Erdbeben und Bürgerkrieg
Hilfe für Myanmar kommt aus Burgbrohl
Von ihrem Büro in Burgbrohl aus versuchen Harald und Michaela Lubberich täglich, den Menschen in Myanmar zu helfen. Sie leiten den Hilfsverein Myanmar-Partner.
Christian Koniecki

Angesichts des Kriegs in der Ukraine und des Konflikts in Gaza wird die Not im Bürgerkriegsland Myanmar nach dem Erdbeben vom März in der Öffentlichkeit kaum beachtet. Dabei kümmert sich ein Paar in Burgbrohl aufopferungsvoll darum, dort zu helfen.

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Michaela und Harald Lubberich sitzen sich in dem geräumigen Büro ihres Hauses in Burgbrohl-Buchholz gegenüber. Sie schauen, wie beinahe an jedem Tag, stundenlang auf die Laptop-Monitore, schreiben E-Mails, verwalten Excel-Tabellen mit den Namen Hunderter Vereinsmitglieder oder erstellen ellenlange Listen mit Abrechnungen über Spendengelder. Der Blick durch die großen Fenster geht in den Garten und weiter über die Höhen der Eifellandschaft. Doch in Gedanken ist das Paar meist Tausende Kilometer entfernt. Sie denken an Myanmar, das früher einmal Burma hieß. An die Menschen dort, „ihre Kinder“ im Ausbildungszentrum an der Phaung Daw Oo Klosterschule in Mandalay. Und daran, wie die Menschen in dem abgeschotteten Bürgerkriegsland leiden – unter den Angriffen der herrschenden Militärjunta und nach dem verheerenden Erdbeben vom März, das weite Teile des Landes in eine Trümmerwüste verwandelt hat – auch Mandalay.

Im Erdbebengebiet von Mandalay kümmern sich die Vereinsmitarbeiter vor Ort um die Verteilung der Hilfsgüter.
Thandar, Verein Myanmar-Partner e.V.

„Es ist unvorstellbar, was dort für ein Elend herrscht“, bricht es aus Michaela Lubberich hervor. Im Jahr 2020 hat sie zusammen mit ihrem Mann den Vorsitz im Verein Myanmar-Partner übernommen. „Fast alle Menschen dort haben ihre Häuser verloren, müssen sich jetzt aus Bambus und Planen Notunterkünfte bauen. Die gesamte Infrastruktur, Straßen, Wasserleitungen, Stromversorgung, ist zerstört. Dazu hat der Monsun früher als sonst eingesetzt – und das Militär bombardiert auch noch die eigene Bevölkerung. Erst neulich ist eine Schule getroffen worden, mit mehr als 50 Toten – alles Schüler und Lehrer.“

Dieses Land hat eine ganze eigene Mystik, die einen sofort gefangen nimmt.
Michaela Lubberich, Stellvertretende Vorsitzende des Vereins Myanmar-Partner

Fragt man die Lubberichs, wie sie dazu kommen, sich ausgerechnet für die Menschen in Myanmar zu engagieren, sprudelt es förmlich aus ihnen heraus: „Das sind so faszinierende und liebe Menschen, denen man dort begegnet. Dieses Land hat eine ganze eigene Mystik, die einen sofort gefangen nimmt“, sagt Michaela Lubberich mit einem Strahlen in den Augen. Auch jetzt, in der aktuell katastrophalen Lage, würden die Menschen ihr Schicksal gelassen und mit Gleichmut ertragen.

Auf Reisen in das Land und seine Menschen verliebt

Kennengelernt haben die Lubberichs das südostasiatische Land, gelegen zwischen Bangladesch im Nordwesten und Thailand im Südosten, auf einer Reise im Jahr 2003, lange vor dem Militärputsch 2021. „Seitdem waren wir bestimmt 20 bis 30-mal dort“, sagt Harald Lubberich. Sie erlebten dort die kurze Phase der langsamen Demokratisierung des Landes mit, die Aufbruchstimmung, die um 2011 einsetzte. Die Lubberichs wollten helfen und knüpften Kontakte zu dem Hilfsverein Myanmar-Partner, der das Kloster in Mandalay unterstützt. „Diese Klöster haben eine ganz wichtige Stellung für das Sozialsystem im Land. Staatlichen Schulunterricht gibt es etwa nur bis zur fünften Klasse. Wer mehr erreichen will, muss sich auf eigene Faust an die Klosterschulen wenden.“

Harald Lubberich ist seit 2020 Vorsitzender des Vereins Myanmar-Partner. Früher leitete er eine Firma für Bauplanungsprojekte in Andernach.
Christian Koniecki

Und Harald Lubberich konnte helfen, schließlich hatte er in Andernach eine Firma für die Entwicklung von Bauprojekten. Mit seiner Expertise und seinen Verbindungen gelang es ihm zusammen mit dem Verein, am Kloster Phaung Daw Oo in Mandalay ein Ausbildungszentrum mit Unterrichtsräumen, Küchen, Speisesälen und Schlafräumen errichten zu lassen. „Etwa 8000 Kinder und Jugendliche werden dort normalerweise unterrichtet“, sagt er.

