Warum die Verteidigung die Generalstaatsanwaltschaft Köln eingeschaltet hat
Missbrauchsprozess am Landgericht Koblenz: Anzeige gegen Richterin gestellt
Landgericht Koblenz
Am Landgericht Koblenz muss sich ein 42-Jähriger wegen schweren Missbrauchs eines Kindes verantworten.
Sascha Ditscher

In dem Prozess am Landgericht Koblenz gegen einen 42-Jährigen, der im Kreis Ahrweiler sein Stiefkind sexuell missbraucht haben soll, hatte Verteidiger Christian O'Day für den folgenden Verhandlungstag ursprünglich eine vollumfängliche Einlassung zum Tatvorfall seines Mandanten angekündigt (die RZ berichtete). Doch es kam ganz anders.

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Und jetzt stellt sich sogar die Frage, ob die Zwölfte Strafkammer in dieser Form überhaupt weitermachen kann. Grund sind Anträge von O'Day. Wie er informierte, hat die Verteidigung bei der Generalstaatsanwaltschaft Köln eine Strafanzeige gegen die Vorsitzende Richterin Annegret Werner erstattet wegen des Verdachts der öffentlichen Zugänglichmachung von Kinderpornografie. Sein Mandant habe Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Richterin, hieß es in O'Days Antrag.

Sicherungsverwahrung steht im Raum

Hintergrund: Der ursprüngliche Prozess gegen den Angeklagten hatte eigentlich schon im Frühjahr begonnen. Allerdings waren damals die Unterlagen nicht komplett. Durch die abgelaufene Frist musste er jetzt komplett neu aufgerollt werden. Das geschah im Unterschied zu der zuvor kleinen Besetzung nun vor der Großen Strafkammer. Für den 42-Jährigen geht es um viel: Im Raum steht Sicherungsverwahrung.

Die Kammer um die Vorsitzende Richterin Annegret Werner hatte bereits im März kinderpornografisches Bildmaterial, das vom Telefon des Angeklagten stammt, in Augenschein genommen – „nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit“, wie O'Day in seinem Antrag verlas. Auch am ersten Prozesstag der Neuauflage ging es erneut um die Fotos. Bevor sie gezeigt worden sind, hatte der Staatsanwalt zu bedenken gegeben, die Öffentlichkeit auszuschließen. Die Vorsitzende Richterin erinnerte daraufhin daran, dass man es beim ersten Mal auch so gemacht habe. Diese Vorgehensweise hatte der Staatsanwalt als falsch bezeichnet. Im Anschluss wurde dann Nichtöffentlichkeit per Kammerbeschluss hergestellt.

Audivisuelle Vernehmung einer Zeugin

Einen weiteren Antrag stellte der Verteidiger, weil die Kammer eine audiovisuelle Vernehmung einer Zeugin zugelassen hat. Zur Begründung dafür hieß es seitens der Vorsitzenden Richterin, dass Gefahr für das seelische Wohl der Frau bestehe, die dem 42-Jährigen eine sexuelle Handlung an ihr in ihrer Jugend vorwirft. Aber auch diese Entscheidung der Kammer kann O'Day nicht nachvollziehen. „Eine Gefahr besteht aus Sicht der Verteidigung nicht“, las er aus seinem Antrag vor, in dem unter anderem auch bemängelt wird, dass kein ärztliches Attest mit einer näheren Diagnose vorliege. Die Kammer sei offensichtlich nicht gewillt, Konfrontationsrecht zu gewähren. Auch das sei nicht im Einklang mit der Unbefangenheit, so der Verteidiger.

Die heute 37-Jährige wurde dennoch audiovisuell vernommen. Vor rund 23 Jahren soll der Angeklagte die damals 14-Jährige in die Wohnung seiner damaligen schwangeren Freundin zu einer Cola eingeladen und sie bedrängt haben. Sie konnte sich, wie sie schilderte, allerdings lösen und flüchten, als er unters Bett gegriffen und nach Kondomen gesucht haben soll. Auch die ehemalige Freundin des 42-Jährigen hatte die Kammer als Zeugin geladen. Allerdings deckten sich ihre Aussagen kaum mit denen der 37-Jährigen. So berichtete sie beispielsweise auf Nachfrage von O'Day, dass sie einen Bettkasten gehabt habe, sodass man nicht unter das Bett habe fassen können. Auch die Aussage der 37-Jährigen, dass die Couch dermaßen mit Wäsche bedeckt gewesen sein soll, dass man sich dort nicht habe hinsetzen können, stellte sich bei dem, was die zweite Zeugin zu Protokoll gab, anders dar: „So viel Wäsche hatte ich nicht.“ Der Prozess wird fortgesetzt.

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