Ortsbeiräte Franken und Löhndorf geben eindeutiges Votum über Pläne für den Harterscheid ab
Klares Votum der Ortsbeiräte: Widerstand gegen Windräder in Sinzig
In Sinzig gibt es derzeit Pläne für den Bau von Windenergieanlagen auf dem Harterscheid. Aber es entwickelt sich schon jetzt Widerstand. Foto: dpa/Berg
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Sinzig. „Keine Windräder, Hände weg vom Harterscheid und den Privatwäldern.“ Dieser Auffassung von Hans-Werner Adams (CDU), der sich seit langen Jahren für Umwelt- und Naturschutz und den Einsatz von Solarenergie starkmacht, folgten jetzt die beiden Ortsbeiräte von Sinzigs am meisten von den Plänen betroffenen Ortsteilen Franken und Löhndorf mit einem einstimmigen Votum: Sie fordern die Stadtverwaltung auf, das Projekt, Windkrafträder im mehr als 120 Jahre alten Stadtwald zu errichten, nicht weiterzuverfolgen. Pro Windrad müssten fünf Hektar Wald gerodet werden. Geplant sind wohl vorerst fünf plus weitere auf Privatwaldgrundstücken.

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Nach den Ausführungen von Adams zogen die Mitglieder das Fazit, dass ein solches Vorhaben in keinem Verhältnis zum Nutzen steht und einen starken Eingriff in die Natur darstellt. Darüber hinaus führte Löhndorfs Ortsvorsteher Volker Holy an, dass durch die Nähe der Autobahn, Hochspannung der Stromtrasse, Flugschneise des Kölner Flughafens und das Ultranet die Anwohner schon genug gebeutelt würden und nach einer Genehmigung der Windräder weitere Kommunen, etwa Bad Neuenahr-Ahrweiler und Königsfeld, Anträge stellen könnten und sich dann Windindustrieanlagen von der Waldzunge Harterscheid wie eine Perlenkette bis nach Kesseling ziehen würden.

Die Sitzung erfolgte unter Teilnahme aller Mitglieder beider Ortsbeiräte per Zoom-Konferenz mit rund 50 Zuschauern. „Noch vor einiger Zeit hatten die Grünen im Rahmen des Forstwirtschaftsplans im Hauptausschuss gefordert, den Wald unangetastet zu lassen und keinen einzigen Baum mehr zu fällen. Und nun das, wie der Wind sich dreht eben“, entrüstete sich Frankens Ortsvorsteher Hans-Jürgen Koffer im Vorfeld der Sitzung gegenüber der RZ. Die Windkraftunternehmer hätten schon unterschriebene Verträge von Privatwaldbesitzern. Gerade erst hatten Bündnis 90/Die Grünen in einer Pressemitteilung angeregt, alle Argumente offen zu diskutieren (die RZ berichtete).

In seinen Ausführungen nannte Hans-Werner Adams als ausschlaggebenden Grund für sein Handeln die vergangenen drei gravierenden Dürrejahre, die auch bei seinen Streuobstwiesen zu Rindenbrand, einer Pilzkrankheit, die durch große Trockenheit hervorgerufen wird, geführt haben. „Es wäre unverantwortlich, unter diesen trockenen Bedingungen auch noch Bäume für Windräder zu fällen“, so Adams. Die Region rund um den Harterscheid sei mit einem durchschnittlichen Niederschlag von 600 Litern pro Jahr und Quadratmeter sowieso schon ein sehr regenarmes Gebiet. Die persönlichen Regenmessungen von Adams zwischen den Jahren 2018 und 2020 hätten eine rückläufige Entwicklung gezeigt. „Ein Wald benötigt aber mindestens 600 Liter Regen pro Quadratmeter im Jahr, das heißt, wir fahren in unserem Gebiet jetzt schon klimatisch auf Kante“, meinte er.

Da in hiesigen Breiten über das Jahr vorrangig eine südwestliche bis westliche Windströmung vorherrsche, wirkten die Windräder, die dann wie eine Perlenkette vom Vinxtbachtal bis Löhndorf aufgereiht wären, wie ein Vorhang, der den Regen abhält. „Das führt zu einer verstärkten Trockenheit im gesamten Stadtgebiet von Sinzig und gefährdet langfristig die Trinkwasserversorgung von 33.000 Menschen“, warnte Adams. Zumal die Niederschlagskarten in Rheinland-Pfalz eindeutig zeigten, dass überall da, wo zusammenhängende Waldgebiete liegen, auch mehr Niederschlag falle. Er erinnerte zudem daran, dass vor etwa drei Jahren 2500 Laubbäume als Ausgleichsmaßnahme für den abgeholzten Wald auf dem Scheid in Niederzissen angepflanzt wurden, die Setzlinge seien aber mittlerweile fast alle vertrocknet. Adams führte darüber hinaus mit Geräuschemissionen, gesundheitlichen Gefährdungen und Verspargelung des Landschaftsbilds weitere Problemfelder an. Und er gab zu bedenken, dass im durch Windräder verspargelten Hunsrück die Grünen in keinem Kommunalparlament mehr vertreten seien. Adams zitiert den weltbekannten Förster Peter Wohlleben aus Hümmel im Kreis Ahrweiler, der via Facebook einen eindeutigen Standpunkt gegen Windindustrieanlagen im Wald vertritt.

Im Sinn des Klimaschutzes, aber auch als Einnahmequelle arbeitet Hans-Werner Adams derzeit auch innerhalb der Klimaschutzprojektgruppe Sinzigs an Alternativen zu Windrädern. So etwa an der Idee, Strombojen zur Stromerzeugung im Rhein einzusetzen. Geprüft werden sollen demnach ebenfalls die Möglichkeit von Fotovoltaik unter den Hochspannungsmasten im Harterscheid, der Aufbau eines Nahwärmenetzes als zentrale Energieversorgung des Sinziger Schulzentrums sowie der Einsatz regenerativer Energien am Klärwerk des Abwasserzweckverbands Untere Ahr mit dem Ziel, dies zu einem Kraftwerk auszubauen. Zudem sollen laut Adams die städtischen Dachflächen einer Energiegenossenschaft für die Installation von Fotovoltaik angeboten werden. Auch wäre als gute Geldquelle eine CO2-Zertifizierung des Stadtwalds zu nennen. Er regte an, sich mit Tiny-Forrest-Planungen zu beschäftigen. Dabei handelt es sich um kleine, schnell wachsende und bewusst platzierte Wildniszonen. Adams forderte dazu auf, sich an der Vereinsarbeit im Solarverein Goldene Meile unter dem Motto „Macht die Dächer mit Fotovoltaik voll“ zu beteiligen.

Von unserer Mitarbeiterin Judith Schumacher

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