Zunächst ging es darum, den Kindern einen höheren Schulabschluss zu ermöglichen, um einigen von ihnen Jobs in der damals aufblühenden Tourismusindustrie zu ermöglichen. Doch seit dem Militärputsch und im anhaltenden Bürgerkrieg mit der von weiten Teilen der Bevölkerung getragenen Opposition änderte sich die Ausrichtung. „Wir versuchen jetzt in einem Modellprojekt, diejenigen, die den Schulabschluss schaffen und die das möchten, nach Deutschland zu vermitteln, um hier als Pflegefachkräfte im medizinischen Bereich Fuß zu fassen“, erklärt Michaela Lubberich. Kooperationen mit Fachkliniken in Andernach und Lindau gibt es bereits, weitere sollen folgen.

In Myanmar kümmert sich Mitarbeiterin Thandar (links) darum, dass die Hilfe aus Deutschland ankommt. Hier hatte sie nach dem verheerenden Erdbeben eines der Patenkinder des Vereins mit seiner Mutter entdeckt.
Thandar, Verein Myanmar-Partner e.V.

Seit Ausbruch des Bürgerkriegs ist es für die Lubberichs zu gefährlich geworden, sich selbst in Mandalay um die Hilfsarbeit ihres Vereins zu kümmern. „Das machen Thandar und ihr Team für uns. Wir können uns auf Thandar zu 100 Prozent verlassen“, versichert die stellvertretende Vereinsvorsitzende. Für die kleine Thandar hatten die Lubberichs vor vielen Jahren eine Patenschaft übernommen. Inzwischen ist das kleine Mädchen von damals eine erwachsene Frau, die die Hilfe aus Deutschland in Myanmar koordiniert. „Wir stehen ständig in Kontakt, schicken täglich Mails und sind über Videocalls im Internet miteinander verbunden“, sagt Michaela Lubberich. Dass die Hilfe aus Deutschland ankommt und tatsächlich wirkt, dafür sorgen Thandar und ihr Team. „Über jede Ausgabe der Spendengelder wird Buch geführt, für jeden ausgegebenen Cent gibt es eine Quittung oder einen Nachweis“, versichert Harald Lubberich.

Eigentlich hatten wir uns unseren Ruhestand etwas anders vorgestellt.
Martina Lubberich

Und so sitzen die Lubberichs an jedem Tag in dem Büro ihres Hauses in Burgbrohl, verwalten, organisieren, knüpfen Kontakte. „Eigentlich hatten wir uns unseren Ruhestand etwas anders vorgestellt“, sagt Michaela Lubberich. „Aber wir können nicht anders, wir müssen unser Hilfsprojekt am Laufen halten.“ Dennoch kommen sie immer häufiger auch an ihre eigenen Grenzen. Und für einige Aufgaben haben sie sich auch schon Hilfe von einzelnen Vereinsmitgliedern gesucht. „Wir suchen noch Deutschlehrer, die unsere Studenten hier unterrichten wollen“, fällt Michaela Lubberich ganz spontan ein. Doch dann ist keine Zeit mehr: Gleich soll ein Telefonat mit einer weiteren Klinik stattfinden, die an der Vermittlung von Pflegekräften aus dem Bürgerkriegsland Myanmar interessiert ist.

Der Verein Myanmar-Partner

Seit 20 Jahren engagiert sich der Verein, der aus einer Privatinitiative entstanden ist, um die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen in Myanmar. Seit 2020 haben Harald und Michaela Lubberich aus Burgbrohl den Vorsitz. Der Verein sammelt Spendengelder, vermittelt Patenschaften, betreibt in Myanmar ein Ausbildungs- und Schulungszentrum und ermöglicht jungen Menschen aus Myanmar in Deutschland eine Ausbildung zu Pflegefachkräften. Seit dem verheerenden Erdbeben vom März helfen die Mitarbeiter vor Ort zudem bei der Versorgung der Not leidenden Bevölkerung. Alle Informationen zum Verein selbst, zu Projekten und zur aktuellen Lage in Myanmar und rund um die Stadt Mandalay sind auf der Internetseite https://www.myanmar-partner.de zu finden.

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