Städtischer Haushalt verabschiedet - Höhere Kosten für Trinkwasser - Grundsteuer B steigt
Kein Weihnachtsgeschenk: Remagen bittet Bürger zur Kasse
Keine Geschenke aus dem Rathaus in Remagen: Das Leben in der Römerstadt wird im kommenden Jahr für die Bürger teurer.
Christian Koniecki

Die Stadt Remagen gerät erstmals seit vielen Jahren wieder in finanziell schwieriges Fahrwasser. Neben drohender Neuverschuldung im Haushaltsplan werden auch die Bürger zur Kasse gebeten.

Die rosigen Zeiten des Schuldenabbaus und der immer neuen Rekordeinnahmen aus Steuergeldern sind auch für Remagen vorbei. War es im laufenden Jahr noch gelungen, die bestehenden Altschulden auf knapp 9 Millionen Euro abzubauen, steht eine Zeitenwende bevor. Ab 2024 wird die Stadt nach dem am Montagabend mehrheitlich von Rat verabschiedeten Haushalt ihre Aufgaben und Investitionen nur mit der Aufnahme neuer Kredite finanziert bekommen: Gut 3,8 Millionen Euro wird sich Remagen für das bevorstehende Jahr von den Banken leihen müssen, 2025 könnten noch einmal knapp 9 Millionen Euro hinzukommen.

Laut den Prognosen könnte sich die Gesamtverschuldung der Stadt Remagen bis 2027 sogar auf 51 Millionen Euro aufsummieren. Die Remagener Bürger werden auch deshalb schon ab Januar deutlicher zur Kasse gebeten.

Rekordverschuldung droht

Angehoben wird laut Ratsbeschluss vom Montag unter anderem der Preis für das Trinkwasser: Der Grundpreis pro Wasseranschluss steigt um 50 Prozent, der Preis für jeden entnommenen Kubikmeter noch einmal um 50 Cent. Für einen durchschnittlichen Vier-Personen-Haushalt bedeutet das Mehrausgaben von etwa 75 Euro im Jahr, erläuterte auf Nachfrage Frank Bliss (Bündnis 90/Die Grünen), der als Ratsmitglied im Werkausschuss mit dem Thema betraut ist.

Die jährlich zu bezahlende Grundsteuer B für bebaute Wohngrundstücke wird ebenfalls in allen Remagener Stadtteilen steigen: Der Hebesatz zur Berechnung steigt von bislang 415 auf 465 Prozentpunkte. Das ist der Wert, den die Landesregierung als Vorgabe festgelegt hatte. Weil Remagen unter diesem Satz lag, war in diesem Jahr schon ein barrierefreier Umbau von Bushaltestellen geplatzt. Das Land verweigerte die Zahlung mit Verweis auf den zu geringen Grundsteuersatz.

Wir werden uns dem Druck des Landes beugen müssen.

Bürgermeister Björn Ingendahl (parteilos)

Da die Stadt jedoch für geplante Investitionen 2024 dringend auf weitere Fördergelder aus Mainz angewiesen ist, war man gezwungen, sich dem Druck zu beugen und nun doch die Landesvorgabe für die Grundsteuer B an die Bürger weiterzugeben, erläuterte Bürgermeister Björn Ingendahl (parteilos). Zudem beschloss der Rat mehrheitlich die Einführung einer Zweitwohnungssteuer für diejenigen, die in Remagen leben, aber dort nicht ihren Erstwohnsitz angemeldet haben sowie eine Anhebung bei den Friedhofsgebühren.

Hohe Personalkosten

In seiner Haushaltsrede bemühte sich Ingendahl, die Gründe für die drohende Rekordverschuldung zu rechtfertigen. So sei das Einsparpotenzial aus seiner Sicht gering. Etwa 85 Prozent der Ausgaben sind demnach Pflichtaufgaben, wie etwa für das Verwaltungspersonal (knapp 16 Millionen Euro) oder die Kreisumlage (etwa 10 Millionen Euro). Hinzu kommen dringend notwendige Investitionen, etwa für Kindergärten, Schulen oder die Renovierung des Rathauses: Rund 12,6 Millionen Euro steckt die Stadt 2024 in die Infrastruktur.

