Kosten sind zu hoch
Ist das Heimatmuseum in Bad Bodendorf in Gefahr?
Ein Blickfang im Heimatmuseum ist der alte Kaufmannsladen von Jupp Schuld.
Judith Schumacher

Keine guten Zeiten für das kleine Heimatmuseum in Bad Bodendorf. Die Kosten am aktuellen Standort in der Bahnhofstraße sind zu hoch, keine kurzfristige Lösung in Sicht. Dennoch tun die Verantwortlichen alles, um eine Schließung zu verhindern.

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Das kleine Heimatmuseum in Bad Bodendorf ist akut gefährdet. Nach Informationen der Rhein-Zeitung hatte der Heimat- und Bürgerverein (HBV) überlegt, den Museumsbestand mit mehr als 2000 Objekten aus Kostengründen aus dem Gebäude in der Bodendorfer Bahnhofstraße 15 auszulagern. Die Kosten belaufen sich auf rund 6000 Euro im Jahr. Eine Summe, die der HBV nicht einfach weiterhin so aufbringen kann.

Archivar sieht Auszug kritisch

Nicht gut aufgenommen hat Josef Erhardt die Nachricht von einer möglichen Auslagerung der Museumsstücke. Er hatte mit der Unterstützung von Wolfgang Seidenfuß die Sammlung zusammengetragen und dokumentiert. Erhardt setzte alle Hebel in Bewegung, um die Schätze aus vergangenen Zeiten zu bewahren.

„Sie sind der Auffassung, dass das Museum unbedingt erhalten bleiben muss.“
Josef Erhardt zur Ansicht des rheinland-pfälzischen Museumsverbands

Im Vorfeld der jüngsten Ortsbeiratssitzung hatte er mit dem rheinland-pfälzischen Museumsverband Kontakt aufgenommen. „Sie sind der Auffassung, dass das Museum unbedingt erhalten bleiben muss“, erklärt Erhardt im Gespräch. Schon einmal habe die Schließung eines Heimatmuseums, des Kreismuseums Bitburg, zur Diskussion gestanden. „Da gab es so einen Sturm der Entrüstung, dass es schließlich gerettet werden konnte“, so der Archivar.

Lösung im Bad Bodendorfer Kurpark in drei oder vier Jahren?

Wie es in Bad Bodendorf nun weiter geht, muss sich noch finden. Erhardts Vorschlag, einen Förderverein zu gründen, stieß im Ortsbeirat nicht auf Zustimmung. Eher soll nun nach Lösungen gesucht werden, das Ganze eventuell über Mitgliederwerbung und höhere Beiträge im HBV am Leben zu erhalten.

Wie Erhardt in Aussicht stellte, zeichnet sich eine räumliche Lösung im Kurpark ab. Doch die wäre erst in drei oder vier Jahren so weit. Solange hofft er, dass der Bestand des Museums in den bisherigen Räumen gesichert werden kann.

Auch eine antike Waage ist zu bestaunen.
Judith Schumacher

Das kleine Museum hat seinen Ursprung in dem ehemaligen Heimatarchiv, das im früheren Tante-Emma-Laden von Jupp Schuld untergebracht war. Grundstock war dessen Fotosammlung. Weitere vereinseigene Dokumente und Objekte kamen hinzu. Schnell waren die Bestände so reichhaltig, dass an einen Umzug gedacht werden konnte. Im September 2019 war es so weit, dass in die ehemalige Schmiede in der Bahnhofstraße umgesiedelt werden konnte. Hier war endlich Platz, die in 30 Jahren zusammengetragenen kulturhistorischen Schätze zu sichten und zu katalogisieren.

Dank Erhardts Vermittlung konnte der Verein auf die kostenlose Software der Baden-Württemberger Museumsbetreuung zurückgreifen, die normalerweise rund 2000 Euro gekostet hätte. „Nach Anerkennung als Museum durch den Museumsverband Rheinland-Pfalz und der anschließenden Möglichkeit der Mitgliedschaft im Deutschen Museumsverband konnten wir auf die vom Verband zur Verfügung gestellte Datenbank ,Museum digital‘ zugreifen und sie für die Archivierung der Bestände nutzen“, sagt Josef Erhardt nicht ohne Stolz.

