„Wir haben ganz unter dem Dach gesessen und sind gerade so mit dem Leben davongekommen“, erzählt Andrea Gröls, die mit ihrer Familie in einer Wohnung in Unkelbach untergekommen ist. Der Hof liegt abseits zwischen Rech und Mayschoß am Hang, gleich gegenüber sind die Reste der von den Wassermassen weggerissen Fahrradbrücke und Eisenbahnbrücke zu sehen, die in die Tunnel unterhalb der Saffenburg führten. Doch die Gröls wollen wieder in ihr Zuhause zurück.
Die Eltern von Andrea Gröls hatten ehemals hier ein kleines Hotel geführt. Doch ob sich der Wunsch verwirklichen lässt, steht in den Sternen. Denn: Der Hof liegt zu weit abseits von der provisorischen Stromversorgung, die vom Energieversorger Westnetz über die Weinberge nach Mayschoß gelegt wurde. Um das Haus wieder bewohnbar zu machen, müssen vor dem Eindringen von Frost Bautrockner laufen. Auch möchten freiwillige Helfer hier weiter arbeiten – aber ohne Strom ist das unmöglich.
Die Familie wird von einer Gruppe um Kathi Niewel aus Paderborn und Andreas Schmitz aus Much unterstützt, die schon an vielen Orten im Ahrtal wie ein Schwarm Flutengel den Menschen durch ihre selbstlose Hilfe ganz praktisch wieder Hoffnung in die Zukunft gegeben haben. Beim Bergischen Hof handelt es sich zudem um eines der Objekte, die durch die 5-Euro-Haus-Aktion von Jörg Burghardt begleitet wird. Hierbei spenden möglichst viele Unterstützer regelmäßig 5 Euro im Monat, die direkt auf dem Konto der Empfänger für die Sanierung ihrer betroffenen Häuser verbucht werden (wir berichteten).
Ursprünglich war Westnetz davon ausgegangen, dass der Bergische Hof abgerissen wird. Dieses Missverständnis hat sich nun aufgeklärt. Baugutachter Marcel Groß, der selbst von der Ahr kommt, hat die Standsicherheit des Gebäudes festgestellt und wird die Schäden genauestens dokumentieren, damit die Eigentümer eine Grundlage für einen Förderantrag haben.
Bei einem Ortstermin gemeinsam mit dem Leiter des Westnetz-Regionalzentrums Rauschermühle, Michael Dötsch, Gebietsplaner Michael Busch und dem Baugutachter Marcel Groß wurde versucht, Lösungen zu finden. Die Sorge von Helfer Andreas Schmitz, dass sich in dem Haus angegliederten Trafohäuschen noch gefährliche Flüssigkeiten befinden, konnte Michael Dötsch ausräumen.
Das Problem mit der Stromversorgung bleibt jedoch vorerst bestehen. Es müsste eine Versorgungsleitung über eine Länge von 700 Metern gelegt werden, was nicht mal eben so zu schaffen ist. Auch ist noch unklar, inwieweit andere Versorgungsleitungen, etwa für Gas, gelegt werden. Eine provisorische Versorgung durch Westnetz ist nicht möglich, da es hier zu einem zu starken Spannungsabfall käme. „Auch sind unsere Notstromaggregate nicht für einen Dauerbetrieb geeignet, hier müssten sich die Helfer an das Krisenmanagement der Kommune wenden, um hier zu beantragen, dass eine Fachfirma tätig wird“, erklärte Michael Dötsch.
Der Leiter des Regionalzentrums führte zudem an, dass mit der zuständigen Baubehörde genau abzuklären ist, inwieweit ein Wiederaufbau überhaupt möglich ist. „Das Haus liegt im überfluteten Bereich, da muss man wissen, welche Anforderungen beim Bau zu beachten sind“, so Dötsch. Und genau hier sieht auch Baugutachter Groß das große Problem. „Es gibt noch nichts Aussagekräftiges und Festgeschriebenes, was offiziell als Grundlage für die Flutopfer dient, inwieweit und was sie wo bauen dürfen und wo nicht – das ist für viele zum Beispiel in Rech, wo viele Bewohner ihre Ferienwohnungen wieder aufbauen wollen, eine schlimme Situation. Da hängen ganze Existenzen dran“, erklärte er.
Auch die Familie Gröls hatte vor, am Bergischen Hof Ferienwohnungen einzurichten. Doch hierfür sind noch einige dicke Bretter zu bohren. Der nächste Schritt wird nun sein, den von Dötsch vorgeschlagenen Weg einzuschlagen. „Ich habe alle drei Jahrhunderthochwässer an der Mosel erlebt, das sind etwa 10 Prozent von dem, was hier passiert ist – das hier, das ist so unbegreiflich furchtbar, dies kann nur jemand ungefähr erfassen, der es mit eigenen Augen gesehen hat“, sagt der Regionalleiter.