Während CDU, FDP und SPD die Leuchtturmprojekte des Tourismuskonzeptes, wie eine Hängeseilbrücke an der Bunten Kuh und einen Skywalk in der Nähe des Regierungsbunkers, als gelungen ansehen, sind Die Linke und die Grünen nicht von den Projekten überzeugt. Einig waren sich viele der Politiker darin, dass man die kreisweite Vernetzung verbessern müsse. Neben bekannten Projekten haben die Kandidaten auch über Ideen gesprochen, wie sie den Kreis für Touristen attraktiver machen wollen.
Im Prinzip wollen wir die touristische Infrastruktur wiederherstellen, und darüber hinaus müssen wir die Weichen stellen für einen sehr nachhaltigen, innovativen Tourismus.
Susanne Müller (SPD)
In Vertretung des Spitzenkandidaten der SPD, Christoph Schmitt, war die Landtagsabgeordnete Susanne Müller zum RZ-Speeddating gekommen. Sie konnte mit klaren Vorstellungen und einer innovativen Idee punkten. „Im Prinzip wollen wir die touristische Infrastruktur wiederherstellen, und darüber hinaus müssen wir die Weichen stellen für einen sehr nachhaltigen, innovativen Tourismus“, sagte Müller. Die SPD wolle Hotellerie, Gastronomie und Weinbau einbinden und schauen, dass die kommunale Selbstverwaltung der Kommunen nicht außen vor gelassen werde. Es brauche eine breite Vernetzung.
Regionale Produkte sollen besser vermarktet werden
„Wir sehen den Kreis in der Pflicht, wenn es darum geht, die überörtliche Infrastruktur wiederherzustellen, beispielsweise die Radwege. Aber man könnte auch eine Investorenplattform initiieren.“ Es gehe darum, Investoren auf einer Internetseite aufzuzeigen, welche Mehrwerte, Potenziale und „Schätze“ der Kreis biete. Müller hofft zudem, dass es gelingt, Investoren für die Projekte zu finden, die das nachhaltige Tourismuskonzept 2025 beinhaltet. „Beispielsweise das International Crisis Center Ahr (ICCA) – das ist wirklich eine Hausnummer, und dennoch wäre es eine Möglichkeit für die Menschen hier, die Flut zu reflektieren, aber auch die neueste Forschung mit Eindrücken von der Flut und der Bewältigung zu verbinden.
Allerdings sind der monetäre Faktor und die Standortsuche nicht wegzudenken. Das ist eine riesengroße Aufgabe.“ Es sei wichtig, die nichtflutbetroffenen Kommunen miteinzubeziehen. Die unterschiedlichen Gegebenheiten an Rhein, in Eifel und Ahrtal könne man für Arrangements – etwa im Bereich Wellness – nutzen, so Müller.
Grüne hält wenig von Skywalk und Hängeseilbrücke
Für Bündnis 90/Die Grünen nahm Spitzenkandidatin Birgit Stupp am RZ-Speeddating teil. Von Skywalk und Hängeseilbrücke hält sie wenig, zu wenig ökologisch und nachhaltig erscheinen ihr die Projekte. „Vom ICCA sind wir allerdings absolute Fans. Ich wünsche mir so sehr, dass das kommt“, sagt Stupp. Die Grünen würden darauf setzen, Vorhandenes im Kreis besser zu vermarkten und touristisch nutzbar zu machen. So betonte sie, dass die Weinbergsmauern ein starkes, touristisches Pfund seien, beliebt auch als Fotomotiv, mit dem man stärker werben und deren Erhalt man fokussieren solle.
Und man könne die Kaskaden im Bachemer Bach als touristische Attraktion sehen. Regionale Produkte wie die Oliven aus dem Ahrtal könnten mehr Touristen anziehen, als es bisher der Fall war.
Mehr Einstiegsstellen in die Ahr
Die Ahr biete als Gewässer zahlreiche Möglichkeiten, die es besser zu nutzen gilt. „Der Wassersportverein Sinzig bietet inklusives Kajakfahren an“, berichtet Stupp. „Wir haben etliche Anträge gestellt bei Kommunen und der Kreisverwaltung, weil es mehr Einstiegsstellen an der Ahr braucht. Das Erlebnis Kajaktour ist ein Wirtschaftsfaktor. Ich wünsche mir, dass die Ahr zugänglich ist. Dass man sich ans Ufer setzen und seine Füße im Fluss kühlen kann.“ Es gehe ihr um einen klimaangepassten, ökologischen, regionalen und nachhaltigen Tourismus, nicht um Leuchtturmprojekte wie einen Skywalk.
Wir haben Rennsport, den Rhein, den Wein, die Natur, womit man wuchern kann.
Johannes Bell (FWG)
Die Freie Wählergruppe (FWG) hatte die Themen auf ihre Listenkandidaten Johannes Bell und Friedhelm Münch aufgeteilt, die in Vertretung von Spitzenkandidat Hans-Josef Marx gekommen waren. „Wir haben Rennsport, den Rhein, den Wein, die Natur, womit man wuchern kann“, erklärt Bell. Teilweise werde der Tourismus aber zu regional gesehen, der Tourist kenne keine kommunalen Grenzen.
Wichtig ist der FWG, dass Hotellerie und Gastronomie sowie die Ausbildung in diesen Bereichen gefördert werden. Die Branche habe es schwer mit der Rückkehr zur 19-Prozent-Mehrwertsteuer und dem Arbeitskräftemangel. Die FWG will den Wohnmobil- und Campingtourismus im Kreis ausweiten, das betreffe vor allem auch Plätze außerhalb des Ahrtals und die Ausweisung neuer Plätze.
