Tabuthema Tod
Hospizverein Rhein-Ahr öffnet Türen
Die Vorsitzende des Hospizvereins, Ulrike Dobrowolny (links), und die Koordinatorinnen (von links) Heide Großgarten, Claudia Wengenroth, SAbine Heller und Sabine Häring freuen sich über das neue Domizil in der Georg-Kreuzberg-Straße .
Beate Au

Gut aufgehoben zu sein, wenn absehbar ist, dass das Leben zu Ende geht, wünschen sich viele Menschen. Der Hospizverein Rhein-Ahr hilft mit seinen Angeboten, die in der neuen Begegnungsstätte unter einem Dach vereint sind.

Hell, freundlich und einladend ist sie geworden, die neue Begegnungsstätte des Hospiz-Vereins Rhein Ahr in der Georg-Kreuzberg-Straße 7 in Bad Neuenahr. Die historische Villa des einstigen Badearztes Dr. Höver strahlt die Wärme aus, die Menschen brauchen, wenn sie sich mit Themen wie Tod und Trauer beschäftigen. Denn diese werden heute mehr denn je gern aus dem Leben verdrängt. Eine Entwicklung, die Ulrike Dobrowolny, Vorsitzende des Hospizvereins, seit einiger Zeit beobachtet. Umso wichtiger sei die Arbeit des Hospizvereins, sagt sie.

Die Neugier auf die neuen Räumlichkeiten in dem Haus, in dem auch die Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV) als Mieter ihren Sitz hat, war beim Tag der offenen Tür am Freitag groß. Viele Bürger informierten sich rund um Palliativ und Hospiz im ambulanten Bereich sowie über Trauerangebote, Vorsorge- und Patientenverfügung oder die Möglichkeiten der letzten Hilfe. Premiere hatte der neue Film über das Ehrenamt im Verein.

16 neue Hospizbegleiter in Ausbildung

Eine einladende Atmosphäre verbreitet die Villa des einstigen Badearztes.
Beate Au

„Bald wird ein neuer Kurs starten, in dem 16 neue Hospizbegleiter ausgebildet werden“, berichtet Dobrowolny davon, dass das Interesse an diesem Ehrenamt groß sei. „Das Bedürfnis, etwas zurückzugeben an die Gesellschaft, ist oft die Motivation“, so die Vorsitzende des Hospizvereins. Es gehe vielen aber auch darum, mehr Wissen zu bekommen über ein Tabuthema. Inzwischen sei es so, dass Menschen zum ersten Mal einen Toten sehen, wenn sie schon 30 Jahre alt sind. Einen verstorbenen Angehörigen zu waschen oder anzufassen, was früher selbstverständlich gewesen sei, erzeuge heute Angst. „Wir wollen Angehörigen helfen, mutiger zu werden“, so Dobrowolny. Während die Rituale des Abschiednehmens verschwänden, wachse als Folge davon gleichzeitig der Bedarf an Trauerbegleitern. Man sei derzeit dabei, ein Trauernetzwerk zu bilden.

Die Krankenschwester Diana Heite-Funk informierte über die Spezialisierte Ambulate Palliativversorgung, die als Mieter ebenfalls ihre Adresse in der Georg-Kreuzberg-Straße 7 hat.
Beate Au

Wie Angehörige entlastet werden

Der Hospizverein ist für die psycho-soziale Versorgung da. „Die Diagnose ist der Anlass für eine Kontaktaufnahme, und wir enden bei den Angehörigen. Für sie ist es beruhigend und erleichternd, dass sie den geliebten Menschen in guten Händen wissen“, so Dobrowolny. Vier ausgebildete Hospizfachkräfte koordinieren derzeit die Einsätze der Ehrenamtlichen. Mit dem SAPV-Team gibt es gemeinsame Dienstgespräche. „Alles ist miteinander verzahnt“, so Dobrowolny. Unter welchen Voraussetzungen die SAPV zum Einsatz kommt, darüber informierte beim Tag der offenen Tür die Krankenschwester Diana Heite-Funk aus der Teamleitung Pflege. Sie bietet die notwendige palliativmedizinische Unterstützung auf dem letzten Weg.

Beim Tag der offenen Tür in der Villa konnten sich die Bürger über die Angebote des Hospizvereins informieren.
Beate Au

Viele Wegweiser im Haus des Hospizvereins

Ulrike Dobrowolny hat festgestellt, dass sich viele Menschen zu spät an den Hospizverein wenden – vielleicht, weil Begriffe wie Hospiz oder Palliativ auf sie abschreckend wirken. Gebrechlich und auf andere angewiesen zu sein, das werde gern verdrängt in einer zunehmend auf Singularität ausgelegten Gesellschaft, in der jeder um sich selbst kreise. Dass man aufeinander Acht gibt, zum Beispiel in der Nachbarschaft, wenn die Rollläden geschlossen bleiben, das sei nicht mehr selbstverständlich. Und es gebe diese Fälle, in denen jemand tagelang tot in der Wohnung liegt – auch in Bad Neuenahr. Was die Vorsitzende des Hospizvereins auch wahrnimmt, sind Fragen wie diese, die schon mal an sie herangetragen werden: „Können Sie mir auch beim assistierten Suizid helfen?“

Wie der Weg zu einem guten Ende aussehen kann, dazu gibt es viele Wegweiser in der neuen Begegnungsstätte des Hospizvereins, der auf den drei Etagen nun viel mehr Platz hat und nicht mehr ausweichen muss bei Ausbildungslehrgängen. Ziel ist es nach Auskunft von Ulrike Dobrowolny, hinter der Villa noch eine Tagesklinik auf Stelzen zu bauen. Vorerst sind das aber nur Pläne.

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