Mögliche Rechtsfolgen im Fokus
Keine Jahresabschlüsse: Was droht der VG Adenau?
Über 200 Jahresabschlüsse sind in der Verbandsgemeinde Adenau noch offen. Sollte sich am Bearbeitungsstand nichts ändern, könnten Rechtsfolgen drohen.
Monika Skolimowska. dpa

In der Verbandsgemeinde Adenau sind noch etliche Jahresabschlüsse offen. Doch was bedeutet dies für die Kommune? Unsere Zeitung hat sich zu möglichen Rechtsfolgen umgehört. 

Die Liste der noch unerledigten Jahresabschlüsse ist in der Verbandsgemeinde (VG) Adenau lang. Insgesamt 274 Auflistungen über kommunale Einnahmen und Ausgaben sind derzeit noch offen. Doch was passiert eigentlich, wenn eine Kommune keine Jahresabschlüsse vorlegt? Drohen Abmahnungen oder gar Zwangsgelder? Ist eine Kommune dann eigentlich noch handlungsfähig, darf sie etwa einen neuen Haushalt beschließen oder droht ihr eine Art Zwangsverwaltung durch den Landesrechnungshof?

Diese und weitere Fragen dürften dem einen oder anderen beim Lesen der Nachricht über die noch zu erledigenden Jahresabschlüsse in der VG Adenau im Kopf herumgeschwirrt sein. Zeit, einmal gemeinsam einen Blick ins Kommunalrecht – und hier insbesondere in die Paragrafen der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung – zu werfen.

Jahresabschluss muss binnen sechs Monaten aufgestellt werden

Grundsätzlich hat eine Kommune binnen sechs Monaten nach Ende eines Haushaltsjahres einen Jahresabschluss aufzustellen. Dieser besteht in der Hauptsache aus einer Ergebnis- und Finanzrechnung sowie einer Teilrechnung und einer Bilanz.

Wie die VG Adenau jüngst selbst bekannt gab, stammt der letzte Jahresabschluss der VG aus dem Jahr 2020, der letzte Abschluss der Stadt Adenau erfolgte für das Haushaltsjahr 2019. Während der jüngsten Sitzung des VG-Rates hatten sich die Ratsmitglieder einstimmig für die Schaffung einer zusätzlichen Personalstelle ausgesprochen, die gemeinsam mit einer weiteren Fachkraft diesen Bearbeitungsrückstand schnellstmöglich abarbeiten soll. Bis alle derzeit ausstehenden Jahresabschlüsse abgearbeitet sind, wird es nach Einschätzung der Verantwortlichen rund vier Jahre dauern.

Was bedeutet dies für die VG, die Stadt Adenau und die 36 Ortsgemeinden? Sind sie in den kommenden vier Jahren überhaupt handlungsfähig? Und kostet sie die verzögerte Erstellung ihrer Jahresabschlüsse am Ende noch zusätzliches Geld? Auch hier findet sich die Antwort in der Gemeindeordnung sowie in der Landeshaushaltsordnung. Der rheinland-pfälzische Landesrechnungshof und die Kreisverwaltung Ahrweiler haben auf diese Frage eine einfache Antwort. „Die Verfristung ist rechtswidrig“, teilten beide auf Anfrage unserer Zeitung mit. Der Landesrechnungshof führte darüber hinaus aus, dass ein Gemeinderat nach § 114 Absatz 1 Satz 1 der Gemeindeordnung über die Feststellung des geprüften Jahresabschlusses bis spätestens 31. Dezember des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres zu beschließen habe. Würden diese verbindlichen Fristen überschritten, handele die Gemeinde rechtswidrig.

Auch weist der Landesrechnungshof darauf hin, dass jahrelange Rückstände bei den Jahresabschlüssen auch zu Rechtsverstößen bei der Haushaltsplanung führten. „Nach § 1 Absatz 2 Satz 1 Gemeindehaushaltsverordnung sind in den Haushalten auch die Ergebnisse des Haushaltsvorvorjahres auszuweisen. Schließlich hat das Statistische Landesamt nach dem Finanz- und Personalstatistikgesetz künftig bei den Kommunen eine jährliche Erhebung der Aktiva und Passiva (Bilanz) sowie der Erträge und Aufwendungen (Ergebnisrechnung) durchzuführen. Die Erhebung erfolgt erstmals im Haushaltsjahr 2026 für das Jahr 2025. Jahrelange Rückstände bei den kommunalen Jahresabschlüssen gefährden auch hier den ordnungsgemäßen Gesetzesvollzug“, heißt es von den Juristen begründend weiter.

Kommunalaufsicht kann im Ernstfall für Kommune handeln

Doch was passiert, wenn eine Gemeinde trotz Hinweis auf die Rechtswidrigkeit nicht fristgemäß ihre Jahresabschlüsse vorlegt? Auch auf diese Frage hat der Landesrechnungshof eine Antwort und verweist sogleich auf die Landeshaushalts- und die Gemeindeordnung. Nach diesen obliegt es der Kommunalaufsicht, die notwendigen Folgerungen aus den Prüfungsergebnissen des Rechnungshofs zu ziehen. „Erfüllt nach Maßgabe dieser Prüfungsergebnisse eine Gemeinde die ihr gesetzlich obliegenden Pflichten, etwa zur fristgerechten Auf- und Feststellung des Jahresabschlusses, nicht, kann die Kommunalaufsicht anordnen, dass die Gemeinde innerhalb einer bestimmten Frist das Erforderliche veranlasst. Missachtet die Gemeinde eine solche Anordnung, kann die Kommunalaufsicht erforderliche Maßnahmen anstelle und auf Kosten der Gemeinde selbst durchführen oder die Durchführung einem Dritten übertragen“, so die Ausführungen des Landesrechnungshofs weiter.

Gleichzeitig betont er, dass bislang kein Fall bekannt sei, bei dem eine rheinland-pfälzische Kommunalaufsicht im Fall von Fristüberschreitungen die ausstehenden Jahresabschlüsse selbst erstellt oder im Namen der Kommune habe erstellen lassen.

VG Adenau ist nicht die einzige Kommune, die zu spät dran ist

Bereits 2020 hat der Landesrechnungshof Sachsen-Anhalts festgestellt, dass die Kommunen in Sachsen-Anhalt seit 2013 einen Bearbeitungsrückstand haben. 1412 Jahresabschlüsse waren 2020 noch offen, 2024 waren es noch 1183. Der Landesrechnungshof Sachsen-Anhalts wies darauf hin, dass die Aufstellung der Jahresabschlüsse eine Pflichtaufgabe der Kommunen sei. Verstöße müssten Maßnahmen der Kommunalaufsicht (Versagung des Haushalts, Einsetzung eines Zwangsverwalters) nach sich ziehen. Ab der Haushaltssatzung 2025 werden die Kommunalaufsichtsbehörden Sachsen-Anhalts nun die Genehmigung genehmigungsbedürftiger Teile der Haushaltssatzung so lange zurückstellen, bis der prüffähige Jahresabschluss des Vorvorjahres vorliegt. Ähnliches gilt in Brandenburg: Ab 2026 dürfen Kommunalhaushalte erst genehmigt werden, wenn der Jahresabschluss für das vorvorvergangene Haushaltsjahr festgestellt und für das vorvergangene Haushaltsjahr aufgestellt ist. clv

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