Andrea Müller hat in der Flut ihren alten Salon verloren, aber nicht aufgegeben
Nach der Flut nicht aufgegeben: Altenahr hat wieder einen Friseursalon
Andrea Müller eröffnet ihren neuen Salon am Roßberg, und Ehemann Frank legt letzte Hand ans Werbebanner.
Ulrike Walden

Der eigene Friseursalon war Andrea Müllers Traum. 2013 hat sie ihn sich erfüllt. Doch die Flutkatastrophe zerstörte den Salon. Nun hat Andrea Müller einen neuen eröffnet. Der Ort Altenahr wird damit wieder ein bisschen lebenswerter.

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Es gibt dieses Foto in der Rhein-Zeitung: Andrea Müller steht vor dem, was einmal ihr Salon am Roßberg war. Ihr Gesicht wirkt erschöpft, das blaue T-Shirt ist mit Schlamm bespritzt. Auf dem Bürgersteig türmt sich der Müll. Die ganze sorgsam gestylte Einrichtung ist nur noch dreckiger Abfall. Neben ihr auf dem Boden ist ein Foto zu sehen. Andrea Müller hat ihr Hochzeitsbild gerettet.

Hinter Andrea und ihrem Mann Frank Müller liegt ein hartes Jahr. Die Zukunft wird nicht leichter. Denn das Wohnhaus des Paares muss komplett neu aufgebaut werden. Aber immerhin konnte Andrea Müller jetzt am Roßberg 11 ihren Salon an den Start bringen, schräg gegenüber dem alten. Er ist ein bisschen kleiner, im Stil zeitloser Eleganz jedoch ähnlich. „Ich habe gleich nach der Flut gesagt, dass ich weitermache“, betont die Friseurmeisterin. „Ich lebe seit fast 15 Jahren im Ort und fühle mich ihm verbunden.“ Andrea Müller und ihr Mann sitzen im Rat der Ortsgemeinde, Frank ist obendrein im Verbandsgemeinderat.

Zwischenzeitlich im Container gearbeitet

Weiter sagt Andrea Müller: „Ich wollte für meine Kunden und Kundinnen wiederkommen.“ Genau genommen war sie nie weg. Zwei Wochen nach der Flut hatten ihr Mann und Helfer einen Friseurcontainer auf ein Parkdeck gehievt. Dort konnte sie arbeiten, komfortabel waren die Bedingungen aber nicht. Der neue Salon erfüllt nun ihre Ansprüche. Er hat ein spezielles Lichtkonzept. Das braucht man, um beim Färben der Haare den Ton exakt zu treffen. Sein Boden ist, den Vorschriften entsprechend, rutschfest.

Vor allem aber hat Andrea Müller nun einen neuen Sessel, in dem sich Kundinnen entspannen können, während ihnen die Haare gewaschen werden. Der Sessel war schon das Highlight im alten Salon gewesen – und von den Wassermassen zerschmettert worden. Den Ersatz spendierte die Aktion „Potsdam hilft der Eifel“ rund um Sebastian Frenkel. „Der Sebastian hat gefragt, was er mir Gutes tun könne. Dann hat er den kaputten Waschtisch gesehen und wusste es.“

Ich habe gleich nach der Flut gesagt, dass ich weitermache.

Andrea Müller

Die Aktion „Potsdam hilft“ unterstützt ausgewählte Flutopfer. Unterstützung bekam das Ehepaar Müller aber noch von vielen anderen Menschen. Darunter waren Freunde, Familienangehörige, Flutpatin Susanne Folz, Kicker aus Franks Fußballverein, seine Bundespolizeikollegen, Kundinnen und Zufallsbegegnungen. „Ein Ehepaar mit zwei Hunden kam vorbei. Die beiden hatten meinen Container im TV gesehen und sagten, dass sie stolz auf uns sind. Weil wir uns nicht unterkriegen lassen. Die haben uns zu einer Auszeit ins Sauerland eingeladen.“

Bis zur Brust im Wasser

Ab und zu stürzen die Erinnerungen an die Flut über Andrea Müller herein. Wie sie um 17.59 Uhr von ihrem Salon aus auf die Straße blickte, ein Rinnsal sah, das immer breiter wurde: den Roßbach. Wie sie nach ihrem Mann rief, der nicht verstand, warum sie so panisch war. Wenig später wälzte sich die Ahr den Roßberg hoch – „und wir standen bis zur Brust im Wasser“. Durchhalten. Nicht aufgeben. Nach dieser Devise hangeln sich viele Betriebe an der Ahr von Tag zu Tag. So haben sie die Corona-Beschränkungen überstanden, die auch Andrea Müllers Salon Einbußen brachten. So kämpften sich Gewerbetreibende durch das Jahr nach der Flut.

Und so stemmen sie sich den Risiken der Gegenwart entgegen: Die Preise sind hoch, die Leute müssen sparen. Schlechte Zeiten für Friseure. Umso wichtiger sind die Stammkunden. „Ich danke allen, die mich während der Zeit im Container begleitet haben“, so Andrea Müller. Vor allem aber dankt sie ihrem Mann. „Der stand die ganze Zeit an meiner Seite.“

Geöffnet: Dienstag, Mittwoch und Freitag, 10 bis 18 Uhr, Samstag, 9 bis 13 Uhr; Terminvereinbarung: Tel. 02643/904 56 51

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