Heiliger Mann aus Müllenbach blickt im RZ-Gespräch auf seine glanzvolle Zeit zurück
Nikolaus geht nach 60 Jahren in Rente: Charly Mönig aus Müllenbach blickt auf seine glanzvolle Zeit zurück
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Blickt auf sechs Jahrzehnte als Nikolaus in Müllenbach zurück: Charly (Karl) Mönig. Während Mönig anfangs ein Bischofsgewand trug, ist er seit den 1970er Jahren im weiß-roten Weihnachtsmannkostüm unterwegs. Vor seinen Besuchen hat er zu jedem Kind einige Notizen verfasst - anfangs noch mit der Schreibmaschine, später mit dem Computer. Nach den Besuchen wurden die Aufzeichnungen fein säuberlich abgeheftet. Fotos: Claudia Voß
Voß Claudia. Claudia Voß

Für Generationen war er der Höhepunkt der Adventszeit: der Müllenbacher Nikolaus. Doch in diesem Jahr wird es das letzte Mal sein, dass er junge und ältere Menschen mit seinem Besuch beglückt. Denn: Auch für einen Nikolaus ist es einmal an der Zeit, sich zur Ruhe zu setzen. Die RZ blickt gemeinsam mit ihm auf die vergangenen Jahre zurück.

Lesezeit 8 Minuten

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Blickt auf sechs Jahrzehnte als Nikolaus in Müllenbach zurück: Charly (Karl) Mönig. Während Mönig anfangs ein Bischofsgewand trug, ist er seit den 1970er Jahren im weiß-roten Weihnachtsmannkostüm unterwegs. Vor seinen Besuchen hat er zu jedem Kind einige Notizen verfasst - anfangs noch mit der Schreibmaschine, später mit dem Computer. Nach den Besuchen wurden die Aufzeichnungen fein säuberlich abgeheftet. Fotos: Claudia Voß
Voß Claudia. Claudia Voß

So ganz glauben kann er es selbst noch nicht, dass dieses Jahr sein letztes Jahr als Nikolaus in Müllenbach sein wird. Dabei scheint es doch als sei es gerade erst gestern gewesen, dass er das Amt in seinem Heimatort übernommen hat. „Mit 13 Jahren habe ich angefangen, um die Tradition im Ort fortzuführen. Der andere Nikolaus hatte ein Jahr zuvor aufgehört“, erinnert er sich, der im irdischen Leben Karl Mönig heißt, in seinem Heimatort jedoch vielmehr als Charly Mönig bekannt ist. Doch für viele wird der freundliche Mann mit dem wunderbaren Kostüm wohl für immer der Nikolaus aus Müllenbach bleiben.

Er war stolz, der Nikolaus zu sein

Der Nikolausabend 1963 war damit für Charly Mönig ein Sprung ins kalte Wasser, bis zum elften Lebensjahr hatte er selbst noch an die immer währende Existenz des heiligen Mannes aus dem fernen Myra geglaubt. Und nun sollte er plötzlich selbst dessen Aufgaben in Müllenbach fortführen. „Es war etwas ganz besonderes, und ich war stolz, dass ich der Nikolaus sein durfte“, blickt Mönig lächelnd auf die Anfänge seiner vorweihnachtlichen Karriere zurück. Gleichzeitig schiebt er nach, zu Beginn sei es auch das Trinkgeld gewesen, dass ihn für dieses Amt begeistert habe. „Ich ging damals noch zur Schule, die Trinkgelder, die ich während meiner Hausbesuche bekam, waren damals etwas ganz tolles für mich.“ Allerdings sei das monetäre nur vorübergehend eine verlockende Motivation gewesen. „Eigentlich habe ich es gemacht, weil ich die Kinder erfreuen wollte“, so Mönig weiter.

