Denn nachdem er erst kürzlich bei seinem Nachbarn, dem Imker Marcus Bell aus Rieden, das Sekundärnest der Vespa velutina, der eingewanderten Hornisse aus Asien, entfernt hat, war zu erwarten, dass sich bald das Sekundärnest des Insekts irgendwo bilden wird. Um das „Irgendwo“ auszumachen, haben er und sein Imkerkollege Stefan Dietrich aus der Kreisstadt Locktöpfe für die Hornisse aufgestellt, um sie dann zu markieren und mittels Kompass und Berechnung, wie lange sie bis zum Nest und wieder zurück braucht, eine Kreuzpeilung vorzunehmen.
Aufwendige Suche
„Wir wissen, dass sich das zweite Nest in der Regel in 20 bis 30 Metern Höhe befindet, aber die Suche ist schon etwas aufwendiger“, erklärt Dietrich, der mit dem Experten Dirk Wacker aus Euskirchen gekommen ist, um sich die Situation anzusehen. Dietrich war unlängst bei Rudolf Schick, um erste Kreuzpeilungen vorzunehmen. „Es war reiner Zufall, dass ich schon wieder auf dem Heimweg auf der Westumer Straße aus dem Augenwinkel das Nest in einem hohen Baum in der Straße ,Am Hellenberg' gesehen habe“, erzählt er. „Man kann zusehen, wie es täglich größer wird“, hat Schick beobachtet.
Auch ein Imker in der Sinziger Rheinstraße hatte schon Besuch von der asiatischen Hornisse. Ebenso Stefan Dietrich an seinen Bienenstöcken, die er am Erdbeerfeld am Kreisel zwischen Bad Neuenahr und Ahrweiler aufgestellt hat. Das dazugehörige Nest ist noch nicht gefunden.
Methoden zur Bekämfung eingeschränkt
Dirk Wacker, der viel Erfahrung mit dem Entfernen von Nestern der Velutina hat, erklärt, dass die Methoden zur Bekämpfung in Deutschland sehr eingeschränkt sind. „Biozide dürfen nicht eingesetzt werden. Kieselgur, ein ganz feines Pulver, das mit scharfkantigen Partikeln die Hornisse verletzt und diese dann austrocknet, hat in Deutschland keine Zulassung“, so Wacker.
Das sagt der Kreisimkerverband zur Vespa velutina
Bernd Hartmann, Vorsitzender des Kreisimkerverbands Ahrweiler, sieht die Situation wie folgt: „Die Vespa velutina wurde aus Asien vermutlich über Frankreich eingeschleppt und hat sich dort weiter ausgebreitet. Sie wandert weite Strecken und baut ihre Nester, wo sie geeignete Lebensräume findet“, so Hartmann. Invasive Arten sowohl im Pflanzen- als auch im Tierreich habe es immer schon gegeben. „Die Varroa-Milbe als Schädling für die Honigbiene konnten wir nicht vernichten, müssen also mit ihr leben. Bei der Vespa velutina wird es ähnlich sein – der Mangel an natürlichen Feinden und ihre Anpassungsfähigkeit fördert die Verbreitung der Vespa velutina“, erklärt der Kreisvorsitzende. Sie stelle für den durchschnittlichen Menschen keine größere Gefahr als heimische Wespen oder Bienen dar.
Erst durch unglückliche Begegnungen in Nestnähe oder durch allergische Reaktionen auf das Gift, was auch für die heimischen Arten zutrifft, entstehe die Gefährdung. Daher solle Abstand zu den Nestern gehalten und Ruhe bewahrt werden, wenn man einer Vespa velutina begegnet. Die schnelle Ausbreitung und Anpassungsfähigkeit der Hornisse, ihre versteckten Nester, die Gefährdung von Bienenvölkern durch sie, die Komplexität bei der Entwicklung selektiver Fallen und die ökologische Auswirkung ihrer Verdrängungen stellen die Bekämpfung der Vespa velutina vor vielschichtige Herausforderungen. „Daher sollten Staat, Imker und Naturschutzorganisationen eng zusammenarbeiten“, sagt Hartmann. ith
Wie Dietrich erklärt, streut ein Nest 30 Kilometer. „Wenn man die Tiere bemerkt, ist es eigentlich schon zu spät, denn aus einem Sekundärnest werden 20 bis 30 neue Nester. Im dritten Jahr könnten es dann 8.000 werden. Wir haben angeboten, Fachvorträge zu dem Thema zu halten, doch weder die Kreisimkerschaft noch der Bauern- und Winzerverein hat darauf reagiert“, zeigt sich Dietrich verständnislos. Dabei seien es letztendlich auch die Winzer- und Obstbauern, die sich mit einer Plage der asiatischen Hornisse auseinanderzusetzen hätten, da diese Art auf alle süßen Früchte wie Beeren und Trauben gehe. Allein schon was die Sicherheit der Erntehelfer angehe, sei da Handlungsbedarf.
Auch Wacker hat eine gewisse Schlafmützigkeit bei der Bevölkerung registriert. „Die Gefahr wird verkannt. Bei Mannheim ist jeder Zweite, der gestochen wurde, im Krankenhaus gelandet“, erklärt er. „Es gerät im Kindergarten leicht mal ein Ball in einem Busch, wo sich ein Primärnest befinden kann. Auch die Mitarbeiter von Bauhöfen sind bei Freischneidearbeiten gefährdet“, ergänzt Dietrich.
Drehleiter aus Remagen angefordert
Deshalb hatte nun Imker Markus Bell den Auftrag der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord erhalten, das Nest am Ende der Straße „Am Hellenberg“ zu entfernen. Hierzu ließ er über die Sinziger Feuerwehr die Drehleiter der Remagener Kameraden anfordern. Zunächst hatte Bell mit drei Unternehmen, die Steiger verleihen, gesprochen, doch es war aufgrund des Winkels nicht möglich, das Nest auf diese Weise zu entfernen.
So sieht die Situation in anderen Ländern aus
Laut einem Bericht von Sebastian Spiewock vom Deutschen Imkerverband vom November 2023 liegen Informationen von Imkereien und regionalen Verbänden aus Frankreich vor, die Völkerverluste von 30 bis 80 Prozent sowie eine geringere Honigproduktion durch Vespa velutina aufführen. Einer Schätzung aus dem Jahr 2020 zufolge steigen die jährlichen Kosten in Frankreich allein für die Entfernung von Hornissennestern auf 11,9 Millionen Euro. Für Deutschland liegt die Schätzung bei mehr als 5 Millionen Euro.
Als positive Beispiele einer rigorosen und effektiven Bekämpfung führt Spiewock Großbritannien und Mallorca an. In Großbritannien konnte trotz mehrerer Sichtungen eine Etablierung der asiatischen Hornisse bislang verhindert werden (Quelle: GB Non-native Species Secretariat 2023). Erst 2023 scheint sich Vespa velutina dort in der südöstlichen Spitze etabliert zu haben. Auf Mallorca konnte die Population durch konsequentes Handeln, die Einrichtung interdisziplinärer Aktionsgruppen und den Einbezug der Öffentlichkeit wieder ausgerottet werden (Quelle: Leza et al. 2021). ith
Unterstützung erhält Bell von Stefan Dietrich. Beide werden, mit besonderer Schutzausrüstung ausgestattet, zunächst die Insekten mit CO2 betäuben und dann das Nest entfernen. Vorgesehen ist die Aktion für den späten Dienstagnachmittag.