Wirtschaft Insolvenzplan beim Amtsgeircht- Kaufpreis geheim
Insolvenz: Brogsitter will AG Bad Neuenahr übernehmen
Das historische Thermal-Badehaus bekommt einen neuen Besitzer - wenn die Gläubiger dem Plan des Insolvenzveranstalters zustimmen. Foto: Jochen Tarrach
Jochen Tarrach

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die seit zwei Jahren in der Insolvenz befindliche Aktiengesellschaft Bad Neuenahr, im Volksmund kurz Kur AG genannt, bekommt einen neuen Besitzer.

„Ein regionaler Unternehmer hat mit seinen Mitinvestoren ein Angebot zur Übernahme aller Immobilien abgegeben“, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme des Koblenzer Insolvenzverwalters Jens Lieser. In der Kreisstadt ist es ein offenes Geheimnis, dass es sich bei dem regionalen Unternehmer um Hans-Joachim Brogsitter, internationaler Weinhändler, Besitzer von Weingütern und einer Sektkellerei, handelt.

Heute Morgen um 8.30 Uhr hat Lieser den Insolvenzplan beim Amtsgericht in Ahrweiler eingereicht, mit dem die Investoren um Brogsitter durch einen Kapitalschnitt die AGBN übernehmen wollen. Das einstimmige Ja des Gläubigerauschusses zum Verkauf von 25 unbebauten und 23 bebauten Grundstücken sowie zehn Erbbaugrundstücken hat Lieser schon. Jetzt muss dem über Monate eingefädelten Geschäft bei einem vom Amtsgericht einzuberufenden Erörterungs- und Abstimmungstermin die Gläubigerversammlung noch mehrheitlich zustimmen. 340 Firmen und Einzelpersonen stehen auf der Liste, vom Eigentümer eines 50-Euro-Gutscheins bis hin zum Pensionsicherungsverein mit Ansprüchen von rund 3,8 Millionen Euro.

Zum Prozedere: Bei dem Verkauf wird bei der AGBN, die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft geführt wird, das Grundkapital im Zuge einer Kapitalherabsetzung auf Null gesetzt. Unmittelbar danach findet durch die neuen Investoren eine Kapitalerhöhung mit der Herausgabe neuer Aktien statt, die diese in Gänze übernehmen. Die bisherigen Aktionäre der AGBN gehen bei diesem Verfahren leer aus. Erst werden die ungesicherten Gläubiger aus der Insolvenzmasse bedient. Das sieht der Gesetzgeber in der Insolvenzverordnung so vor. Als nachrangige Gläubiger haben die Alt-Aktionäre daher keine Zahlungen zu erwarten.

Aber auch für die Gläubiger wird die Übernahme Verluste bringen. Lieser kann seine zu Beginn des Insolvenzverfahrens berechnete Quote von 80 bis 100 Prozent nicht halten. Er spricht jetzt von einer „garantierten Befriedigungsquote im mittleren zweistelligen Bereich“. Die garantierte Quote werde sich später noch „durch weitere Massezuflüsse erhöhen“. Im Klartext: Mit 41 Prozent jener Summe, die ihnen die AGBN schuldet, dürfen die Gläubiger laut RZ-Informationen zunächst rechnen. Sollten die vom Insolvenzverwalter erhofften „weiteren Massezuflüsse“ (unter anderem Erträge aus Steuervorteilen) tatsächlich kommen, könnte die Quote auf 60 bis sehr optimistisch 80 Prozent steigen.

Als Hauptgrund dafür, dass die Schuldner ihre Ansprüche nicht zu 100 Prozent erfüllt bekommen, nennt Lieser den seit mehr als einem Jahr wegen Baumängeln geschlossenen Bademantelgang. „Da weder Investoren noch sonstige Dritte den Bademantelgang mit seinen erheblichen baulichen Risiken betreiben wollen, bleibt nur der Rückbau. Und dafür müssen erhebliche Rückstellungen gebildet werden.“ Auf 2,3 Millionen Euro schätzt Lieser die Gesamtkosten. Eine Million werden die Baukosten ausmachen, 1,3 Millionen müssen ans Land Rheinland-Pfalz zurückgezahlt werden, dass den Bau seinerzeit bezuschusst hatte.

Zum „Kaufpreis“ äußert sich Lieser ebenfalls nicht. „Über die Details der Übernahme haben die Parteien Stillschweigen vereinbart.“ Bereits im vergangenen Jahr machte jedoch schon eine Summe von 22 Millionen Euro die Runde, die auch jetzt als Kaufpreis angenommen werden darf. Dieser Betrag wird jedoch nicht reichen, um das Gebäudeensemble um Steigenberger, Kurhaussaal, Parkhaus, historisches Badehaus mit Fitnesscenter zu erhalten und profitabel zu betreiben. Allein im Steigenberger Hotel sind die neuen Besitzer aus einem Vertrag der „AGBN alt“ verpflichtet, rund sechs Millionen Euro in das Gebäude zu investieren. Und darauf wird Steigenberger auch bestehen. Schließlich gehört die Hotelkette auch zu den heutigen Gläubigern. Ein Darlehen über 3,1 Millionen Euro hatte man der insolventen AG gewährt.

Von unserem Redaktionsleiter Uli Adams

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