Bells Genusshof und Marktplatz heißt das Projekt, das viele Partner mit regionalen Produkten und Dienstleistungen vereint. Ein Vorzeigeprojekt, das jetzt auch Station war für die Studenten des Studiengangs Tourismusmanagement der Internationalen Hochschule, die derzeit im Ahrtal unterwegs sind mit dem Auftrag, kurzfristig umsetzbare Ideen für das Gastgewerbe zu entwickeln.
Die Geschichte des Ortes
In den 70er-Jahren beherbergte das Anwesen mit dem gemütlichen Innenhof in der Niederhut mal ein Autohaus. Als die Fußgängerzone kam, zog hier ein Fahrradhändler ein, bis es dann die Adresse für einen Biergarten mit Restaurant im Innenbereich wurde, ausgerichtet auf Touristen im Alter von 50 plus und größere Gruppen. „Mit 25 Mitarbeitern schaffte man es, 150 bis 200 Essen herauszubringen“, so Markus Bell. Schon die Coronapandemie zwang ihn zum Umdenken. Er verlagerte das gastronomische Geschehen in den Außenbereich. Und dann kam die Flut.
Wo die Reise hingeht, kann niemand sagen. Businesspläne haben für mich nur Papierwert.
Markus Bell, Initiator des neuen Genusshofes in Ahrweiler
Wie es für ihn weitergeht – das sei ein Lernprozess gewesen, so Bell. Zuerst sei da die Hoffnung gewesen. „Es klappt schon irgendwie“, dachte er. „Doch es war mühsam, den Mut zu finden.“ Das Konzept, das er nun umgesetzt hat, habe nicht in einer Schublade gelegen. Es reifte in Gesprächen mit Stadt- und Projektplanern und mit Architekten, die er auf dem Calvarienberg traf. Denn kurz nach der Flut erhielt er von der Breuning GmbH, die das Anwesen Calvarienberg gekauft hat und entwickeln will, das Angebot, die Küche zu reaktivieren und die Schüler, Kitakinder und andere Menschen zu bekochen.
Workshops für Adventsgestecke
Mit einer Rumpfmannschaft kann er nun den Außenbereich bespielen. Die Innenräume öffnete er für andere von der Flut betroffene Betriebe, stellte Strom, Wasser, Gas und Internet zur Verfügung. Nun ist im Kaminzimmer eine Goldschmiede eingezogen, im Wintergarten eine auf Events spezialisierte Floristin. Die Räume sind so aufgeteilt, dass sie für Veranstaltungen wie kleine Weihnachtsfeiern, aber auch Workshops der neuen Nachbarn auf dem Marktplatz genutzt werden können – zum Beispiel für das Binden von Adventsgestecken oder eine kleine Hochzeitsmesse. Mit im Boot sind auch zwei Künstlerinnen, die hier ausstellen können, eine Schneiderin, die hier Kurse anbieten kann. In einer Bistronomie sind regionale Produkte zu finden. Hier kann ein Olivenölhändler beispielsweise auch Tastings anbieten. Ob Kulinarik, Weinerlebnis, Kosmetik oder Wohnaccessoires – der Marktplatz soll auch eine Wohlfühloase sein.
„Die Menschen, sie sich hier unter einem Dach zusammengefunden haben, sind zwischen Ende 20 und Anfang 70. Wir haben viel voneinander gelernt, und jeder hat sich eingebracht“, so Bell. Es ist für ihn auch ein Abenteuer. „Wo die Reise hingeht, kann niemand sagen. Businesspläne haben für mich nur Papierwert“, sagt Bell, der seine Gastronomie auf den Außenbereich mit einer Frontküche beschränkt hat. Er nehme keine horrenden Mieten von den Ladeninhabern. Es gehe ohne Gewinn gerade so auf. Aber er glaubt an den Erfolg dieser Geschäftsidee mit der Aussicht, ein völlig neues Kundenpotenzial zu erschließen.
Die Öffnungszeiten
Geöffnet hat die neue Genusswelt in Ahrweiler donnerstags bis sonntags. „Mehr lohnt sich nicht. Die Touristenströme sind aufs Wochenende konzentriert“, so der 48-Jährige, für den die radikale Änderung vom Brauhaus, in dem man schnell mal 150 Leute unterbringen konnte, auch in die Zeit passt. „Corona hat mir die Augen geöffnet. Weniger ist oft mehr.“