Nach der Flutkatastrophe hat das DRK an den Kreis Ahrweiler Forderungen in Höhe von insgesamt über neun Millionen Euro gerichtet, erklärt die Kreisverwaltung. Einiges davon sei bereits bezahlt, erklärte Landrätin Cornelia Weigand, der große Batzen aber eben noch nicht. Jetzt beschäftigte sich der Kreistag in seiner jüngsten Sitzung in Remagen mit dem Thema, was dann relativ schnell dazu führte, dass die Öffentlichkeit, also auch die Presse, den Saal der Rheinhalle verlassen musste, da über Details der offenen Rechnungen gesprochen wurde.
ADD vergeblich um Prüfung gebeten
In einer Pressemitteilung gab das Kreishaus zwischenzeitlich bekannt, Hintergrund der nicht bezahlten Rechnungen sei, „dass die Kreisverwaltung Bedenken hinsichtlich der Rechnungslegung hat. Diese Vorbehalte wurden durch eine erste externe juristische Einschätzung geteilt. Daher hat die Verwaltung den Mitgliedern des Kreistags eine weiterführende und umfassende Prüfung der noch offenen Beträge durch eine Rechtsanwaltskanzlei vorgeschlagen. Dieser Vorgehensweise haben die Kreistagsmitglieder (...) einstimmig zugestimmt.“
Die Kreisverwaltung bestätigt Recherchen unserer Zeitung, nach denen sie Rechnungen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Höhe von rund 7,5 Millionen Euro nach wie vor nicht bezahlt hat. Laut Kreisverwaltung hat das DRK „im Zusammenhang mit der Bewältigung der Flutkatastrophe Rechnungen in Höhe von ...Kreis Ahrweiler bestätigt: Rechnungen an DRK in Millionenhöhe noch offen
In der Mitteilung des Kreises wird auch Landrätin Cornelia Weigand zitiert: „Wir haben uns intensiv mit den Rechnungen des DRK befasst und immer wieder das Gespräch gesucht, um die für uns offenen Fragen zur Rechnungslegung zu klären. Leider ist uns dies nicht gelungen. Denn nach wie vor ist für uns nicht ersichtlich, ob die genannten Leistungen in Gänze erbracht worden sind, ob die Rechnungsstellung inhaltlich korrekt ist und ob die abgerechneten Leistungen überhaupt beauftragt wurden. Bei allen Geldern, die wir verausgaben, handelt es sich letztlich aber um öffentliche Mittel, die wir besonders sorgsam und vertrauensvoll einsetzen müssen.“
Und weiter heißt es in der Mitteilung: „Eine mögliche Auftragserteilung – so sie denn stattgefunden hat – fällt in die Zeit, in der die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) die Einsatzleitung im Ahrtal innehatte. Die ADD wurde daher um Prüfung und Bestätigung der sachlichen Richtigkeit der genannten Rechnungen gebeten. Dies ist jedoch nicht erfolgt und es wurde lediglich auf die Datenablage aus dieser Zeit verwiesen.“
Gemeinsame Lösung angestrebt
Der Kreis stehe weiterhin mit dem DRK im Austausch, um die Vielzahl an Einzelfragen zu den jeweiligen Rechnungspositionen zu klären. Cornelia Weigand sagt: „Die Kommunikation und gute Zusammenarbeit mit dem DRK – und hier allen voran mit dem DRK Kreisverband Ahrweiler (...) – sind für uns auch weiterhin ein wichtiges Anliegen. Wir werden daher von unserer Seite alles tun, um gemeinsam eine Lösung zu finden.“
Neben den bekannten Außenständen in Höhe von rund 6 Millionen Euro liegen der Kreisverwaltung nach Recherchen unserer Zeitung seit Anfang Juli dieses Jahres weitere Rechnungen des Deutschen Roten Kreuzes in Höhe von mindestens 1,3 Millionen Euro vor, die bis Ende vergangener Woche noch nicht ...Es geht um mindestens 7,3 Millionen Euro: Kreis Ahrweiler ist dem DRK weiteren Betrag schuldig
Das will wohl auch das DRK. Auf RZ-Nachfrage erklärt die Pressestelle des DRK-Generalsekretariats: „Für den Moment befinden wir uns weiterhin im direkten Kontakt mit dem Landkreis ...“ Jedoch nehme man „parallel juristische Beratung in Anspruch, ohne bereits rechtliche Schritte einzuleiten“. Ob daran gedacht sei, wollten wir wissen, dass das DRK bezüglich der ausstehenden Zahlungen durch die Kreisverwaltung Ahrweiler nun Verzugszinsen verlange? Die Antwort: „Bislang verzichten wir sehr bewusst auf die Erhebung von Verzugszinsen mit dem Ziel, in diesem Zusammenhang im besten Fall doch noch eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen.“
Wofür das DRK Rechnungen stellt
Auf Nachfrage unserer Zeitung, für welche Leistungen im Einzelnen das DRK Rechnungen in Höhe von mehreren Millionen Euro stellt, antwortete uns die Berliner Pressestelle das Folgende:
„Für die Verpflegungsausgabe lassen sich drei Einsatzphasen unterscheiden: Während früh klar war, dass täglich 10 000 Mahlzeiten zubereitet werden sollten, war das DRK vom 2. bis 10. August (2021, d. Red.) zunächst nur mit der Verpflegung an zwölf Ausgabestellen im Stadtgebiet von Bad Neuenahr-Ahrweiler beauftragt. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass diese Versorgung bei Weitem nicht ausreichte, sodass die Anzahl der Ausgabestellen, für die das DRK zuständig war, im weiteren Verlauf (das heißt, der zweiten Phase) auf bis zu 55 anwuchs.
Damit ging einher, dass zusätzlich zu den Kosten der Essenzubereitung ein täglicher Sockelbetrag mit dem DRK vereinbart wurde – schon allein deshalb, weil für die Sicherstellung der Zubereitung und Ausgabe dieser Verpflegung wöchentlich 170 Einsatzkräfte benötigt wurden. In der dritten Phase ging die Essenszubereitung auf lokale Caterer über, und es wurde zugunsten der Wiederherstellung der lokalen Infrastruktur nur noch in einem deutlich reduzierten Umfang Essen durch das DRK verteilt.
Das Essen wurde vom DRK unter Einhaltung aller hygienischen Vorschriften zubereitet (überprüft vom Gesundheitsamt) und unter Pandemiebedingungen durch dafür geschultes Personal sicher ausgegeben. Die DRK-Helferinnen und -Helfer mussten zu den Ausgabestellen teilweise Anfahrtswege von bis zu zwei Stunden mit geländegängigen Fahrzeugen zurücklegen, da das Essen direkt zu den Menschen im Schadensgebiet gebracht wurde – auch zu vergleichbar kleinen Gemeinschaften, da die Mobilität im Ahrtal und damit auch die Möglichkeit zur Selbstversorgung so massiv eingeschränkt war. Wichtig zu wissen ist auch, dass das DRK nicht nur einzelne Mahlzeiten, sondern eine komplette Tagesversorgung ausgegeben hat, bestehend aus einer warmen Mahlzeit plus einem Lunchpaket für Frühstück und Abendessen.“ ms