Masterplan für die Ahr: Etwas völlig Neues in bestehende Strukturen integrieren
Neugestaltung der Ahrufer in Bad Neuenahr-Ahrweiler: Klimaresilienter Stadtentwicklung gehört die Zukunft
Zwischen Landschaftsarchitekt Martin Schmitz vom Berliner Landschaftsarchitekturbüro Atelier Loidl (links) und AuEG-Geschäftsführer Hermann-Josef Pelgrim gibt es noch viel über den freiraumgestalterischen Masterplan zu besprechen. Foto: Jochen Tarrach
Jochen Tarrach

Im übertragenen Sinne eine Spielwiese zum Entwickeln von Ideen, das ist für Landschaftsplaner ein freiraumgestalterischer Masterplan. Innerhalb einer Veranstaltung der Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler (AuEG) zum Thema „Freiräume im Wiederaufbau“ stellte der Landschaftsarchitekt Martin Schmitz vom Landschaftsatelierbüro Atelier Loidl aus Berlin seine Entwürfe zur Gestaltung der Ahrufer im Bereich der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler vor.

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Zwischen Landschaftsarchitekt Martin Schmitz vom Berliner Landschaftsarchitekturbüro Atelier Loidl (links) und AuEG-Geschäftsführer Hermann-Josef Pelgrim gibt es noch viel über den freiraumgestalterischen Masterplan zu besprechen. Foto: Jochen Tarrach
Jochen Tarrach

Wichtigste Punkte bei seinen Entwürfen: Die Ahr soll in Zukunft zum Hochwasserschutz nicht nur dem Wasser erweiterte Durchflussmöglichkeiten und größere Retentionsräume bieten, sondern auch durch ein qualitätvolles Wegenetz entlang der Ufer sowie Aufenthaltszonen mehr Freiräume für die Menschen bieten und den Fluss durch neue Nutzungsangebote verstärkt erlebbar machen. Alles ist ausgerichtet nach zukünftigen klimaökologischen Strukturen sowie der festgelegten Hochwasserhöhe HQ 100, nach dessen Vorgaben der Wiederaufbau nach der Flut von 2021 ausgerichtet ist.

HQ 100 bedeutet einen Hochwasserstand, der im statistischen Mittel alle 100 Jahre einmal erreicht oder überschritten wird. So ist es klar, dass auch bei niedrigeren Hochwassern einzelne Gebiete erneut unter Wasser geraten können. Infolgedessen ist der freiraumgestalterische Masterplan kein endgültiges Konzept, sondern soll als Leitplanke für die zukünftige Gestaltung der Ahr dienen. „Für uns ist es ein Instrument zum Anfangen. Wir wollen einen Wiederaufbau mit zukunftsgerichteter Perspektive, nicht einen nach dem Motto eins zu eins“, so AuEG-Geschäftsführer Hermann-Josef Pelgrim in seinen Einführungsworten.

Für die Gestaltung der Ahrufer gibt es keine Blaupause.

Martin Schmitz

Dem sind aber finanziell enge Grenzen gesetzt, denn aus dem Wiederaufbaufonds von Land und Bund wird genau ein solcher Eins-zu-eins-Aufbau gefördert. Ein Beispiel: Stand an einer Straße in der Innenstadt einmal nur ein Baum, so wird auch selbst unter geänderter Sachlage, zum Beispiel durch den Klimawandel, auch nur ein Baum ersetzt.

Soll dort ein zweiter Baum hin, so muss die Stadt diesen selbst bezahlen. Und soll dann auch noch ein sinnvolles Rigolensystem für seine Bewässerung sorgen, ist das ebenso finanzielle Angelegenheit der Kommune. Unter solchen Bedingungen wird es schwierig, selbst die besten neuen Ideen des Landschaftsplaners dann auch in die Realität umzusetzen. „Wir werden da mit dem Land noch oft reden müssen“, so Pelgrim.

„Für die Gestaltung der Ahrufer gibt es keine Blaupause“, gestand Martin Schmitz. Es müsse etwas völlig Neues geschaffen werden, das auf der anderen Seite aber in bestehende Strukturen integriert werden kann und geeignet ist, bei den Menschen ein verstärktes Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln. Das Wasser habe im übertragenen Sinne Wohlstand in die Stadt gebracht, und die Parks sowie die intakte Natur im Ahrtal habe Urlaubsgefühl vermittelt. Das müsse auch in Zukunft berücksichtigt werden. Hinzu komme jetzt noch der Klimawandel mit all seinen Folgen sowie Hochwasserschutz.

Landschaftsarchitekt mit guten Referenzen

Die Ahr sei bisher förmlich isoliert durch die Stadt geflossen, und man habe kaum an sie herantreten können. Das solle nun anders werden. Alles solle sich zum Fluss hinneigen, und so solle auch gleich neuer Retentionsraum entstehen. Um das ordentlich zu planen, dazu ist Schmitz sicherlich der richtige Mann, denn seine Referenzen weisen für seine bisherigen Arbeiten zahlreiche Erfolge auf, darunter auch die Verleihung des renommierten AIV-Schinkel-Preises sowie des Peter-Josef-Lenné-Preises.

Der vorliegende Masterplan für Bad Neuenahr-Ahrweiler wurde bereits im November 2022 im Stadtrat öffentlich vorgestellt und gebilligt und ist seit dieser Zeit Leitplanke für die Neugestaltung der Ahrufer im Bereich der Stadt. Er ist in all seinen Facetten im Internet sowohl auf den Seiten der Stadt als auch der AuEG einzusehen. Er ist aber keine Vorlage für die Modellierung der Hydraulik des eigentlichen Gewässerverlaufs, damit beschäftigt sich der Kreis. Somit ist also enge Zusammenarbeit erforderlich.

Ausführliche Diskussionsrunde

Da es Sinn und Zweck der Vortragsreihe der AuEG ist, mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen und diese zu informieren, schloss sich dem Vortrag eine ausführliche Diskussionsrunde an. Frage war immer wieder, ob die vorgesehenen Retentionsräume ausreichen, um die Stadt vor weiteren schlimmen Überschwemmungen zu schützen? Klare Antwort darauf: „Nein, die Hauptretentionsbereiche liegen an der oberen und mittleren Ahr.“

„Was bleibt nun letztlich vom freiraumgestalterischen Masterplan übrig?“ Das war die Frage einer Bürgerin. „Wir sind noch im Stadium der Vorplanung und stecken damit die Möglichkeiten ab“, so Pelgrim. Der nächste Schritt seien die Ausschreibungen auf dessen Basis.

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