Gesundheit, Fachkräftemangel und Konkurrenzdruck: Ein weiterer Familienbetrieb schließt seine Pforte - Branche dünnt aus
Nach 70 Jahren als Familienbetrieb: Warum eine Metzgerei in Niederzissen jetzt dichtmacht
Nur noch bis Ende Juni stehen Metzgermeister Hermann-Josef Wagner und Fachverkäuferin Petra Dittgen hinter der Ladentheke des Niederzissener Familientriebs. Dann schließt das in der Region bekannte Traditionshaus für immer seine Pforten. Foto: Hans-Willi Kempenich
Hans-Willi Kempenich

Es ist eine schlechte Nachricht für Menschen in Niederzissen und im mittleren Brohltal, die gute Fleisch- und Wurstwaren zu schätzen wissen: Die Metzgerei Wagner schließt zum 30. Juni ihre Türen – seit 1953 war der Betrieb in den Händen von Familie Wagner. So wie in Niederzissen ergeht es zahlreichen Metzgereien im ganzen Land.

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Nur noch bis Ende Juni stehen Metzgermeister Hermann-Josef Wagner und Fachverkäuferin Petra Dittgen hinter der Ladentheke des Niederzissener Familientriebs. Dann schließt das in der Region bekannte Traditionshaus für immer seine Pforten. Foto: Hans-Willi Kempenich
Hans-Willi Kempenich

Es sind gesundheitliche Gründe in Form eines lädierten Rückens, die Metzgermeister Hermann-Josef Wagner nach 52 Jahren im Beruf veranlasst haben, den Geschäftsbetrieb in dem Traditionshaus in der Brohltalstraße einzustellen.

Sein Vater Arnold Wagner, der sich 1953 dort selbstständig machte, legte den Grundstein für den Familienbetrieb. Zuvor hatte Arnold an gleicher Stelle als Geselle und Meister bei Peter Krahforst gearbeitet, der das Fleischergeschäft 1935 eröffnet hatte.

Mit 20 in die Fußstapfen des Vaters

Als Vater Arnold 1976 im Alter von nur 54 Jahren starb, sah sich der damals 20-jährige Hermann-Josef von einem auf den anderen Tag vor die Notwendigkeit gestellt, das Geschäft zu übernehmen und weiterzuführen. Zu diesem Zeitpunkt war es erst zwei Jahre her, dass er seine Metzgerlehre abgeschlossen hatte. Mit der Meisterprüfung im Juli 1977 schuf der heute 66-Jährige aber schon bald die Voraussetzung für seine Selbstständigkeit.

Mit qualitativ hochwertigen Fleisch- und Wurstwaren verschaffte sich die Metzgerei Wagner in den folgenden Jahrzehnten einen ausgezeichneten Ruf, der auch weit über die Grenzen des Brohltals hallte. Besonders den Wochentag, an dem bei Wagners Fleischwurst hergestellt wird, haben sich viele Brohltaler bis heute im Kalender angekreuzt. „Die gibt's nirgendwo besser“, sind sich die Kenner und Fleischwurstliebhaber einig.

Ich habe zu spät damit aufgehört, selber zu schlachten.

Metzgermeister Hermann-Josef Wagner zu den Folgen für seine Gesundheit und einem der Gründe, seinen Betrieb zu schließen.

Der Rücken macht nicht mehr mit

Jetzt aber geht's nicht mehr weiter bei Hermann-Josef Wagner. „Ich habe zu spät damit aufgehört, selber zu schlachten“, sagt er und greift sich an den Rücken. Dort hat das jahrzehntelange Tragen schwerer Lasten irreparable Schäden hinterlassen. Aber es kam noch ein Fakt hinzu, der ihn veranlasst hat, gerade jetzt die Ladentür abzusperren: der Mangel an Fachpersonal, den auch Handwerker anderer Berufe beklagen.

Immer weniger Metzger
Die Metzgerei Hartmann in Niederzissen steht für viele Betriebe ihrer Zunft: 2021 ging die Zahl der Meisterbetriebe im Fleischerhandwerk laut Statistischem Bundesamt auf 10.870 zurück – 2002 waren es noch knapp 19.000. Zwei Drittel der Metzger sind über 50 und werden in den kommenden Jahren aus dem Beruf ausscheiden. Gleichzeitig mangelt es der Branche an Nachwuchskräften.

Noch vor wenigen Monaten hat Wagner per Anzeige eine Fachverkäuferin gesucht – ohne jede Resonanz. So führt er also nur noch bis Ende des Monats seinen Betrieb weiter. Unterstützt wird er dabei von den beiden Fachverkäuferinnen Petra Dittgen aus Wehr und Andrea Dümpelfeld aus Glees.

Am Freitag, 30. Juni, gehen dann aber in der Metzgerei Wagner endgültig die Lichter aus, und die Liebhaber einer besonders guten Fleischwurst nicht nur in Niederzissen müssen sich auf die Suche nach einer Alternative machen.

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