Finales Konzert in Dernau
Nach 25 Jahren hat sich „Ahrrock“ im Ahrtal ausgerockt
Mit ihren harten, aber dennoch melodischen Riffs sind die Musiker von "Death Ribbon" bei Metalfans und bei Anhängern von Progressive Rock und Blues gleichermaßen beliebt. Death Ribbon
Martin Gausmann

135 Bands, über zwei Jahrzehnte Musikgeschichte: Im Dernauer Bürgerhaus ist jüngst ein ganz besonderes Musikkapitel zu Ende gegangen. Der Grund für die Einstellung des Festivals ist traurig.

Wilde Konzerte, starke, selbst geschriebene Songs und ohrenbetäubende Sounds: Dafür steht „Ahrrock“ seit jeher. Doch nun hat sich das Musikformat am Samstag mit einem emotionalen Jubiläumskonzert nach 25 Jahren für immer aus dem Ahrtal verabschiedet. Der Grund dafür ist bitter: Das Interesse von Bands an einer Teilnahme an einem „Ahrrock“-Konzert hat in den vergangenen Jahren signifikant nachgelassen. Für die Organisatoren des Rock- und Metalfestivals, als auch für viele der rund 200 Besucher, war das Abschiedskonzert im Dernauer Bürgerhaus damit etwas ganz Besonderes.

Noch einmal ausgelassen mitröhren, die Bässe spüren und noch einmal gemeinsam in Erinnerungen schwelgen – diese Chance hatten sich nicht nur eingefleischte Ahrrock-Fans nicht entgehen lassen wollen. Auch viele ehemalige Unterstützer, die ehrenamtlich dazu beigetragen hatten, dass alle Konzerte ein Erfolg geworden waren, waren nach Dernau gekommen. Bei einem Sektempfang im Vorfeld des Konzerts hatten ihnen die Organisatoren für ihren Einsatz gedankt, auch die Verbandsgemeinde Altenahr hatte Dankesworte überbringen lassen.

Begeisterten beim Abschiedskonzert von "Ahrrock" mit fesselnden Rhythmen : Die Jungs von "Erikson". Insgesamt waren fünf Bands beim finalen Konzert im Dernauer Bürgerhaus zu erleben.
Martin Gausmann

„Auch wenn es bei ,Ahrrock’ eigentlich um harten Rock und Metall geht und die Bands mehr schreien und röhren als zu singen: Während des Abschiedskonzerts – welches zugleich auch als ein besonderes Jubiläumskonzert zu Ehren von ,Ahrrock’ gedacht war – dürften wohl so einige Tränen geflossen sein“, sind Melanie Effert und Miguel Jeandrée vom Altenahrer Jugendbüro überzeugt, als sie zwei Tage später gemeinsam mit der Vorsitzenden des Kulturvereins Mittelahr, Angelika Furth, die vergangenen 25 Jahre des „Ahrrock“-Festivals Revue passieren lassen.

Jahrelang haben die drei das Musikformat begleitet, das als Idee während eines Neujahrsempfangs des Altenahrer Jugendbüros von Werner Söller vom Jugendbüro und Werner Heiser vom Kulturverein Mittelahr erdacht worden war, um die junge Musikszene an der Ahr zu stärken und jungen Bands eine Bühne zu bieten. „Wir hatten tolle Gruppen hier“, erinnert sich Angelika Furth und hat dabei insbesondere den Besuch von „Krumpeliczukov“ (deutsch: Kartoffelzucker) vor Augen – einer Band, deren Mitglieder aus Màrtély, der ungarischen Partnergemeinde Altenahrs, und Szeged, der drittgrößten Stadt Ungarns, kamen. „Sie traten beim Ahrrock 14, also 2012, auf“, so Furth weiter. Eine unglaubliche Truppe seien die Musiker gewesen, schiebt sie nach und erklärt sogleich: „Sie waren sehr wild und gleichzeitig sehr kritisch. Insbesondere gegenüber ihrer Regierung. Die Jungs waren regelrecht wütend über die Zustände und haben sich hier Luft und Gehör verschafft.“

