Ganz privat und ganz weit weg:
Mutzke und Niedecken verzaubern das Bonner Publikum
Max Mutzke und Wolfgang Niedecken in der Bonner Oper
Thomas Kölsch

Zu einem vergnüglichen wie nachdenklich stimmenden Abend haben sich am Karnevalssonntag Max Mutzke und Wolfgang Niedecken auf der Bühne der Bonner Oper eingefunden. Das Publikum spendierte gleich mehrfach Standing Ovations. 

Eine traumhafte Band, ein charmanter Gastgeber und eine Ikone als Überraschungsgast: Eigentlich hätte Max Mutzke sein neuestes „and friends“-Konzert nicht besser planen können. Ausgerechnet am Karnevalssonntag, an dem die Begeisterung für kölsche Musik bei jedem Rheinländer (ob mit oder ohne Kostüm) unweigerlich ihren Zenit erreicht, gelingt es ihm im Rahmen von „Quatsch keine Oper“, Wolfgang Niedecken auf die Bühne der Bonner Oper zu holen, um mit ihm mehr als zwei Stunden zu plaudern und zu singen. Was für eine Kombination; schon beim Erscheinen des 73-Jährigen erhält er stehende Ovationen. Die Erwartungen sind hoch, verständlicherweise. Und tatsächlich erweist sich der Abend – trotz einiger musikalischer Abstimmungsprobleme im Hintergrund – auf emotionaler Ebene für viele Besucherinnen und Besucher als Höhepunkt der Saison.

Sonderlich überraschend ist das nicht. Sowohl Mutzke als auch Niedecken sind exzellente Geschichtenerzähler, in ihren Liedern ebenso wie zwischen ihnen. Gleichzeitig verfolgen sie ganz unterschiedliche Narrative: Der vom Soul geprägte Mutzke dreht Szenen von amerikanischen Highways und Begegnungen in der Bahn schnell ins Private und setzt der sozialen Kälte die Wärme der Familie und der Liebe entgegen, während Niedecken ganz in der Tradition von Bob Dylan und Pete Seeger steht, den Finger wie etwa mit „Absurdistan“ auch mal in die Wunde legt und eher den Blick erweitert, statt ihn ausschließlich auf Gefühle zu fokussieren. Beides kommt an, wie der Abend in der Bonner Oper zeigt, und natürlich lässt sich das Œuvre der beiden Sänger nur bedingt eingrenzen.

Gute Freunde: Max Mutzke und Wolfgang Niedecken
Thomas Kölsch

Umso bedauerlicher ist es aber, dass sich Niedecken mit seinem unvergleichlichen Ton nicht als Duett-Partner von Max Mutzke anbietet, was umgekehrt immer wieder der Fall ist. An fehlendem Material kann dies nicht liegen – selbst das Lied „Alles so weit weg“, das Mutzke erst vor Kurzem mit dem Rapper Eko Fresh neu aufgenommen hat, würdigt Niedecken zwar mit lobenden Worten, aber nicht mit seinem Gesang.

Natürlich ist Mutzke als Gastgeber gewissermaßen in der Pflicht, insbesondere bei „Verdamp lang her“. Dieses Lied hat er ein Jahr zuvor, ebenfalls am Karnevalssonntag, in der Anwesenheit von Stefanie Heinzmann schon einmal angestimmt, allerdings auf hochdeutsch, sehr zur Erheiterung des Publikums, das kurzerhand die Strophen übernahm. Und diesmal? Genau dasselbe Spiel, wenn auch im Wechsel mit den kölschen Versen Niedeckens. Das Publikum singt wieder mit, lauter und enthusiastischer und schöner als 2024, was Max Mutzke förmlich umhaut. „Das war letztes Jahr schon der Hammer“, gesteht er Niedecken hinterher, „aber es ist unglaublich, was es ausmacht, wenn du dabei bist.“ Stimmt. Selbiges gilt übrigens auch für den Klassiker „Jraaduss“ sowie für die von Dylan geschriebene Nummer „Mighty Quinn“, mit der einst Manfred Mann beträchtlichen Erfolg hatte. Die Mutzke-Songs sind auf diesem Niveau noch nicht ganz angekommen. Aber vielleicht kommt das ja noch.

Nicht alles läuft rund

Trotz der Leidenschaft Mutzkes und Niedeckens, die ihre Songs gern mit ein paar Anekdoten von Road Trips, Liebesbeziehungen und Erlebnissen mit den eigenen Kindern schmücken, läuft längst nicht alles rund. Zwar hat ersterer mit Pianist Mike Herting, Gitarrist Bruno Müller, Perkussionist Rhani Krija, Bassist Claus Fischer und dem herausragenden jungen Jazz-Trompeter Jakob Bänsch eine All-Stars-Band zusammengestellt – doch die fehlende Probenzeit des Quintetts macht sich bemerkbar. Vor allem Fischer ist mitunter sehr träge, bremst Herting aus und sorgt dadurch für Irritationen; an anderer Stelle überrascht Krija mit einer drastischen, kompromisslosen Anhebung des Tempos. Angesichts des hohen Niveaus der Band wirken derartige Unstimmigkeiten erst recht unnötig. Immerhin scheinen sie das Publikum nicht zu stören, das alle Beteiligten erneut mit tosendem Applaus und stehenden Ovationen beschenkt.

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