Martin Schiffarth, Regionalleiter Medizin West bei der ADAC-Luftrettung, Ärztlicher Leiter des Notarztstandortes Adenau und Leitender Notarzt im Kreis Ahrweiler, stellte das Projekt während der jüngsten Verbandsgemeinderatssitzung vor. „Die Zahl der Notfälle, die nicht lebensbedrohlich sind, nimmt zu“, leitete Schiffarth die Ausführung zur Akut-Ambulanz ein und betonte: „Viele Patienten müssen nicht ausgeflogen werden in Krankenhäuser, sie können viel besser am Boden versorgt werden.“
Erfahrene Notärzte stellen Diagnosen
Anders als aktuell sollten im Rahmen dieses angedachten Versorgungsmodells nicht mehr Berufsanfänger als eingesetzte Notärzte die Eingangsdiagnosen stellen und damit entscheiden, auf welche Weise Notfallpatienten versorgt werden, sondern erfahrene Notärzte. „Auf diese Weise könnte sichergestellt werden, dass alle Notfälle auf die bestmögliche Weise versorgt werden“, so Schiffarth weiter.
Nach der Schließung des Krankenhauses St. Josef in Adenau im März 2023 geht es nun endlich mit dem medizinischen Versorgungskonzept in der Verbandsgemeinde voran: Ein Ansatz ist gefunden. Klar ist: Es braucht ärztliche Anlaufstellen für die wohnortnahe Betreuung.Nach Aus für das Krankenhaus: So könnte das medizinische Versorgungskonzept für die VG Adenau aussehen
Insbesondere die notfallmedizinische Versorgung von älteren Menschen hat Schiffarth bei dem Projekt Akut-Ambulanz im Blick. Denn gerade für ältere Menschen sei ein Transport mit dem Helikopter und in eine fremde Umgebung oftmals mit Stress verbunden. Eine wohnortnahe Versorgung dieser Patientengruppe sei daher zu bevorzugen.
Konzept der Briten als Vorbild
Vorbild, um eine derartige notfallmedizinische, wohnortnahe Versorgung auch in der VG Adenau zu realisieren, ist für Schiffarth ein britisches Versorgungskonzept, welches sich auf die Versorgung von älteren Menschen möglichst im eigenen Zuhause spezialisiert hat. Rund 70 Prozent der älteren Notfallpatienten können laut Schiffarth daheim versorgt werden. „Möglich ist dies, weil dort nicht nur Notärzte im Einsatz sind, sondern auch rollende Labore, mittels derer notwendige Untersuchungen mobil und damit am Wohnort vorgenommen werden können“, führte er aus. In welchem Umfang sich das britische Versorgungsmodell auch in der VG Adenau im Rahmen einer Akut-Ambulanz umsetzen lässt, blieb bis zum Ende der Ratssitzung offen.
Rettungshubschrauber der ADAC Luftrettung flogen 2023 etwas weniger Einsätze als im Vorjahr. In Rheinland-Pfalz hoben die Flieger im vergangenen Jahr dabei 8.761 Mal ab, nur in Bayern wurden mehr Einsätze geflogen.Einsatzbilanz der ADAC-Rettungshubschrauber: Koblenzer Luftrettung führt Statistik an
Von den anwesenden Ratsmitgliedern und von VG-Bürgermeister Guido Nisius wurde das Projekt als möglicher Baustein eines künftigen Versorgungskonzepts gleichermaßen begrüßt. So sprach sich Torsten Raths, Fraktionsvorsitzender des CDU-Gemeindeverbands Adenau, etwa im Namen seiner Partei für die Einrichtung einer Akut-Ambulanz aus, betonte jedoch auch, die Umsetzung des Vorhabens, welches nach ersten Kostenschätzungen durch die Projektverantwortlichen bei 3 bis 4,5 Millionen Euro liegt, sei ein Mammutprojekt.
Umsetzung dauert wohl noch Jahre
VG-Bürgermeister Guido Nisius betonte: „Wir müssen uns von der Idee, dass wir einen Ersatz für ein vollwertiges Krankenhaus bekommen, verabschieden.“ Auch sei es noch ein langer Weg, bis die medizinische Versorgung in der VG Adenau vollumfänglich gesichert ist. Dennoch gebe es mit dem Projekt des ADAC und dem vorgestellten Sachstandsbericht bereits ein „Licht am Ende des Tunnels“.
Seit 50 Jahren besteht die Luftrettung am Bundwehrzentralkrankenhaus in Koblenz, seit 1999 in gemeinsamer Trägerschaft von ADAC und Bundeswehr. Die erste zivilmilitärische Zusammenarbeit dieser Art hat sich bewährt.50 Jahre Luftrettung: Koblenz ist eine Erfolgsgeschichte
Gleichzeitig wies Nisius darauf hin, dass vor einer Realisierung der Akut-Ambulanz langwierige Genehmigungs- und Finanzierungsprozesse mit Ministerien von Bund und Land, Kassen und Kostenträgern stünden. Dennoch hindere dieser Umstand die VG nicht daran, gemeinsam mit der Stadt Adenau bereits jetzt Sondierungsgespräche hinsichtlich möglicher Flächen und Gebäude für die Errichtung einer Akut-Ambulanz zu führen, denn, so Nisius, „dann sind wir vorbereitet, wenn das Konzept zum Pilotprojekt des ADAC endgültig steht.“