Das Nachbarhaus brennt, auf der Straße ist ein schwerer Verkehrsunfall, ein Öltank ist leck und läuft aus, auf dem Rhein ist ein Schiff havariert oder die Ehefrau liegt in den Wehen, das ist in diesem Augenblick einerlei – auf dem Telefon wird die 112 gewählt und die Hilfe kommt. Wer in einem wie auch immer gelagerten, nicht polizeilichen Notfall die zentrale Notrufnummer 112 wählt, erreicht in den Landkreisen Ahrweiler, Mayen-Koblenz, Cochem-Zell und der Stadt Koblenz die sogenannte „Integrierte Leitstelle für Rettungsdienst, Brand und Katastrophenschutz“ (ILS) bei der Berufsfeuerwehr Koblenz und sollen von dort unverzüglich Hilfe zugewiesen bekommen.
37 Dienstposten reichen nicht
Gemäß dem „Landesgesetz über den Brandschutz, die allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz“ (LBKG) muss eine solche Leitstelle ständig besetzt sein. Derzeit verfügt sie in Koblenz über 37 Dienstposten. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben allerdings gezeigt, dass das zu wenig Mitarbeiter sind. So sollen nun ab Juli 2023 insgesamt sechs neue Dienstposten eingerichtet werden.
Die Finanzierung des Personals wird zu 25 Prozent vom Land getragen. Die dem Rettungsdienstbereich angehörigen Landkreise und die Stadt Koblenz tragen die restlichen 75 Prozent, aufgeteilt nach ihrer Einwohnerzahl. So erklärte sich der Kreis- und Umweltausschuss in seiner jüngsten Sitzung ohne weitere Diskussion damit einverstanden, die ab 2024 fälligen jährlichen Kosten von insgesamt 73.137,37 Euro zu tragen.
Feuerwehr, DRK und weitere Rettungs- und Hilfsdienste werden von der Leitstelle über Funk oder Sirenen alarmiert und sind im Normalfall in Minutenschnelle am Unfallort. Ist die Katastrophe absehbar größer, werden über die ILS weitere Feuerwehreinheiten oder andere Hilfsorganisationen wie das Technische Hilfswerk (THW) nachalarmiert. Aber das sind noch nicht alle Aufgaben der Leitstelle, die Tag und Nacht zu erreichen ist.
Leitstelle koordiniert Einsätze der Rettungskräfte
Neben der Entgegennahme von Anrufen über die 112 hat sie für den Aufgabenbereich Rettungsdienste die Entgegennahme und Bearbeitung aller Hilfegesuche sowie die Regelung und Koordinierung der Einsätze aller Rettungskräfte durchzuführen. Dabei hat die ILS die organisatorische Weisungsbefugnis gegenüber allen im Rettungsdienst tätigen Personen. Weiter hat sie die Überwachung und Dokumentation des Funkverkehrs sowie die Koordination von Einsätzen der Luftrettungsmittel durchzuführen.
Im Januar 2011 hat die ILS im Gebäude der Berufsfeuerwehr Koblenz ihre Arbeit aufgenommen und sich im Alarmierungswesen als unverzichtbar erwiesen. Selbst die kleineren Ortsfeuerwehren werden von hier aus alarmiert und, falls notwendig, die Bevölkerung über Sirenen alarmiert. Sie bedient einen Alarmierungsraum von 2500 Quadratkilometern mit nahezu 600.000 Menschen, rund 128.000 davon leben im Kreis Ahrweiler. Durchschnittlich werden im Zuständigkeitsbereich in einem normalen Jahr von der ILS mehr als 125.000 Einsatzabwicklungen bearbeitet. Tendenz steigend.
Immenses Pensum während der Flut
Während der Flutkatastrophe im Juli 2021 sind allein aus dem Bereich Ahrtal innerhalb von 36 Stunden mehr als 5000 Notrufe bei der ILS Koblenz eingegangen, von denen 3172 durch Feuerwehreinheiten abzuarbeiten waren. Klar, dass sämtliche Disponentenplätze besetzt waren und ohne eine zusätzliche Schichtleitung und einen Lagedienst wäre dieses Pensum nicht kontrolliert abzuarbeiten gewesen.
Klar wurde aber auch die Bedeutung der rechtzeitigen und umfassenden Alarmierung aller Bürger rund um ein potenzielles Katastrophengebiet. Damit das technisch klappt, wurden in den vergangenen Monaten entlang der Ahr 85 neue Sirenen mit Sprachmöglichkeit zur Weitergabe von Verhaltensanweisungen an die Bevölkerung installiert. Das reicht nach den Worten von Innenminister Michael Ebeling beim kürzlichen bundesweiten Warntag allerdings nicht aus. Es gebe im ganzen Land weiterhin großen Nachholbedarf. Auch die veränderte Weltlage habe deutlich gemacht, dass Sirenen eine sinnvolle Infrastruktur sind.