Sie haben zum Erfolg des Rock- und Metalfestivals entscheidend beigetragen: die vielen ehrenamtlichen Unterstützer. Während eines Sektempfangs im Vorfeld des Abschiedskonzerts wurde allen Engagierten noch einmal ganz herzlich für ihre Unterstützung mit Pokalen und Blumensträußen gedankt.
Miguel Jeandée

Bei den Veranstaltern von Ahrrock trafen die Musiker mit ihrem fulminanten Auftritt auf volle Zustimmung. „Dazu wurde ,Ahrrock’ ja gerade gegründet. Damit Jugendliche und junge Erwachsene sich über ihre Musik ausdrücken können. Damit gerade junge Bands eine Bühne finden“, führt Miguel Jeandrée den Zweck des Musikformats vor Augen, welches sich insbesondere an junge Musiker unter 18 Jahren richtete.

Dass selbiges nun nach 25 Jahren beendet ist, bedauert er. „Während es in den ersten Jahren überhaupt kein Problem war, Bands für einen Auftritt bei ,Ahrrock’ zu begeistern, ist es in den letzten Jahren immer schwieriger geworden. Für unser Jubiläumskonzert hätten wir etwa gerne Bands direkt von der Ahr gehabt, doch das war unmöglich.“

„Uns war es wichtig, einen sauberen Cut zu machen.“
Miguel Jeandrée zum Ende des „Ahrrock“-Festivals nach 25 Jahren

Seit Corona und der Flut hat sich die Zahl der Bands im Ahrtal erheblich verringert, weiß auch Melanie Effert. So seien etwa nicht nur viele Probenräume und Treffpunkte flutbedingt weggefallen, auch hätten sich die Interessen der Jugendlichen geändert. „Die Bedeutung und der Stellenwert von Musik sind heutzutage eine andere. Während sie vor 25 Jahren Mittel für Jugendliche war, sich gesellschaftlich Gehör zu verschaffen, wird sie heutzutage von vielen nur noch konsumiert“, hat die Leiterin des Jugendbüros beobachtet und weiß: „Auch trauen sich viele Jugendliche kaum noch, selbst zu singen oder als Band aufzutreten. Und wenn sie sich als Band zusammenfinden, dann tun sie das oft erst, kurz bevor sie ihren Schulabschluss machen und zur weiteren Ausbildung auseinandergehen.“

„Gerade weil wir gemerkt haben, dass sich die Interessen der Jugendlichen geändert haben, war es uns wichtig, ,Ahrrock’ nicht einfach ausschleichen zu lassen“, fügt Jeandrée hinzu und betont: „Das wäre der Veranstaltung nicht gerecht geworden. Uns war es daher wichtig, einen sauberen Cut zu machen und die Türen von ,Ahrrock’ nach dem Konzert am Samstag für immer zu schließen.“

Erinnerungen an eine fantastische Zeit: Viele Unterschriften, die während des Abschiedskonzerts gesammelt wurden, erinnern an 25 Jahre "Ahrrock". Melanie Effert, Leiterin des Jugendbüros" (links), freut sich gemeinsam mit (von links): Miguel Jeandrée, Rim Al Faytrone, Fabio Sonntag, Annika Feldmann und Angelika Furth, Vorsitzende des Kulturvereins Mittelahr, über den Erfolg des Rock- und Metalfestivals.
Claudia Voß

Ganz an den Nagel hängen wollen sowohl die Mitglieder des Jugendbüros als auch des Kulturvereins Mittelahr ihre Bemühungen um eine Wiederbelebung der jungen Musikszene im Ahrtal nicht. „Der Musikgeschmack vieler Jugendlicher hat sich gewandelt. Statt Rock und Metall sind heutzutage Techno und Rap angesagt“, weiß Effert.

Was künftig als musikalische Veranstaltung für Jugendliche entlang der Ahr geplant ist, dazu wollen sich Effert, Jeandrée, Furth und die weiteren Mitglieder von Jugendbüro und Kulturverein Mittelahr derzeit noch nicht äußern. „Wir sind in einer Findungsphase“, verraten sie lediglich und betonen: „Wichtig ist auf jeden Fall, dass jungen Bands auch weiterhin eine Bühne gegeben werden muss, alternative Musik zu machen und dass Jugendliche einen Platz bekommen sollen.“

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