Das Tourismusgebäude ist neben dem Thermalfreibad und dem Wohnmobilhafen ein wichtiges Wiederaufbauprojekt in Bad Bodendorf nach der Flutkatastrophe im Juli 2021. Im April vergangenen Jahres hatte der Stadtrat die Bedarfsplanung dafür beschlossen. Jetzt präsentierte Nadine Baumann von der Gesellschaft für Entwicklung, Wiederaufbau und Innovation (Gewi) dem Bauausschuss die neue Entwurfsplanung. Und die sieht anders aus als das, was Gewi-Geschäftsführerin Sofia Lunnebach dem Stadtrat im Frühjahr 2024 vorgestellt hatte.
Einsparpotenzial durch eingeschossige Variante
Anstatt des ehemals favorisierten zweigeschossigen Gebäudes soll jetzt nur eingeschossig gebaut werden. Als Begründung dazu heißt es seitens der Verwaltung, dass es für den ursprünglichen Plan keine Notwendigkeit gebe und damit eine Förderung aus dem Wiederaufbaufonds ausgeschlossen worden sei. „Was oben ist, können wir unten zwischensetzen“, erläuterte Baumann im Bauausschuss im Hinblick auf den ursprünglich für die erste Etage geplanten Aufenthalts- und Leseraum, der zukünftig auch für Versammlungen dienen soll, etwa für Sitzungen des Ortsbeirats. Durch die neue Lösung, ihn unten zu integrieren, würden der Bau eines Aufzugs und dessen wiederkehrende Kosten für die Wartung gespart – genauso wie das Einrichten von Toiletten im Obergeschoss, führte Baumann aus.
Der Aufenthalts- und Leseraum soll für 30 Personen ausgelegt sein und – wie die anderen Gebäudeteile auch – einen Ausgang nach hinten erhalten, wo etwas Ähnliches wie eine Terrasse in Form einer Bodenplatte angedacht ist. Flankiert wird der Raum auf der einen Seite von der Tourist-Info und auf der anderen Seite von einer Verkaufsfläche, die möglicherweise um ein Lager, Vorbereitungs- und Personalraum sowie Toiletten ergänzt wird. So jedenfalls wäre sie für eine Bäckerei ausgelegt.
Kommt 24/7-Einkaufsmöglichkeit?
Ob diese allerdings tatsächlich in das neue Gebäude einziehen wird, steht aktuell noch gar nicht fest. Denn in der Überlegung befindet sich auch, eine 24/7-Einkaufsmöglichkeit mit Automaten einzurichten, in denen mindestens 500 verschiedene Lebensmittel zu finden sein sollen. Das könne Bad Bodendorf zugutekommen, meinte Baumann in ihrer Präsentation und fügte hinzu: „Und da haben wir auch schon Interessenten.“
Die Umsetzung des Projekts soll in aufgeständerter Bauweise erfolgen, das Dach, versehen mit einer Photovoltaikanlage, begrünt werden. Hinzu kommt dort noch das Technikgebäude, dessen Zugang entweder durch eine Wendeltreppe oder Leiter sichergestellt werden soll.
Auf die Frage von Klaus Hahn (Bündnis 90/Die Grünen) nach den öffentlichen Toiletten, antwortete Baumann, dass sich diese schon beim Tennisklub und am Wohnmobilhafen befinden würden. Aber generell konnte sich Hahn mit dem neuen Plan nicht so recht anfreunden. „Der Klotz unten sagt mir nicht zu“, meinte er zu dem unteren Teil des Gebäudes. Dem pflichtete Büroleiter Markus Jüris zwar bei und meinte, dass der Klotz auch sein erster Gedanke gewesen sei, wies aber dann darauf hin, dass man diesen ja noch verschönern könne. „Das ist nur der erste Aufschlag“, betonte Jüris.

