Knapp ein Jahrhundert lang war das villenähnliche Gebäude in der Kripper Rheinallee 31 in Familienbesitz der Diedenhofens. „Nach 99 Jahren ist nun Schluss“, bedauert Hans Diedenhofen, der dort am Rheinkilometer 630 mit seiner Ehefrau Ursula sein biozertifiziertes Restaurant Kripper Weinkontor bis zur Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021 betrieben hatte. „Das verheerende Ereignis war für uns nach den vielen Rheinhochwässern, mit denen wir gelebt haben, mit ausschlaggebend, dass wir unsere Zelte abbrechen“, erklärt Hans Diedenhofen.
Folgen der Flutkatastrophe waren nicht zu begreifen
Nach dem großen Rheinhochwasser 1993 hatte das Ehepaar das denkmalwürdige Gebäude im Stil der auslaufenden Rheinromantik kernsaniert und zog von seinem Arbeitsort Köln im Ruhestand an den Rhein in das Elternhaus Hans Diedenhofens, um dort 1999 das Restaurant zu eröffnen, welches illustre Gäste anzog. „Wenn ich unseren Besuchern erklärt habe, wie sich hier das Rheinhochwasser auswirkt und warum ich hier eine mobile Hochwasserschutzwand und ein Boot angeschafft hatte, so konnten sie sich das alle nicht vorstellen, was ich vor der Katastrophe im Ahrtal gar nicht so richtig verstanden hatte“, sagt Diedenhofen.
Als er jedoch nach der Flutkatastrophe dem befreundeten Weingut Kriechel an der Ahr mit Equipment ausgeholfen hatte, wusste er, was es bedeutet, etwas nicht begreifen zu können. Ursprünglich hatte er vor, dort ein Hochwasser-Informationszentrum zur Dokumentation, Beratung und Prävention zu errichten. „Doch der hierzu gegründete Verein befindet sich in der Auflösung“, erklärt Diedenhofen. Nun hat sich das Ehepaar entschlossen, das Haus mit seinem 6000 Quadratmeter großen Areal der Stiftung Liebenau-Gesellschaft zu überantworten. „Wir haben da vertraglich einen guten Weg gefunden“, so Diedenhofen.
Das Haus hat eine lange Geschichte
Wenn Hans Diedenhofen nun Abschied von dem geschichtsträchtigen Haus nimmt, in dem er seine Kindheit verbrachte, dann fällt ihm das nicht leicht. Bevor er es am Freitag, 23. Mai, um 10.30 Uhr im Rahmen einer Feierstunde in die Hände der Liebenau-Gesellschaft gibt, ist es für ihn Zeit, zurückzublicken. Eine in die Jahre gekommene Bauakte vermerkt, dass das Gebäude, das von einem Kripper Handwerker erbaut worden war, im Jahr 1899 von dem Privatier Karl Thomas gekauft wurde. Um die Jahrhundertwende wurde dort eine Kalkbrennerei untergebracht. Die Überreste der Öfen existieren noch, wie ein Blick in den großen zugemauerten Gewölbekeller zeigt.
Im Jahr 1926 erwarb Gustav Diedenhofen, der Stiefvater von Hans Diedenhofen das Gebäude samt Areal. „Gustav Diedenhofen war Mitbegründer der Nerother Wandervögel, einem Jungbund, der der historischen Jugendbewegung entstammt und der unter dem Druck des NS-Regimes aufgelöst wurde. „Die SS hatte den hier verorteten Ableger der Wandervögel bei ihrem Pfingsttreffen 1934 im Remagener Calmuthtal gestellt, die sich dann in dieses Gebäude geflüchtet und aufgelöst haben“, erzählt Diedenhofen. Die meisten der Gruppe hätten sich nach Südafrika abgesetzt, während sein Stiefvater in der Zeit von 1939 bis 1942 zum Wachbataillon der Brücke von Remagen gehörte. „Zu seiner Zeit wurde auch der Vormarsch der deutschen Truppen nach Frankreich über den Rhein organisiert, er hatte sich als Verbindung extra eine Feldleitung von der Brücke hier bis ins Haus legen lassen“, erinnert sich Diedenhofen. Während der Stiefvater von 1943 bis Kriegsende zum Generalstab nach Germersheim versetzt wurde, lebte Hans Diedenhofen mit Mutter und Schwester sowie zwei weiteren Familien.
Wie es mit dem Gebäude weitergeht, ist noch unklar
Nun haben sich Ursula und Hans Diedenhofen häuslich anderweitig orientiert, und ihr ehemaliges Zuhause wird einer anderen Bestimmung zugeführt. Welcher, das bleibt noch abzuwarten. Im Jahr 1870 initiiert, ist die Stiftung Liebenau laut ihrem Selbstverständnis eine kirchliche Stiftung privaten Rechts mit rund 50 Tochtergesellschaften, Beteiligungen verschiedener Art und mehreren selbstständigen Stiftungen und tätig in Deutschland, Österreich, Italien, Bulgarien, der Schweiz und der Slowakei.