Experten geben Rat: Wie sich Autofahrer im Fall eines Wildunfalls verhalten sollten
Mit der dunklen Jahreszeit kommt auch das Wild: Wie sich Autofahrer im 
Fall eines Unfalls verhalten sollten
Reh in der Abenddämmerung
Werden die Tage kürzer und die Sichtverhältnisse schlechter, kommt es vermehrt zu Wildunfällen. Foto: Robin Loznak/picture alliance/dpa/ZUMA Wire
Robin Loznak. picture alliance/dpa/ZUMA Wire

Es ist das Horrorszenario jedes Autofahrers: Ein verregneter Herbstabend, nasses Laub auf der Fahrbahn, eine lange Gerade, und plötzlich schießt etwas Großes über die Straße. Ein Wildschwein, ein Reh – oft reicht der Bremsweg nicht mehr aus, und es kracht.

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Durchschnittlich alle zweieinhalb Minuten kollidiert in Deutschland ein Reh, ein Wildschwein oder ein Hirsch mit einem Fahrzeug. Die Folge: jährlich Dutzende Tote, Tausende Verletzte und eine halbe Milliarde Euro an Schadensfällen. „Die Gefahr, in einen Wildunfall verwickelt zu werden, ist jetzt, zu dieser Jahreszeit, besonders hoch“, weiß Christian Schmitt, Abteilungsleiter Mobilität und Umwelt beim ADAC Mittelrhein. Denn in den kommenden Wochen und insbesondere nach der Zeitumstellung Ende Oktober verschiebt sich der Pendelverkehr in die Zeit der Dämmerung. Zudem sind Wildtiere häufiger unterwegs, weil sie in Erwartung der langen Wintermonate auf Nahrungssuche sind.

Unfallstelle umgehend sichern

Die Unfallzahlen in der Region sind dabei seit Jahren gleichbleibend. So gab es im Bereich der Polizeiinspektion Bad Neuenahr-Ahrweiler im Jahr 2024 bisher 115 registrierte Wildunfälle. 2022 waren es 105, und 2023 nahmen die Beamten 116 Vorfälle auf.

Oft genug ist viel Glück im Spiel, und es kommt nur zu einer Beinahekollision. Aber wie verhält man sich als Autofahrer bei einem Wildunfall? Christian Mildenberger von der Kreisgruppe Ahrweiler im Landesjagdverband Rheinland-Pfalz erklärt: „Nach einem Wildunfall sollte die Unfallstelle umgehend gesichert werden, um weitere Unfälle zu vermeiden. Bei Personenschäden ist selbstverständlich Hilfe zu leisten und ein Notruf abzugeben. Im Übrigen sollte die Polizei zur Unfallaufnahme verständigt werden; diese informiert auch den zuständigen Jagdpächter und stellt eine Bescheinigung für die Versicherung aus.“

So können Sie sich vor Wildunfällen schützen
Das rät die Kreisgruppe Ahrweiler im Landesjagdverband Rheinland-Pfalz, um Wildunfällen vorzubeugen:

Reduzierte Geschwindigkeit entlang unübersichtlicher Wald- und Feldränder einhalten.

Besonders gefährlich sind neue Straßen durch Waldgebiete, da das Wild seine gewohnten Wege beibehält.

Die größte Gefahr droht in der Morgen- und Abenddämmerung, bei Nacht und bei Nebel auf den Straßen.

Tier am Straßenrand: abblenden, hupen, bremsen. Lenkrad festhalten, keine unkontrollierten Ausweichmanöver.

Ein Tier kommt selten allein – Autofahrer sollen stets mit Nachzüglern rechnen. mmi

Den Umgang mit dem verletzten Tier sollte man unbedingt den Profis überlassen, rät der Jäger. So dürfe das verunfallte Tier nicht angefasst werden. Zudem mache sich der Wilderei strafbar, wer das angefahrene Wild einfach mitnehme. „Einem geflüchteten Tier darf nicht gefolgt werden, die Fluchtrichtung sollte der Polizei bzw. dem Jäger mitgeteilt werden. So kann der Jäger – gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines spezialisierten Hundeführers – das verletze Tier leichter finden“, erklärt Mildenberger weiter. Viele Autofahrer unterlägen aber dem Irrtum, dass ein Wildtier nach einem Zusammenstoß unverletzt geflüchtet sei. „Regelmäßig haben die Tiere, insbesondere Rehe, schwere Verletzungen davongetragen. Auch in diesem Fall sollte daher unbedingt der Jagdpächter informiert werden und Informationen zum Standort und der Fluchtrichtung geteilt werden“, so der Jäger weiter.

Ganz vermeiden lassen sich Wildunfälle auch bei größter Vorsicht kaum. Christian Mildenberger erklärt aus Sicht der Jägerschaft, warum dies so ist: „Für die Verhütung von Wildunfällen stehen der Jägerschaft faktisch kaum Möglichkeiten zur Verfügung. Wir haben keinen Einfluss auf das Verkehrsverhalten oder die baulichen Gegebenheiten, die ausschlaggebend für Wildunfälle sind.“

Wildwarnreflektoren mancherorts im Einsatz

Zur Unfallprävention kommen mancherorts Wildwarnreflektoren zum Einsatz, die das Scheinwerferlicht streuen und Tiere von der Straße fernhalten sollen. Die Wirksamkeit dieser Reflektoren werde zwar teilweise angezweifelt, in der Praxis haben sie sich nach den Erfahrungen des Landesjagdverbandes Rheinland-Pfalz bewährt, so Mildenberger. Blau sei eine Schreckfarbe für die Tiere, da sie in der Natur praktisch nicht vorkomme und von den Tieren sofort als fremdartig wahrgenommen werde.

Zudem spiele die halbrunde Form des Reflektors eine große Rolle bei der Abschreckung der Tiere, heißt es vonseiten des Landesjagdverbands. Doch wichtiger noch als alle Vorsichtsmaßnahmen am Straßenrand sind gerade jetzt eine vorausschauende und langsamere Fahrweise. Christian Schmitt vom ADAC hierzu: „Wer an kritischen Stellen statt mit 80 mit 60 km/h unterwegs ist, verkürzt seinen Bremsweg um rund 20 Meter.“

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