Jubiläum nach schweren Zeiten: Im Ahrwein-Forum knallten wieder die Sektkorken
Jubiläum: Winzerverein Ahrweiler feiert 150 Jahre Solidarität
Im frisch renovierten Ahrwein-Forum wurde der Geburtstag des Ahrweiler Winzer-Vereins stilvoll gefeiert. Fotos: Beate Au
Beate Au

Ahrweiler. Es war die Not der Winzer, die vor 150 Jahren zur Gründung der Genossenschaft Ahrweiler Winzer-Verein führte. Der Zusammenhalt hat die Zeiten überdauert. Das Jubiläum wurde jetzt mit Blick auf die Vergangenheit, aber auch auf die Zukunft gefeiert.

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Das Motto „Gemeinsamkeit macht stark“ hat sich vor allem in schweren Zeiten bewährt. Und diese haben die 79 Mitglieder mit der Corona-Pandemie und der Flutkatastrophe im vergangenen Jahrzehnt auch erlebt. Und so war das Jubiläum, das im Ahrwein-Forum mit einem Festkommers gefeiert wurde, auch ein Anstoßen auf eine Solidarität, die trägt.

Idee Raiffeisens stand Pate

In einem Wortgottesdienst griff Pfarrer Jörg Meyrer den Leitspruch des Sozialreformers Friedrich Wilhelm Raiffeisen auf: Was einer alleine nicht schafft, das schaffen wir gemeinsam. „Dieser Idee haben sich damals auch die Winzer angeschlossen“, so Meyrer. Der Geschäftsführer der Genossenschaft, Stephan Esser, erinnerte in seiner Begrüßung an die Tage nach der Flut, an die Verzweiflung und auch die Hoffnung, als die Helfer kamen, deren Solidarität mit der Bewirtschaftung eines Weinbergs bis heute fortwirke. Das Wesen des Vereins sei, dass der kleinste der 25 Winzer dieselben Pflichten und Rechte habe wie der größte.

Ein herausfordendes Jahrzehnt

Landrätin Cornelia Weigand hatte als Geburtstagsgeschenk keinen Wappenteller dabei, sondern eine Rebe. Der Chronik könne seit dem 140. Jubiläum viel hinzugefügt werden, sagte sie. Die Flut hatte die Gebäude und Gewölbekeller getroffen. 2022 wurden die Büros im Erdgeschoss renoviert, und das Restaurant im Vorderhaus konnte 2022 wiedereröffnet werden. Die nach der Flut geretteten Fuderfässer wurden 2023 aufwendig saniert, der Gewölbekeller in Teilen renoviert.

Im Ahrwein-Forum erinnerte bei den Jubiläumsfeierlichkeiten nichts mehr an die schreckliche Hochwasserkatstrophe. Wichtig sei gewesen, so die Landrätin: „Sie haben nicht aufgegeben.“ Das Ploppen der Sektkorken während ihrer Rede nahm sie als Zeichen dafür, „dass wieder ein Stück Normalität eingekehrt ist“.

Pläne für die Zukunft

Nach den Feierlichkeiten hat der Winzer-Verein noch viel vor. Vor allem der Umbau der Vinothek sowie weitere Renovierungen im Gewölbekeller stehen auf dem Programm. Trotzdem wird es weiterhin Feste und touristische Angebote geben, wie die Weinprobe für Jedermann oder das Hoffest im August.

Der Erste Beigeordnete der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, Peter Diewald, lobte die Tatkraft der Genossenschaft, die sich immer wieder den Veränderungen des Marktes angepasst habe. Geblieben sei die Leidenschaft der Winzer für den Wein, der die Kulturlandschaft präge, so Diewald.

Eine Vision hat überlebt

Der Landtagsabgeordnete Horst Gies (CDU) verbindet persönliche Erlebnisse mit dem Winzer-Verein Ahrweiler. „Hier habe ich mein erstes Taschengeld verdient“, erzählte er. Damals habe es hier noch „ältere Herren“ gegeben, die Trester und Hefe brannten. Er freute sich darüber, dass sich in der Genossenschaft, die bis heute selbstständig geblieben ist, eine junge Generation für die Zukunft engagiert. Weinbaupräsident Hubert Pauly bemerkte, dass sich das auch beim Publikum im Saal widerspiegele. Die Aufsichtsratsvorsitzende Natascha Gies stellte fest, dass die Vision der Gründer vor 150 Jahren bis heute überlebt hat.

In die Zukunft geht der Winzer-Verein Ahrweiler auch mit einer Jubiläumsedition, die Betriebsleiter Alexander Müller vorstellte. Die Weinlinie im neuen Look trägt das Kürzel AW. „Ein Kennzeichen, das alle deutschlandweit und darüber hinaus mit dem Ahrtal verbinden“, so Müller. Dabei stehen die Ahrweine für modernen und unkomplizierten Weingenuss, die Ortsweine für Tropfen aus besten Lagen und die Lagenweine für Topgewächse aus alten Reben.

Wolfgang Külper (Mitte) und Pamela Koerner überreichten das Miniaturfass an die Vertreter des Ahrweiler Winzervereins Stephan Esser (rechts) und Alexander Müller.
Beate Au

Ein besonderes Geschenk zum Schluss

Zum Schluss gab es noch ein besonderes Geschenk von besonderen Helfern. Bekannt ist Wolfgang Külper als Winzer Wolle. Er gehört wie Pamela Koerner zu den Helfern, die nach der Flut geblieben sind. Sie bewirtschaften in Eigenregie einen Spätburgunder-Weinberg in der Lage Ahrweiler Daubhaus. Über Wein wusste er bis dahin nur, dass er schmeckt. Doch inzwischen habe er viel gelernt. Mit dem Verkauf ihres „HelfAHRweins“ unterstützen sie den Wiederaufbau der Winzergenossenschaft.

Außerdem haben sie sich Rebstockpatenschaften überlegt. „Bis auf zehn von 600 Rebstöcken sind alle verkauft“, freute sich Külper über den Erfolg und hatte auch ein Geschenk zum Geburtstag mitgebracht. „Wir haben ein von der Flut zerstörtes Weinfass aufgearbeitet“, verkündete Külper. Ein Miniformat überreichte er zur Geburtstagsfeier. Außerdem hatte er noch viele andere Glückwünsche im Gepäck, darunter Gratulanten aus dem politischen Berlin und aus Mainz vom neuen Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer, vom Spitzenwinzer Günther Jauch sowie eine Videobotschaft des Bundesministers für Landwirtschaft und Ernährung, Cem Özedemir, worüber einige Winzer schmunzeln mussten.


Die Geschichte

1874: 51 Genossen gründen den Ahrweiler Winzer-Verein.

1875: Zwei Weinkeller eine Remise und das Gebäude des Restaurants werden auf dem Gelände des früheren Kautenturms gebaut.

1883: Gründung des Ahrweiler Weinbauvereins. 1961 fusionieren die beiden Genossenschaften.

1971: Die Winzer-Vereine wehren sich gegen Fusionspläne mit Altenahr und Walporzheim sowie der Winzergenossenschaft Dernau unter dem Dach einer Ahrtalkellerei.

1975 bis 1980: Es herrscht Krisenstimmung bei erheblichem Mitgliederschwund.

1984: Junge Mitarbeiter übernehmen die Führung, strukturieren den Betrieb um und installieren moderne Kellertechnik.

2014: 140 Jahre werden groß gefeiert. Die neu gestaltete kleine Probierstube wird eingeweiht. red

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