Ohne finanzielle und organisatorische Stützen könnte es bald still werden: Landes- und Kreismusikverband schlagen Alarm
Kreismusikverband warnt vor Wegbrechen alter Strukturen: Weil Musizieren kein Luxus ist
Ein harmonisch und melodisch stimmiges Fest dank der passenden Musik: Unser Foto entstand beim Dernauer Martinsmarkt 2018. Foto: Vollrath
Hans-Jürgen Vollrath

Kreis Ahrweiler. Martinszug ohne Kapelle? Vereinsfeste ohne Blasmusik? Für viele undenkbar! Oder doch, und das sogar noch nach Corona? Dieses Bild zeichnet Christoph Schnitker, Vorsitzender des Kreismusikverbandes Ahrweiler. Der Remagener macht sich große Sorgen um die Musikkultur außerhalb von Verbandsstrukturen: Über Jahrzehnte aufgebaute Gefüge drohen wegzubrechen.

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Eher wie die zweite Geige im gesellschaftlichen Leben behandelt, so fühlen sich Vertreter von Landes- sowie des Kreismusikverband. „Man hat den Eindruck, als ob Musik so ‚nice to have‘ ist. Aber mehr auch nicht“, sagt Schnitker. Doch wenn man die Lebenskultur im Kreis Ahrweiler sehe, dann sei diese schon immer von vielen Festen und Feiern geprägt gewesen. Das mache den AW-Kreis auch so liebenswert. Von Kirche bis zu weltlichen Festen sei sie ein zentrales Element. „Man lernt erst dann etwas zu schätzen, wenn man es nicht mehr hat“, zeigt der Dirigent auf.

Der Kreismusikverband vertritt Mitgliedsvereine von Blasmusik bis Spielmannswesen aus der Region. 950 Aktive zählen diese Vereine. Dafür ist der Verband eine übergeordnete Instanz, die die Interessen der Musiker vertreten kann. Schwerpunkte nach innen sind zudem die Fort- und Weiterbildung sowie die Unterstützung bei der Jugendarbeit.

Weil die Corona-Pandemie gravierende Auswirkungen auf die Vereine habe, sei Unterstützung so wichtig wie vielleicht noch nie: Nach dem ersten Lockdown seien viele Vereine froh gewesen, dass man draußen proben konnte. Doch seien diese nie wieder zurück in den Bereich der Innenproben gekommen, denn die Inzidenzwerte und Weisungen gaben dies nicht her. Nahezu sämtliche Auftritte fielen weg und so auch wesentliche Einnahmequellen. Deshalb mussten auch Ausgaben reduziert werden. „Das kommt bei manchen Vereinen einem Winterschlaf gleich.“ Da wurden dann eben Dirigentengehälter oder die Wartung von Instrumenten zurückgeschraubt. „Die Kosten kommen aber wann anders wieder“, ist sich Schnitker sicher.

Generell ist die musikalische Zukunft ein unbekanntes Land: Viele Experten gehen davon aus, dass rund 10 bis 15 Prozent aller Musikvereinen als unmittelbare Auswirkung der Coronakrise das Vereinssterben droht, in den nächsten zehn Jahren sogar mittelbar bis zu 30 Prozent.

Und glaubt man Schnitker, dann wird es auch nach Corona eine Anlaufphase brauchen, bis die Musikvereine wieder in Gang kommen. Bei Veranstaltern seien diese oft erst am Ende der Kette relevant. „Es ist die Frage, wie lange es dauert, alles wieder hochzufahren.“ Auch für Veranstalter sei es dann eine finanzielle Abwägung. Nach einer ersten Phase der Bewältigung könnten laut ihm Jahre vergehen, bis die Musik wieder ihren festen Platz gefunden hätte. „Wir haben noch eine große Strecke des Marathons vor uns.“

Damit die zahlreichen Musiker aus der Region diesen langen Weg nicht allein gehen müssen, steht der Kreismusikverband mit Rat und Tat zur Seite: „Seit Beginn der Pandemie haben wir inzwischen beispielsweise fast 120 Rundmails an unsere Mitgliedsvereine verschickt, in denen wir sie top-aktuell über die neusten Entwicklungen informiert haben.“ Weiterhin habe man ihnen Muster von Hygienekonzepten zur Verfügung gestellt und in Webinaren und Videokonferenzen Modelle entwickelt, wie ein Neuanfang nach dem Lockdown möglich sein kann. Mit diesem Rückenwind ausgestattet, haben einige Vereine mittlerweile sogar wieder ihre Probenarbeit im digitalen Format aufnehmen können.

Mehr Infos und Kontakt zum Kreismusikverband im Internet unter www.kmv-ahrweiler.de

Von unserem Redakteur Nicolaj Meyer

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