Umwelt Neuer Pächter möchte Erbe von Heinz Erven hochhalten
Neuer Pächter aus der Region: Was wird aus dem Remagener Paradies?
Christoph Vanberg ist Pomologe und kümmert sich um die alten Obstbestände im Paradies. Foto: Celina de Cuveland
de Cuveland Celi

Remagen. Das Remagener Paradies hat einen neuen Pächter. Wie geht es nun mit dem Grundstück weiter? Wo einst Heinz Erven biologische Landwirtschaft betrieb, steht heute noch eine Vielzahl alter Obstbäume. Und unter den Sorten verbirgen sich wahre Schätze.

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Christoph Vanberg ist Pomologe und kümmert sich um die alten Obstbestände im Paradies. Foto: Celina de Cuveland
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Es ist ein warmer Frühherbsttag im Remagener Paradies, das Licht der Sonne bricht sich in den Blättern des riesigen, alten Apfelbaums. Früchte liegen im Gras, überall summt es, Amseln picken unter Brombeerhecken nach Würmern. Christoph Vanberg pflückt eine Birne, putzt sie und beißt hinein. Er kaut, schluckt und dann sagt er: „Man schmeckt, dass dieser Boden seit 1948 keine Chemie mehr gesehen hat.“

Vanberg ist Pomologe, er kennt sich mit dem Obstanbau aus. Vanberg steht auf einer der großen Streuobstwiesen im Remagener Paradies, einem gut sechs Hektar großen Gebiet an der Straße „Am Paradies“, das von 1948 bis zu seinem Tod 1993 von Heinz Erven bewirtschaftet wurde. Erven war der Pionier des naturgemäßen Anbaus von Obst und Gemüse, einer der ersten Biolandwirte und Gründer der „Privaten biologischen Versuchs- und Lehranstalt“ – die erste dieser Art in Deutschland. Er war es auch, der erwirkte, dass die Straße von „Auf Plattborn“ in „Am Paradies“ umbenannt wurde.

Jetzt tut sich etwas auf den Streuobstwiesen und den Pfaden rund um das kleine Hauptgebäude. Ein neuer Pächter aus der Region bemüht sich mit Vanberg um das Grundstück, die alten Obstbestände und das Haus. Keine leichte Aufgabe, denn das Areal ist stark verwildert und das Haus in einem desolaten Zustand.

Das Grundstück, auf dem Erven seinen Praktikanten den biologischen Anbau von Obst nahelegte, ist in zwei Hälften unterteilt. Die westliche Hälfte wird weiterhin von Ervens rechter Hand, Ursula Venator und ihren Angehörigen und Freunden bewirtschaftet. Der östliche Teil, auf der Ervens Haus, die Hochbeete, Gewächshäuser und ein Verkaufsschuppen standen, ist in den vergangenen gut 20 Jahren zusehends verwildert. Ein Einsiedler lebte dort unter selbst gebauten Verschlägen auf dem Grundstück, zusammen mit zwei Schafen und ernährte sich von dem, was die Natur ihm bot.

Unter diesen Verschlägen lebte der Einsiedler, der in den vergangenen Jahren auf dem Grundstück gelebt hatte.
Celina de Cuveland
In Heinz Ervens Paradies kann man das Gras nahezu wachsen hören. Die Natur kann sich dort entfalten.
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Für Pomologe Christoph Vanberg ist das Remagener Paradies ein Naturwunder. Der Boden hat seit 1948 keinen künstlichen Dünger und keine Pflanzenschutzmittel mehr gesehen.
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Früher war die Birne höher angesehen als der Apfel, erzählt Pomologe Christoph Vanberg. Auf den Streubobstwiesen im Paradies gedeihen viele alte Birnensorten.
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Die Streuobstwiesen werden jetzt wieder regelmäßig freigeschnitten.
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Die Nistkästen erinnern daran, wie intinsiv Heinz Erven mit Nützlingen gearbeitet hat.
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Der neue Pächter versieht die Obstbäume mithilfe von Pomologe Vanberg mit Holzschildern, auf denen die Sort geschrieben steht.
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Kein Wunder, war das Angebot an Obst auf dem Grundstück doch üppig: Rund 150 Obst- und Nussbäume hat der neue Pächter in der östlichen Hälfte bisher gezählt. Und die müssen geschützt werden. Denn „wir haben hier viele alte Sorten, die es so inzwischen kaum noch gibt“, erklärt Pomologe Vanberg. Großer Rheinischer Bohnapfel, Rheinischer Krummstiel, Weißer Winter-Glockenapfel, Gellerts Butterbirne, Gräfin von Paris oder Frühe aus Trévoux – sie und noch viele weitere Obstsorten gedeihen in dem Remagener Paradies.

Vanbergen hat inzwischen zusammen mit dem neuen Pächter, der seit Anfang des Jahres das Grundstück pflegt, die alten Obstbäume wieder in Schuss gebracht, Misteln aus den Kronen entfernt und die Streuobstwiesen gemäht. „Wir möchten den Bestand erhalten und das Obst nutzen“, sagt der neue Pächter. „Auch das Haus werden wir wiederherrichten. Wie es dann weitergeht, da möchte ich mich momentan noch nicht festlegen. Nicht, dass ich anschließend irgendwelche Erwartungen nicht erfüllen kann.“ Dass ab und an Wanderungen oder Veranstaltungen dort stattfinden können, schließt er grundsätzlich nicht aus.

Fest steht, dass auf dem Grundstück laut Flächennutzungsplan nur die biologische Landwirtschaft zugelassen ist und daran möchte der neue Pächter auch ganz bewusst nichts ändern. „Das ist hier wirklich ein Paradies“, sagt er. „Ich habe beim Mähen Eidechsen gesehen, die ich sonst noch nirgends entdecken konnte. Diese Fläche ist ein Rückzugsgebiet für Tiere und Pflanzen.“ Das Erbe von Landwirtschaftsvorreiter Erven möchte der neue Pächter jedenfalls hochhalten. Tipps und Tricks dafür besorgt er sich schon jetzt regelmäßig bei seiner Nachbarin Ursula Venator und ihren Gehilfen. Deren westliche Grundstückshälfte gedeiht nämlich prächtig – ganz ohne Kunstdünger oder chemische Schädlingsbekämpfung.

Von unserer Reporterin Celina de Cuveland

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