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Verwandlung vom Mensch zum Nikolaus in sechs Bildern: Den Grundstock des Nikolauskostüms bildet ein weißes Unterkleid, über welches ein roter Mantel drapiert wird. Anschließend folgen Perücke, Maske, Rauschebart und Handschuhe. Den Abschluss bilden Gürtel, Lesebrille und das goldene Buch. Immer mit dabei: Ehefrau Christel Mönig, die beim Ankleiden hilft.
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Seltene Einblicke: Ausnahmsweise gewährte Charly (Karl) Mönig einen Blick in sein goldenes Buch.
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Das Fürchten gelehrt

Viele Hundert Kinder hat Mönig gemeinsam mit seinem Begleiter, dem Knecht Ruprecht, in seinem Heimatort angetroffen und so manchen jungen Besucher dabei stark beeindruckt, wenn nicht gar ein wenig das Fürchten gelehrt. Denn: „Der Knecht Ruprecht ist schon eine schaurige Gestalt“, gibt Mönig lachend zu. Ganz in schwarz und mit glühenden Augen sorgte der aufmerksame Begleiter stets für Ruhe und Ordnung während der Hausbesuche bei den Familien.

„In manche Häuser und Wohnungen durfte er gar nicht herein, weil er zu gruselig aussah“, erinnert sich Mönig lächelnd. Doch die Sorge mancher Eltern sei gänzlich unbegründet gewesen, weiß er zudem schnell zu versichern. Zwar habe der Nikolaus stets Buch über das Betragen der besuchten Kinder geführt, aber zu mehr als zu freundlichen Ermahnungen hätte auch ein schlechtes Verhalten nie geführt. „Knecht Ruprecht war mir vielmehr stets ein hilfreicher Begleiter. Er hat die Geschenke bewacht und mir auch angereicht“, lacht der heute 73-Jährige.

Eigentlich habe ich es gemacht, weil ich die Kinder erfreuen wollte.

Charly Mönig darüber, dass das Geld früher keine Rolle spielte bei der Entscheidung, Nikolaus zu werden.

Viele der in jungen Jahren Besuchten hat er auch später noch einmal an so manchem Vorabend des Nikolaustages wiedergesehen. Nämlich immer dann, wenn sie plötzlich selbst Kinder oder gar Enkelkinder gehabt hätten. „Bei vielen weiß ich auch heute noch, was ich damals zu ihnen gesagt habe, als sie als kleine Kinder aufgeregt und manchmal auch mit ängstlichem Gesicht vor mir gestanden haben“, lächelt Mönig und resümiert, während er durch die fein säuberlichen Einträge in seinem goldenen Buch blättert: „Eigentlich hat sich am Verhalten der Kinder in den vergangenen 60 Jahren nichts geändert. Oft sind es die gleichen Dinge, wegen derer sie gelobt oder ermahnt werden. Etwa das Loben für gute Schulnoten und für das Mithelfen daheim und die Ermahnungen wegen unaufgeräumter Zimmer oder frecher Verhaltensweisen.“

Wer sich nun an dieser Stelle die Frage stellt, wie Mönig, der im menschlichen Leben als Beruf Kaufmännischer Angestellter war, in seiner Funktion als Nikolaus zu all diesen kleinen Notizen gekommen ist, dem verrät selbiger in der Hoffnung, dass nun niemand enttäuscht ist: „Diese Informationen haben mir die Eltern der Kinder immer vorab zukommen lassen.“

Digitalisierung hat Einzug gehalten

Dass sich die Generationen der besuchten Kinder dennoch mit den Jahrzehnten verändert haben, diese Entwicklung hat auch Mönig in den vergangenen Jahren gespürt. „Die Digitalisierung hat in die Kinderzimmer Einzug gehalten“, erklärt er. „Viele Kinder werden jetzt verstärkt dafür gelobt, dass sie schon gut mit einem Tablet umgehen können.“ Ob diese Entwicklung eine gute ist, darüber mag Mönig nicht spekulieren.

Nikolauskostüm im Wandel der Zeit

Anfangs trug Karl Mönig während seiner Nikolaustouren das traditionelle Bischofsgewand. Dieses tauschte er aber in den 1970er Jahren gegen ein Weihnachtsmannkostüm, bestehend aus rotem Mantel, warmen Handschuhen und schützender Wollmütze. Der Grund für diesen Tausch: das stürmische Winterwetter in Müllenbach. Die Nikolaustour führte Mönig seit jeher einmal quer durch sein Heimatdorf, zu Spitzenzeiten besuchte er rund 35 Haushalte. Auf dem Abschnitt ab der Dorfmitte zum „Brochbuhr“ hin war der Wind jedoch oftmals so stark, dass ein Gehen im Bischofsgewand kaum möglich war. „Ich hatte oft Mühe, die Utensilien meines Kostums festzuhalten“, erinnert sich Mönig. clv

