Infoveranstaltung im Alten Bahnhof in Kempenich stieß nur auf mäßigen Zuspruch
Hochwasserschutz in Kempenich: Experten stellen Maßnahmen vor
Dem Bereich zwischen Tankstelle Dümpelfeld und der Firma Fibrolith kommt eine besondere Bedeutung zu. Mit entsprechenden Maßnahmen soll die Situation dort entschärft werden.
Hans-Josef Schneider

Was sollte schon passieren in einer Höhenregion fernab von Rhein und Mosel, wenn es mal länger regnet? Lange ist es irgendwie auch gut gegangen, und die Feuerwehr hatte bei Hochwasser alles im Griff. Starkregenereignisse waren zudem noch eine Seltenheit. Das hat sich gewaltig geändert. Seit der Flutkatastrophe an der Ahr gehen die Uhren eh anders, und es wird allerorten Vorsorge getroffen, um sich gegen Hochwasser besser zu schützen, und es werden entsprechende Konzepte erstellt.

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Die Stadt Mayen sowie die Verbandsgemeinden Adenau, Brohltal, Kelberg, Mendig und Vordereifel haben ein gemeinsames Hochwasserschutzkonzept für die Orte an der Nette, dem Nitzbach und deren Nebenbächen erstellt. Die Federführung liegt beim Planungsbüro IBS-Ingenieure GbR aus Mayen. Mit dem Ziel, eine Vielzahl von öffentlichen und privaten Maßnahmen aufzuzeigen, wurden von Anfang an die Bürger eingebunden und zur Mitgestaltung aufgerufen. Ansprechpartner ist neben Martin Hertel (Spessart) vom Planungsbüro der bei der Verbandsgemeindeverwaltung Brohltal hierfür zuständige Mitarbeiter Michael Falckenberg. Beide präsentierten kürzlich zusammen die nach der Ahrflut im Juli 2021 notwendig gewordene Fortschreibung des Konzeptes bei einer Informationsveranstaltung im Alten Bahnhof in Kempenich.

Eigentlich hätte das Starkregenereignis vom Juli 2021, das ja auch im oberen Brohltal deutliche Spuren hinterlassen hat, mehr sensibilisieren müssen für die zukünftig öfter zu erwartenden Gefahren von lang anhaltenden starken Regenfällen. Doch wie schon bei den vorangegangenen Veranstaltungen, Workshop im Januar 2019 und Vorstellung des Konzepts im Oktober 2020, hielt sich der Zuspruch erneut in Grenzen. Er beschränkte sich vorwiegend auf Vertreter aus Politik, Verwaltung und Feuerwehr. „Dabei liegen Zuständigkeit und Verantwortung nicht nur bei den Kommunen, sondern auch bei Privatpersonen. Nur gemeinsam können zukünftige Gefahren aus Hochwasser- und Starkregenereignissen minimiert werden“, wiederholte Falckenberg seine Sicht der Dinge.

Bürger und Behörden müssen Hand in Hand arbeiten

Ironie des Schicksals? Ausgerechnet der Tag des Wassers wurde als Termin für das erneute Treffen gewählt. Bürgermeister Johannes Bell wies allerdings darauf hin, dass es nicht um Trink-, sondern um Oberflächenwasser gehe, das man durch wirksame Maßnahmen besser in den Griff bekommen wolle. „Nach der Ahrflut hat man erkannt, dass partielles Vorgehen durch überregionale Zusammenarbeit ersetzt werden muss. Und dass Behörden und Privatleute Hand in Hand arbeiten müssen.“ Hertel zeigte anhand von Karten und Bildern, um welche Maßnahmen das Konzept erweitert worden ist und was im jeweils speziellen Fall zu tun ist. Vorrangigstes Ziel ist es, das Wasser so früh wie möglich in der freien Landschaft abzufangen, ehe es die eng bebauten Ortslagen erreicht.

Zuerst gelte es, so Falckenberg, das Wasser, das von Hannebach aus in Richtung Kempenich fließe, dadurch aufzuhalten, dass in Abstimmung mit den jeweiligen Grundstücksbesitzern beidseitig Streifen von jeweils zehn Metern zur Verfügung stünden, auf denen sich der Bach ausbreiten könne. „Wir müssen dem Gewässer den nötigen Platz geben. Was sich weiter oben auf den Wiesen ausbreitet, erreicht die enge Ortslage von Kempenich verzögert.“ Neuralgischer Punkt bleibt der Bereich zwischen Tankstelle Dümpelfeld/Firma Lösch und dem Betrieb Fibrolith. Dafür ist folgende Lösung geplant: auffangen des Oberflächenwassers, das aus dem Bruch und der Region um Lake Lupo kommt und per Durchlass unter der L 83 in das vorhandene Rückhaltebecken (Platz für rund 3000 Kubikmeter Wasser) an der Auffahrt zur B 412 leiten. Im weiteren Verlauf vorbei an Fibrolith und der Gärtnerei Juchemich ist eine Offenlegung des Weiberner Baches angedacht.

Wall soll errichtet werden

Im Bereich der Leyberghalle sind einige Maßnahmen ins Auge gefasst. So etwa eine Ausweitung des Bachbettes zur Vergrößerung des Gewässerquerschnitts, die Errichtung eines Walls sowie die Erhöhung der Spannweite an der vorhandenen Fußgängerbrücke vom Parkplatz zur Halle und ins Ortszentrum. Im weiteren Bachverlauf zwischen Kempenich und Weibern findet das ankommende Wasser genügend Retentionsraum auf den vorhandenen Wiesen, der Durchlass nahe dem Freibad muss den gestiegenen Anforderungen angepasst werden. Mit einer Anhebung der Bachsohle kann bis nach Weibern der Durchfluss verzögert und ein Ausbreiten auf den angrenzenden Flächen (Flutmulden) ermöglicht werden.

Ein Anlieger äußerte die Befürchtung, dass mit der Erweiterung der Gewerbegebiete von Spessart und Kempenich neue Gefahren entstehen würden. Dem sei nicht so, denn in den Bebauungsplänen sei die Forderung enthalten, mit entsprechenden Maßnahmen Oberflächenwasser zurückzuhalten, hieß es. Falckenberg bat um Verständnis, was die Umsetzung angeht. „Es finden zurzeit Abstimmungsgespräche mit den zuständigen Behörden statt. Wir wollen die finanziellen Belastungen möglichst niedrig halten, daher sind wir auf Förderung angewiesen. Auch das geht nicht von heute auf morgen. Aber wie man sieht, sind wir auf einem guten Weg, und wir erwarten auch in naher Zukunft weitere Schritte auf dem Weg der Realisierung.“

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