Insgesamt elf Kommunen beiderseits des Rheins zwischen Vallendar im Süden und Remagen im Norden nehmen an dem Förderprogramm teil und wollen sich künftig als eine Modellregion etablieren. Nachdem zunächst viele organisatorische Vorarbeiten geleistet werden mussten, inklusive der Schaffung einer eigenen Geschäftsstelle, die bei der Verbandsgemeinde Bad Breisig untergebracht ist, gingen die elf Verwaltungschefs inzwischen auch an die inhaltliche Arbeit.
Wie kann man die Region ab 2030 weiterentwickeln, was muss verbessert werden, welche Defizite aufgearbeitet? Schnell stellte sich als Schwerpunkt die Mobilität heraus. So hat man inzwischen eine Vision unter dem Titel „Mobilitätsstrategie 2030 plus“ entwickelt.
Das Rheintal ist zwar eine historische Verkehrsachse, doch die kleineren Kommunen profitieren davon nicht zwangsläufig. Auf vielen Kilometern ohne feste Querung wird der Fluss sogar eher als Trennlinie wahrgenommen, führte Bürgermeister Ingendahl aus. Unter anderem dieses Problem soll künftig gelöst werden – und das nicht nur mit der möglichen Fußgänger- und Fahrradbrücke zwischen Remagen und Erpel. So strebe man eine bessere Vernetzung und Taktung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) an. Dabei sollen beispielsweise auch die Fährverbindungen mit einbezogen werden. Um alles bequem nutzen zu können, soll es dafür ein einheitliches Tarif- und Bezahlsystem geben.
Auch der Fluss selbst soll künftig wieder mehr als Verkehrsachse genutzt werden, etwa durch ein System von Wassertaxis und Wasserbussen, die zwischen Koblenz und Bonn verkehren. Den Individualverkehr könnte man durch ein regionales Car- und Bikesharingsystem verbessern, also Autos oder E-Bikes, die man sich bequem am Wohnort mieten und für Fahrten in der Region nutzen kann. „Wichtig ist dabei, dass es keine Insellösungen in den Kommunen gibt, sondern ein System, das übergreifend funktioniert“, so Ingendahl. Das Ziel dieser Vision ist ein Mobilitätskonzept aus einer Hand, bei dem sich die verschiedenen Bausteine und Verkehrsträger wie Züge, Busse und Fähren, aber auch individuelle Verkehrsmittel wie Mietwagen miteinander kombinieren lassen – das alles möglichst auch noch umweltschonend und CO2-neutral. Darum gehören auch sogenannte Radschnellwege zu diesem Konzept.
„Die Vorschläge sind durchaus noch visionär“, erläuterte Ingendahl mit Blick auf die an die Stadtratsmitglieder verteilte Grafik: Diese Erläuterung zur Mobilitätsstrategie 2030 plus zeigt unter anderem eine Seilbahn entlang des Rheins bis nach Koblenz. „Nicht alles, was sie hier sehen, wird auch zwangsläufig so umgesetzt“, so Ingendahl zur Einordnung. Doch die Grundidee, ein regionales und modernes Verkehrsmanagement innerhalb der Modellregion entlang des Rheins zu etablieren, sei eindeutig. Und die Hoffnung, dass diese Modellregion nicht an der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen unmittelbar vor der großen Nachbarstadt Bonn endet, besteht auch. „Ich habe schon einen telefonischen Gesprächstermin mit der designierten Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner vereinbart, bei dem es auch um diese Themen gehen soll“, erklärte Ingendahl dem Stadtrat.
Ein weiterer Schwerpunkt der Zusammenarbeit soll der Tourismus werden. In diesem Bereich ist man mit der Ideensammlung noch nicht so weit fortgeschritten wie beim Thema Mobilität. Björn Ingendahl erwähnte hierzu die Überlegung, die Fahrgastschifffahrt auch auf dem landschaftlich reizvollen Flussabschnitt zwischen Remagen und Koblenz wieder aufzunehmen. Ein weiteres Ziel der elf Kommunen: Die touristischen Glanzpunkte sollen erfasst und mithilfe des Mobilitätskonzepts angebunden werden. Bereits von der Realität überholt wurden die Verwaltungschefs beim Thema Digitalisierung. Der geplante Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes im Rahmen des Projekts ist bereits von einem Telekommunikationsanbieter entlang des Rheins umgesetzt worden, so Ingendahl. Ein weiterer Schwerpunkt der Kooperation ist die Arbeit der Verwaltungen selbst. Dabei sollen Synergieeffekte genutzt werden. „Bei den Gesprächen und Treffen haben wir schnell gemerkt, das alle Kommunen in vielen Fällen ähnliche Probleme haben und auf der Suche nach Lösungen dafür sind.“ So entstand die Idee, eine virtuelle gemeinsame Behörde als Dienstleister in der Form einer Anstalt öffentlichen Rechts zu gründen, die gemeinsam im Namen der Kommunen etwa europaweite Ausschreibungen stemmen oder die Koordination des Mobilitätskonzepts übernehmen könnte. Doch dafür sind noch umfangreiche Abstimmungen und Regelungen notwendig.
Auch wenn einige Bausteine des Projekts derzeit noch sehr optimistisch und visionär erscheinen – allein die gemeinsame Arbeit daran habe schon viel gebracht, so Ingendahl. „Es ist immer gut, über den Tellerrand hinwegzuschauen“, so Remagens Stadtchef. Und die Chance, dass einige der Projekte auch umgesetzt werden können, stehen laut Ingendahl gar nicht so schlecht. Es gebe Signale aus Mainz, dass die Initiative auch über die ursprünglich geplanten vier Jahre hinaus noch ideell und finanziell vom Land unterstützt werden könnte – gute Aussichten für die Rheinkommunen.