Gesellschaft für Sicherheitspolitik beschäftigte sich mit Katastrophenvorsorge
Katastrophenvorsorge im Ahrtal: Auch ein Thema für die Sicherheitspolitik
„Einen Weinberg hat die GSP nicht, aber immerhin ein eigenes Etikett“, erklärte Sektionsleiter Josef Schmidhofer und überreichte Peter Diewald und Markus Mandt eine Flasche Wein als Dank für ihre Vorträge. Foto: Jochen Tarrach
Jochen Tarrach

Bad Neuenahr. Die Katastrophenvorsorge ist angesichts von unberechenbaren Naturereignissen wie der Ahrflut und der sicherheitspolitischen Lage in der Welt wieder in den Fokus gerückt. Die Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) in der Sektion Bad Neuenahr-Ahrweiler im großen Saal des Rathauses in Bad Neuenahr hat das zum Thema gemacht.

Lesezeit 4 Minuten

Die Flutkatastrophe von 2021 im Ahrtal und all die folgenden Katastrophen in Europa und in Amerika durch den fortschreitenden Klimawandel sowie die grundlegend geänderte sicherheitspolitische Lage durch die Aggression Russlands haben ein Umdenken in der Vorsorge für den Katastrophenschutz und der zivilen Verteidigung zwingend notwendig gemacht.

Die Lage ist angespannter denn je

Schien nach der Deutschen Wiedervereinigung für uns in Mitteleuropa der dauerhafte Frieden ausgebrochen, so mussten inzwischen die Politik und auch die Bürger unseres Landes erkennen, dass es sich dabei eher um ein Wunschdenken handelte. Die Lage ist heute auf dem Feld der Naturkatastrophen als auch im militärischen Sektor nach Ende des Zweiten Weltkrieges angespannter denn je. Die Angst innerhalb der Bevölkerung, dass das „ruhige“ Leben vorbei sein könnte, wächst täglich. Ein Thema, mit dem sich die Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) in der Sektion Bad Neuenahr-Ahrweiler im großen Saal des Rathauses in Bad Neuenahr bereits beschäftigt hat.

Was hat sich nach der Flutkatstrophe geändert?

Das spezielle Thema diesmal war die Frage, wie sich die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler auf die notwendigen Veränderungen eingestellt hat und was sich insbesondere nach der Flutkatastrophe geändert hat. Oft zeigt sich bei der zivilen sowie der militärischen Vorsorge für die Bürger eine Deckungsgleichheit. Referenten des Abends waren der Erste Beigeordnete Peter Diewald, in dessen Amtsbereich innerhalb der Kreisstadt die Katastrophenvorsorge fällt, sowie als Fachmann der ehrenamtliche Stadtwehrleiter Marcus Mandt, Chef der Feuerwehren der Stadt, der zugleich als Sachbearbeiter in der Verwaltung das Thema bearbeitet.

Schien nach der Deutschen Wiedervereinigung für uns in Mitteleuropa der dauerhafte Frieden und ständiges Wohlergehen ausgebrochen, so musste inzwischen die Politik und auch die Bürger unseres Landes erkennen, dass es sich dabei mehr um Wunschdenken handelte.“

GSP-Sektionsleiter Josef Schmidhofer

In den Vorträgen beider Fachleute ging es nicht nur um Strukturen, Kräfte und Mittel, sondern auch um Zuständigkeiten, Verantwortung, Verfahren, Zusammenarbeit sowie die Aus- und Weiterbildung. Erstes sichtbares Zeichen der Wandlung ist, dass in rasender Geschwindigkeit im Ahrtal 85 neue, moderne Sirenenanlagen montiert wurden. Sie sind nicht nur, so wie in den vergangenen Jahrzehnten, lediglich auf den klassischen Feueralarm ausgerichtet, sondern auch auf weitere, anders geartete Alarmfälle.

Ausrüstung muss stimmen

„Unser Ziel ist es, mit unserer Arbeit den Bürgern wieder ein Stück Sicherheit zurückzugeben“, so Peter Diewald, denn herausgestellt hat sich bei der Flutkatastrophe, dass Warnung- und Alarmierung sowie das allgemeine drahtgebundene und drahtlose Kommunikationswesen von Verwaltungen und Hilfskräften untereinander ein entscheidender Faktor ist. Auch bei Stromausfall muss es funktionieren.

Stimmen müsse natürlich auch die Ausrüstung der Hilfsorganisationen bis hin zu den Geräten der Bundeswehr. Und genau da hätten sich im Juli 2021 erhebliche Mängel gezeigt, denn vieles passte nicht zueinander. Entscheidender Vorteil des Militärs: Eine straffe Kommandostruktur mit Befehl und Gehorsam, die bei einer freiwilligen Feuerwehr nach tagelangem Einsatz einfach nicht mehr gegeben ist. „Da hilft nur Übung, Übung und nochmals Übung, und wer will das heute freiwillig mitmachen?“, fragten Stadtwehrleiter Mandt. Nicht umsonst sei der ehrenamtliche Dienst der Blauröcke besonders anerkannt und eine unendlich wichtige Aufgabe für die Allgemeinheit.

Feuerwehr verstärkt

Waren die Feuerwehren der Stadt mit drei Löschzügen und vier Löschgruppen mit 21 Fahrzeugen, 200 aktiven Mitgliedern und rund 230 Alarmierungen im Jahr bis zum Juli 2021 verhältnismäßig gut ausgerüstet, so reichte das für eine Katastrophe dieser Art nicht aus. Inzwischen ist die Stadtfeuerwehr auf 240 aktive Mitglieder und 30 Fahrzeuge angewachsen, zwei hauptamtliche Gerätewarte kümmern sich um die Ausrüstung. Angewachsen sei allerdings auch die Zahl der Alarmierungen, die derzeit bei 320 liegt.

Intensiv werde inzwischen an der Alarmplanung für den Zivil- und Katastrophenschutz gearbeitet. Bei allen Bemühungen sei sicher: Bei einer Katastrophe der erlebten Art wird in diesem Bereich eine besondere Bedeutung liegen. Es komme allerorts immer wieder der dringende Appell zur Selbstvorsorge, damit nicht das Leerpumpen von Kellern eine Hauptbeschäftigung der Feuerwehren ist. Selbstvorsorge sei ein wichtiger Punkt. Das gelte natürlich auch für den Brandfall.

Aus Erfahrungen gelernt

Das waren nur einige der unzählig vielen Fakten, die Stadtwehrleiter Marcus Mandt ansprach. Der Erste Beigeordnete Peter Diewald dagegen richtete seinen Blick auf Kreis und Land und berichtete insbesondere über das auf den Erfahrungen der Flut basierende neue LBKG – Brand- und Katastrophenschutzgesetz Rheinland-Pfalz. Darin klar geregelt sei die Zuständigkeiten für den Katastrophenschutz (KatS). Für die Nacharbeitung der Katastrophe im Ahrtal besonders interessant: War es per Gesetz bisher möglich, beim Kreis die Zuständigkeit für den KatS vom Landrat auf den Kreisfeuerwehrinspekteur zu delegieren, so ist das nun nicht mehr möglich. Das neue LBKG ist für alle interessierten Bürger im Internet einsehbar.

Rund 50 Personen hatten sich im großen Sitzungssaal des Rathauses versammelt. Wie Sektionsleiter Josef Schmidhofer feststellte, deutlich weniger als sonst bei Abenden des GSP. „Ist für Veranstaltungen zum Thema Flutkatastrophe bei den Bürgern eine gewisse Müdigkeit eingetreten?“ fragte Schmidhofer abschließend.

Top-News aus der Region