Kein neues Disneyland
Für die noch junge Wählergruppe Kreis Ahrweiler (WKA) kam Spitzenkandidatin Nadine Schopp: „Momentan würde ich den Tourismus im Ahrtal fast als Armutstourismus bezeichnen. Jeder kommt mal gucken, wie schlecht es uns hier geht.“ Einen Fokus legt die Wählergruppe auf junge Familien. „Hier gibt es momentan eigentlich nichts, was diese Zielgruppe anspricht“, findet Schopp. Gerade auch im Winter brauche es Indoorangebote wie Kletterparks oder Indoorspielplätze, die Touristen anziehen. Einem Flutmuseum im ICCA steht Nadine Schopp sehr kritisch gegenüber: „Das finde ich grenzwertig, den Menschen immer wieder dieses Elend zu zeigen.“
Ich bin für einen sanften Tourismus. Ich möchte nicht, dass das Ahrtal zu einem Disneyland mutiert.
Marion Morassi (Die Linke)
Die Linke im Kreis wurde von Marion Morassi vertreten. „Ich bin für einen sanften Tourismus. Ich möchte nicht, dass das Ahrtal zu einem Disneyland mutiert. Und insofern sieht Tourismus für mich anders aus als es zum Teil der Ahrtaltourismus und das nachhaltige Tourismuskonzept 2025 vertreten. Ich finde den Skywalk und die Hängeseilbrücke nicht gut. Das sind Dinge, die gibt es bundesweit schon überall.“ Für Morassi ist es wichtig, dass Wanderwege im Kreis gut ausgeschildert sind und dass Radwege getrennt werden in radtouristische Wege, auf denen langsam gefahren werden kann, und Radschnellwege. Das Ahrtal mit den Radwanderbussen könne man als Rad- und Wandertourismusgebiet sehen.
Wellness für alle Generationen?
Ein weiterer wichtiger Aspekt seien die Schwimmbäder. „Ich wünsche mir, dass die Stadt doch noch die Möglichkeit bekommt, Therme und Twin zusammen wiederaufzubauen. Jetzt, wo es einige Änderungen bei der Wiederaufbauregelung gibt. So könnte ein großes Wellnesscenter entstehen, das sowohl von der Oma als auch von den Enkeln genutzt wird.“ In Adenau und Kempenich gebe es stillgelegte Schwimmbäder, die man wiederbeleben könnte. Der Kreis müsse zusehen, dass zwei ganzjährig geöffnete Bäder für den Schulsport zur Verfügung stehen, aber eben auch für Touristen.
Weintourismus sei von Bedeutung
Die meisten Touristen würden Strand oder Wasser wollen. Die Ahr könne man begehbar machen, es könnten Badezonen eingerichtet werden bis zur Oberahr hoch. „Wasser ist ein tolles Element, das wir haben. Und da sollten wir auch mit punkten“, meint Morassi weiter.
Auch der Weintourismus sei von Bedeutung, da aber vor allem der naturnahe Bio-Weinbau. „Da könnte man auch eine Winzerhof-Karte entwickeln“, so Marion Morassi. „Damit Wander- und Radtouristen auf einen Blick sehen können, wo sie die Weingüter finden.“
Eine große Tourismuszone?
Auf Kreisebene brauche es einen Koordinationspunkt, der die Abschnitte der Ahr, die Eifel und den Rhein zu einer großen Tourismuszone zusammenfasst. Wichtig sei der Linken zudem, die Nutzung des ÖPNV statt des eigenen Autos durch Touristen zu fördern und beispielsweise den Motorsport als touristisches Angebot für jedermann zugänglich zu machen – etwa durch günstige Preise.
Auf kreispolitischer Ebene wollen wir als CDU die Leuchtturmprojekte des Tourismuskonzeptes nachhaltig unterstützen.
Michael Schneider (CDU)
In Vertretung von Spitzenkandidatin Petra Schneider kam für die CDU Michael Schneider, der sich ebenfalls für eine bessere kreisweite Vernetzung aussprach. Außerdem sagte Schneider, es gelte, zentrale Fragen beim Tourismus zu klären: Wie können mehr Kräfte gewonnen, wie der Wiederaufbau gestärkt werden? „Wir müssen schauen, dass wir beim Wiederaufbau im Bereich des Genehmigungsmanagements bei der Kreisverwaltung unkomplizierter und schneller vorgehen“, sagte Schneider. Die Bauverwaltung agiere zu langatmig.
„Auf kreispolitischer Ebene wollen wir als CDU die Leuchtturmprojekte des Tourismuskonzeptes nachhaltig unterstützen. Wir sind der Meinung, wir brauchen Leuchtturmprojekte fürs Ahrtal, die die Leute wieder zu uns bringen“, meint Schneider. „Das wird nicht nur dadurch gelingen, dass zwei, drei gute Restaurants wieder aufmachen. Wir müssen den Touristen etwas bieten.“
FDP kritisiert Situation der Rheinschifffahrt
Spitzenkandidatin der FDP für den Kreistag ist Christina Steinhausen. Sie unterstützt das nachhaltige Tourismuskonzept 2025. „Das Konzept ist ein wegweisender Anfang, weil es sehr zukunftsorientiert ist“, so Steinhausen. Als Meilensteine für die Wiederbelebung und Weiterentwicklung des Tourismus im Kreis sehe die FDP aber auch den Wiederaufbau der Ahrtalbahn und deren Elektrifizierung sowie den Ausbau der Fahrradwege.
„Was im Kreis völlig brach liegt, ist die Rheinschifffahrt“, meint Steinhausen kritisch. „Die könnte auch ein Kreis koordinieren. Da muss man ein bisschen Gas geben, Ideen und ein Forum finden, wie man das bündeln kann.“ Auch das Wandern, das Mountainbiking sowie die junge Zielgruppe und die Nachhaltigkeit habe die FDP auf dem Schirm.