Allerdings hat er leidvoll in den vergangenen Jahren beobachten müssen, dass die Zahl der Kinder, die an den Nikolaus glauben, stetig abgenommen hat. „Früher haben wir als Kinder bis zur fünften oder sechsten Klasse an die Existenz des Heiligen Mannes geglaubt, heute glauben Kinder oft nur bis zum Erreichen der zweiten Klasse an den Nikolaus.“ Zudem gebe es auch zunehmend Kinder, in denen die Nikolaustradition keinen Stellenwert mehr habe. „Da läuft dann auch schon mal der Fernseher, wenn ich komme“, seufzt Mönig. Auch das Singen von Weihnachtsliedern oder das Aufsagen von Gedichten zu Ehren seines Besuchs sei nicht mehr selbstverständlich.

Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, diesen Text am heutigen Nikolaustag, 6. Dezember, in Ihrer Rhein-Zeitung lesen, wird Charly Mönig seine letzte Nikolaustour durch Müllenbach schon absolviert haben. Rund 18 Kinder wird er gemeinsam mit Knecht Ruprecht einen letzten Besuch abgestattet haben, seit dem gestrigen Nachmittag bis in die Abendstunden werden die beiden im Ort unterwegs gewesen sein.

Früher haben wir als Kinder bis zur fünften oder sechsten Klasse an die Existenz des Heiligen Mannes geglaubt, heute glauben Kinder oft nur bis zum Erreichen der zweiten Klasse an den Nikolaus.

Charly Mönig

Der letzte Gang wird Charly Mönig zu seinen Enkelkindern geführt haben. Während das ältere Kind schon erste Zweifel an der Existenz des Nikolauses angemeldet habe, glaube das jüngere Kind noch fest an selbigen, freute sich Mönig im Vorfeld dieses Besuchs und fügte nach einigem Zögern leise hinzu: „Irgendwie ist es schade, dass dieses Jahr mein letztes Jahr als Nikolaus ist. Ich werde es vermissen.“ Dabei blickte er versonnen auf sein Kostüm, welches schon, fein säuberlich auf einen Bügel gehängt, bereit lag, dachte kurz nach und erklärte schließlich: „Aber ich bin jetzt 73 Jahre alt. Und irgendwann muss ja auch einmal Schluss sein.“

Bei Senioren zu Gast

Doch so ganz abgeschlossen hat Charly Mönig mit seiner vorweihnachtlichen Karriere dennoch auch am heutigen Nikolaustag nicht. Vielmehr will er es sich nicht nehmen lassen, die Gäste des Seniorenfeier, die am Samstag, 16. Dezember, ab 14.30 Uhr in der Elsberghalle stattfindet, mit einem Nikolausbesuch zu überraschen. Und auch wenn Mönig das Karriereende derzeit noch nicht so ganz leicht fällt: Bis zum nächsten Nikolausabend hofft er, dass sich ein Nachfolger gefunden hat. Denn eines ist für Charly Mönig schon jetzt klar: „Am 5. Dezember 2024 möchte ich bei meinen Enkeln sein wenn der Nikolaus kommt und mir einmal anschauen, wie andere es machen.“

Erinnerungen an einen ganz besonderen Nikolausbesuch

Auch für seine eigenen Kindern war Karl Mönig stets der Nikolaus. Viele Jahre glaubten diese an dessen Existenz. Dass ihr Vater nie während der Besuche des heiligen Mannes dabei war, fiel nie auf.

In einem Jahr wurde Sohn Sascha kurz vor dem Nikolausabend von anderen Kindern mit der Nikolaustätigkeit seines Vaters aufgezogen. „Dein Vater ist der Nikolaus“, sagten sie. Mönigs Sohn wollte dies nicht glauben. Um seinen Sohn in dessen Glauben zu unterstützen, absolvierte Mönig Tage später seine Runde durch Müllenbach, ließ aber sein eigenes Zuhause aus, übergab das Kostüm stattdessen an einen Nachbarn und eilte zu seiner Familie. Als der Nikolaus eintraf, war die Freude groß und der Glaube an die Existenz des Nikolauses für ein weiteres Jahr bewahrt. clv

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