Museum ist wichtige Quelle für Historiker

Bis heute sind rund 80 Prozent des Bestandes in 28 Sammlungsgebiete unterteilt erfasst und in die Datenbank eingepflegt – mit Foto und QR-Code, was jede Menge Arbeit war. Konkret handelt es sich um 2021 Objekte, die im Internet für jeden sichtbar sind. 251 Objekte sind nur im Archiv sichtbar, aber auch vermerkt. Rund 40 Prozent des Bestandes von 3803 Bildern sind ebenfalls zu finden. 2407 Presseartikel sollen noch in das System übertragen werden.

Außerdem ist das Bad Bodendorfer Heimatmuseum anerkannt bei Kuladic (Kultur, Landschaft, Digital), einem Informationssystem über die Historische Kulturlandschaft und das landschaftliche kulturelle Erbe. Für Historiker ist das Museum Anlaufstelle, etwa bei Fragen zum Ehrenfriedhof. Auch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion fragt laut Erhardt dann und wann etwas an.

Bouillon-Kessel, beheizte Waschmaschinen und ein Gefäß für Rosinenspiritus

Das kleine Heimatmuseum wurde über Jahrzehnte hinweg mit viel Liebe eingerichtet. Aus Haushaltsauflösungen kommen immer neue Objekte dazu, die die Geschichte des Ortes erzählen. So konnte Erhardt erst kürzlich zwei Bilder des mittlerweile verstorbenen Bad Bodendorfer Künstlers Günther Lawrenz in Empfang nehmen, die eine Dame aus Bayern zur Verfügung gestellt hatte.

Die Entwürfe für das Therapiehaus würden auch heute noch überzeugen.
Judith Schumacher

Ein Bereich des Museums ist gänzlich der Geschichte des Heilbades mit seinem St.-Josef-Sprudel gewidmet. Hier finden sich auch alte Entwürfe eines Therapiehauses Hoischen aus den 70er-Jahren. Der ehemalige alte Kaufladen von Jupp Schuld präsentiert in seinen Regalen weitere Schätze. So etwa eine Büchse Ahr-Silber, ein besonderer Schutzlack, einen uralten Bouillon-Kessel, uralte Grenzsteine oder einen Stein mit dem Wappen der Grafen zu Hillesheim sowie handgedrehte römische Tonwasserrohre aus der Schützenstraße.

Ein uralter Dampfdrucktopf und eine Büchse Ahrsilber gehören zum Bestand.
Judith Schumacher

Des Weiteren im Bestand sind die Spezialnähmaschine eines Schumachers, die erste beheizbare Waschmaschine, von der eine auch im Miele-Museum zu sehen ist, ein Tafelölspender, eine Rezepturwaage, die Truppenfahne eines Panzerbataillons oder eine historische Paramentstickerei-Fahne der Junggesellen, Gemälde der Düsseldorfer Malerschule und auch solche Kuriositäten wie etwa eine Hochzeitsschüssel von 1806, ein Gefäß für Rosinenspiritus, Bajonette aus dem Ersten Weltkrieg oder ein Begräbnisbuch von 1900 bis 1918.

Zudem findet sich ein Gedicht von Arbeiterdichter Heinrich Lersch, der wegen seines Lungenleidens bei Bad Bodendorfs bekanntem Heilpraktiker Matthias Leisen in Behandlung war. In einem großen Aktenschrank sind ebenfalls zahlreiche Besonderheiten gesammelt. So etwa Feldpostbriefe aus den Weltkriegen. „Neue Mitglieder im HBV sind immer willkommen“, wirbt Erhardt.

Weitere Informationen gibt es im Internet auf der Internetseite https://rlp.museum-digital.de/institution/78

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