Ingendahl deutete aber auch an, dass es für die städtischen Finanzen möglicherweise noch viel schlimmer kommen könnte: Zahlreiche der geplanten Großinvestitionen, wie etwa die Sanierung des Freibades oder die Umgestaltung der Innenstadt im Rahmen des Isek-Förderprogramms hängen zum Teil an Fördermitteln des Bundes. Da die Regierungskoalition in Berlin nach den jüngsten Gerichtsurteilen jedoch selbst noch um die Finanzierung ihres Haushalts mit einer 17-Milliarden-Euro-Lücke ringt, erscheinen die in Remagen eingeplanten Bundesmittel alles andere als sicher. Sollten sie gekürzt werden oder gar wegfallen, müsste die Stadt die Lücke über einen Nachtragshaushalt und weitere Kreditaufnahmen finanzieren.

Lob und viel Kritik

Für die Ratsmitglieder der Parteien und Gruppierungen bot die Situation somit viel Gelegenheit, sich ein halbes Jahr vor den Kommunalwahlen zu positionieren. Bettina Fellmer stellte als Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen trotz der Probleme die positiven Seiten für eine lebenswerte Stadt Remagen heraus: Familienfreundlichkeit, der Weg zur Klimaneutralität, den Freizeitwert oder die leistungsfähige Verwaltung waren nur einige der angesprochenen Punkte. Die Stadt müsse es sich schlichtweg leisten, in ihre Zukunft zu investieren.

Jürgen Walbröl (CDU) stellte ebenfalls die aus seiner Sicht sinnvollen Investitionen, etwa in Kitas, Schulen und den Bau eines Vermittlungszentrums zum Thema Weltkulturerbe Limes in den Vordergrund. Den aktuellen und befürchteten weiteren Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen für die Stadt kreidete er vor allem der Regierungskoalition in Berlin an.

Auch Thomas Nuhn als Sprecher der Freien Bürgerliste Remagen (FBL) lobte demonstrativ den vorgelegten Haushalt und die enthaltenen notwendigen Investitionen.

Mehr Mut gefordert

Deutliche Kritik kam von Sabine Glaser im Namen der SPD: Sie verwies auf die oftmals zähe Umsetzung von längst beschlossenen Projekten, hinterfragte die Sinnhaftigkeit von vielen zeitraubenden Gutachten und plädierte für mehr Mut und Selbstbewusstsein bei Entscheidungen.

Für die FDP im Rat verwies Christina Steinhausen auf die angesichts der Verschuldung drohende Handlungsunfähigkeit. Künftig drohe dem Stadtrat, nur noch die Bedienung der Zinsen und Tilgungen leisten zu können. Sie kritisierte die Zweitwohnungssteuer in der Hochschulstadt als Belastung für die jungen Menschen und warf der Verwaltung vor, falsche Prioritäten zu setzen.

Peter Wyborny, der als parteiloses Ratsmitglied andeutete, nicht erneut bei der Kommunalwahl im Juni antreten zu wollen, ließ kein gutes Haar an dem vorgelegten Haushalt. Der stetig wachsende Personalbedarf der Stadtverwaltung, mangelnder Sparwille, unsinnige Förderungen: Sein Kritikkatalog war lang. Dass er seine Rede zudem mit zehn Anträgen versah, über die anschließend noch abgestimmt werden musste, zog zudem den Unmut eines Großteils der Ratsmitglieder auf sich.

Klaus Krah (parteilos) nutzte die Gelegenheit zu einem Appell, sich auch im Stadtrat auf die demokratischen Grundwerte zu besinnen. Dazu gehöre auch, Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren. Für die Partei Die Linke schloss sich Helena Cornelia van der Wijk weitgehend der Kritik an dem Haushaltsentwurf an. Sie stimmte gemeinsam mit Christina Steinhausen und Peter Wyborny gegen den mehrheitlich angenommenen Haushalt.

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