächst zum Teil schon aufgelöst waren oder ihre Arbeit eingestellt hatten, sind in den vergangenen Monaten wieder zum Teil neu besetzt worden und handlungsfähig. Nun muss das Bistum ein neues Strukturmodell entwickeln, das den neuen Gegebenheiten mit weniger Gläubigen und weniger Priestern gerecht wird. „Unser Hauptproblem ist dabei nicht die mangelnde Zahl der Priester, sondern die mangelnde Zahl der Gläubigen“, ist Frank Klupsch überzeugt.
Eine Prognose, wann nun eine neue Strukturreform im Bistum umgesetzt werden kann, wagt Klupsch nicht: „Die geplante Reform war wohl letztlich doch etwas zu sehr mit der heißen Nadel gestrickt. Ich rate jetzt dazu, Sorgfalt vor Eile walten zu lassen.“ Ein erneutes Scheitern könne sich das Bistum nicht leisten. Das sei aber auch nicht zu erwarten. „Rom hat bereits seine Hilfe signalisiert, das Bistum bei der Strukturreform zu unterstützen.“ Klupsch kann sich eine Struktur etwa in den bisherigen Pfarreiengemeinschaften vorstellen, die dann in einigen Bereichen noch stärker als bislang schon kooperieren.
Für die Gegner der ursprünglich geplanten Bistumsreform könnte der Stopp aus Rom nun einen späten Sieg bedeuten. Doch die engagierte Gruppe von Katholiken, die sich etwa in Oberwinter 2018 zusammengefunden hatte, existiert nicht mehr. Viele der Mitstreiter von damals haben im Laufe des Jahres 2019 den scheinbar aussichtslosen Kampf gegen die Reformpläne aus Trier aufgegeben. Zu den aktuellen Entwicklungen im Bistum wollte keiner der ehemaligen Sprecher jetzt in der Rhein-Zeitung Stellung nehmen.
„Nicht erleichtert, eher erschüttert“, so habe er die Nachricht vom Stopp der Bistumsreform aufgenommen, sagt Jörg Meyrer, Dechant im Dekanat Ahr-Eifel, im Gespräch mit der Rhein-Zeitung. „Ich glaube nach wie vor: Es war der richtige Weg.“ Denn was mit den Großpfarreien beabsichtigt gewesen sei, „das kommt ja sowieso“. Die Tatsache, dass die Reform nun ausgesetzt sei, bedeute lediglich einen Zwischenschritt.
An Großpfarreien führt in seinen Augen kein Weg vorbei. „Wir wissen, wie die Priesterzahl in 15 Jahren ist, uns liegen die Zahlen ja vor“, betont der Dechant. „Mit der Reform wollten wir Planungssicherheit haben.“ Stattdessen habe man nun im Bistum weiterhin 40 Vakanzen. 40 von 172 Pfarrereien seien teils seit Jahren verwaist. „Für Rom war die Reform offenbar ein zu harter Schnitt und von zu hoher Geschwindigkeit. Jetzt kommt alles langsamer.“ Ob das aber Arbeit spare? Meyrer hat da so seine Zweifel.
Für Rainer Justen, Pfarrer in Adenau und ein Kritiker der Reformpläne, ist das Veto aus Rom „eine Chance, die Reform zu überdenken“ und – nicht weniger wichtig – zur Einmütigkeit unter den Gläubigen zurückzufinden. Dass ein Reformbedarf bestehe, räumt auch Justen ein. „Wie es ist, kann es nicht weitergehen.“ Jedoch müsse es eine Reform sein, der es gelinge, alle mitzunehmen. Man müsse einen Weg finden, Verwaltungsarbeit zusammenzufassen, ohne die Menschen an der Basis zu demotivieren. „Es ist wichtig, jeden mitzunehmen und einzubinden, der die Kirche weiterentwickeln könnte. „Wenn an der Basis ankommt, wir werden nicht gebraucht, wäre das fatal“, warnt Justen angesichts der Überlegungen zu neuen Seelsorgeräumen, die weit über die bestehenden Pfarreien hinausgehen. Wichtig ist ihm die „pastorale Nähe“, die aus seiner Sicht in den geplanten Großpfarreien verloren gegangen wäre.
Am Priestermangel hätte die geplante Strukturreform im Bistum im Übrigen nichts geändert, macht Justen seinen Standpunkt deutlich. Deshalb sieht er die größte Herausforderung darin, den Priesterberuf wieder attraktiv zu machen. „Die Frage“, sagt Justen, „ist: Wie kann ich kompetente Leute für den Priesterberuf gewinnen, und nicht: Wie verwalten wir den Mangel?“