Susann Pohlmann (FWG) warf die Frage in den Raum, ob ein 24/7-Supermarkt von den älteren Herrschaften überhaupt angenommen werde. „Die Bedienbarkeit ist sehr einfach“, meinte Jüris und sprach von einem Trend: „Das ist ein Ding, das immer mehr Raum einnimmt.“
Markus Jolas (CDU) gefiel das Vorgestellte so gar nicht. „Ich sehe das Gesamtprojekt sehr kritisch“, meldete er sich zu Wort und zählte das in seinen Augen künftige gastronomische Angebot auf: am Tennisplatz, auf der Minigolfanlage, im Thermalfreibad und im Tourismusgebäude. Da sei man auf diesem Gebiet in vier Bereichen tätig. „Wo Umsatz generiert wird, wird er an anderer Seite abgegraben“, folgerte Jolas daraus. Man brauche einen Ankermieter, der mit reingehen würde, sonst könnte es womöglich einen Zuschussbetrieb auf Ewigkeit geben, mutmaßte er und sprach von vielen Kosten und einem hohen Risiko.
Dem entgegnete Baumann, dass die 24/7-Einkaufsmöglichkeit nur für Lebensmittel sei. Auf der Minigolfanlage indes gebe es Würstchen und Pommes frites, machte sie den Unterschied deutlich. „Wir wollen kein gastronomisches Angebot, sondern Nahversorgung realisieren“, betonte auch Jüris. Und er ging zudem auf den finanziellen Aspekt ein. „Wir werden hier zu 80 Prozent gefördert. Wir müssen uns entscheiden“, sagte er im Hinblick auf die Verkaufsfläche.
„Was zusätzlich gewünscht wird, obliegt der Stadt. Wir orientieren uns am Wiederaufbau mit klaren Regeln.“
Nadine Baumann
Baumann gab außerdem zu bedenken, dass eine Veränderung des nun präsentierten Grundsatzmodells mit Kosten und Zeitverlust einhergehen würde und dass die Investition in eine vergrößerte Verkaufsfläche zu 100 Prozent von der Stadt getragen werden müsste, weil diese vorher nicht da gewesen sei. „Was zusätzlich gewünscht wird, obliegt der Stadt. Wir orientieren uns am Wiederaufbau mit klaren Regeln“, machte sie deutlich.
„Eine 24/7-Einkaufsmöglichkeit klingt zunächst attraktiv“, meldete sich Richard Figura (SPD) zu Wort. „Aber ist sie realistisch?“, fragte er und wollte wissen, ob das Angebot tatsächlich rund um die Uhr zur Verfügung stehen würde oder zeitlich eingeschränkt werden müsste. Da seien noch Auflagen zu prüfen, etwa der Lärmschutz, antwortete Baumann. Der 24/7-Supermarkt sei ein Kompromiss, mit dem man leben könne, meinte Florian Liedke (FWG). Einen vorherigen Antrag, die Verkaufsfläche zu vergrößern, zogen die Freien Wähler zurück. Allerdings: „Die Tourist-Info soll offener und einladender sein“, gab Liedke den Planern mit auf den Weg. Der Bauausschuss sprach sich schließlich mehrheitlich bei einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen dafür aus, dem Stadtrat zu empfehlen, die Verwaltung zu beauftragen, die weiteren Planungen sowie die Ausführung gemäß der Entwurfsplanung der eingeschossigen Variante durchzuführen.
Kosten und Zeitplan
Zwar ist das neue Tourismusgebäude in den Maßnahmenplan für den Wiederaufbau integriert und wird entsprechend gefördert, es kommen aber dennoch Kosten auf die Stadt Sinzig zu: rund 125.000 Euro für die Erweiterung des Aufenthalts-und Leseraums sowie 175.000 Euro als 20-prozentiger Anteil an den Kosten des Gebäudeteils für den Verkaufsraum. Insgesamt kostet das Projekt 1,4 Millionen Euro. Die ursprüngliche zweigeschossige Variante hätte mit 1,8 Millionen Euro zu Buche geschlagen. Der Abriss des Bestandsgebäudes soll bis Frühjahr 2026 erfolgen, der Neubau Mitte des kommenden Jahres beginnen. Die Fertigstellung ist für Mitte 2027 avisiert. sm