Tierhalter kennen die Alarmmeldungen, die oft über soziale Netzwerke und in lokalen Chatgruppen geteilt werden: „Achtung, Verdacht auf Giftköder“ heißt es da häufig. Solche immer wiederkehrenden Meldungen suggerieren, dass mutwillige Anschläge auf Haustiere beinahe an der Tagesordnung zu sein scheinen. „Das ist zum Glück nicht so“, sagt Tierärztin Sarah Lipke-Kuryszko. Dennoch kommt es hin und wieder vor, so wie jetzt zuletzt in Remagen.
Vergiftung ist nicht immer leicht zu erkennen
Zwei der insgesamt vier Hunde mit Vergiftungen, die alle überlebt haben, wurden in der Tierarztpraxis in Oberwinter behandelt. „Das war in diesem Fall ganz offensichtlich – wenn vier Hunde, die alle den gleichen Weg gegangen sind, innerhalb weniger Tage die gleichen Vergiftungssymptome aufweisen, dann ist da etwas faul“, sagt die Veterinärin. Doch nicht immer ist es für Tierbesitzer leicht, überhaupt eine gefährliche Vergiftung zu erkennen. Denn die Symptome können sehr unterschiedlich und unspezifisch sein.

„Oft ist das erste Anzeichen nur eine Verhaltensänderung – das Tier ist lethargisch, verwirrt oder ungewöhnlich ruhig. Auch Appetitlosigkeit und starker Speichelfluss können auftreten“, sagt die Tierärztin. „Häufiges blutiges Erbrechen oder Durchfall kann ein Zeichen für eine Cumarin-Intoxikation, ein häufig verwendetes Rattengift, sein. Erst drei bis vier Tage nach der Aufnahme von Rattengift verursachen leichte Verletzungen dann ungewöhnlich starke Blutungen.“ Aber auch Zittern oder plötzliche Krampfanfälle können Hinweise auf eine Vergiftung sein. „Auf jeden Fall ist es wichtig, dass die Tierhalter bei dem kleinsten Verdacht so schnell wie möglich einen Tierarzt kontaktieren. Denn je früher bei einer Vergiftung behandelt wird, desto größer ist die Überlebenschance für das Tier“, so die Medizinerin.
Seit einigen Jahren häufen sich in der tierärztlichen Praxis Vergiftungen mit Alpha-Chloralose. „Diese Chemikalie ist frei verkäuflich. Meist wird sie als weißes Pulver oder Zuckerwatte-ähnliche Flocken mit Mohn oder Getreide versetzt auf Feldern ausgelegt. Besonders Katzen sind gefährdet“, berichtet Lipke-Kuryszko aus ihrem Arbeitsalltag.

Die weitaus überwiegende Zahl der Vergiftungen bei Hunden hat ihre Ursachen aber nicht in der Gassirunde. „Der Haushalt ist viel gefährlicher“, weiß die Tierärztin aus der Praxis. „Die Hunde fressen versehentlich Schokolade, Weintrauben oder Sultaninen, Nüsse oder Gebäck mit Xylit.“ Auch das ein oder andere mit Haschisch versetzte Gebäckstück, das sich Frauchen oder Herrchen selbst gönnen wollten, soll schon vom Vierbeiner gefressen worden sein – mit entsprechenden gesundheitlichen Folgen samt Vergiftungserscheinungen.
Wie auch immer: Die Tierärztin rät dazu, sofort den Tierarzt zu kontaktieren, falls das Tier Dinge gefressen hat, die ihm nicht bekommen. „Hausmittel anzuwenden, etwa um beim Tier Erbrechen herbeizuführen, sind nicht ungefährlich und können zu weiteren gefährlichen Komplikationen führen. Und wenn das Tier mit Fremdstoffen wie Nägeln, Glassplittern oder Rasierklingen versetzte Köder gefressen hat, ist Erbrechen sogar gefährlich.“
Antigiftköder-Training in der Hundeschule ist sinnvoll
Am besten ist natürlich, wenn die Tiere weder im Haushalt noch auf der Gassirunde mit Giften in Verbindung kommen. „Ein Antigiftköder-Training, wie es manche Hundeschulen anbieten, kann da sehr sinnvoll sein. Aber es gibt auch Fälle, bei denen der Spaziergang nur mit Maulkorb die einzig sichere Option ist“, meint Sarah Lipke-Kuryszko. Auf jeden Fall sollten Hundehalter ihr Tier immer im Blick behalten – und trotz aller Gefahren nicht in Panik verfallen. Denn vorsätzliche Vergiftungen, wie sie jetzt in Remagen vorgekommen sind, sind zum Glück nur sehr selten.
Hilfe im Notfall
Auch wenn vorsätzliche Vergiftungen von Haustieren äußerst selten sind – ein paar Dinge sollten Hundehalter beherzigen. Dazu gehört, die Telefonnummer des Tierarztes griffbereit zu haben, denn bei Verdacht auf eine Vergiftung des Tieres ist schnelles Handeln sehr wichtig. Außerhalb der Praxiszeiten kann der Tierärztliche Notdienst Rhein-Ahr-Eifel unter der Telefonnummer 0180/5440000 kontaktiert werden. In Mayen bietet die Tierklinik Dr. Schneichel eine 24-stündige Versorgung inklusive stationärer Behandlung an: die Notfallnummer für Kleintierhalter lautet 0171/7795900. Während der Woche bis 23 Uhr und an Feiertagen und Wochenenden bis 21 Uhr bietet auch das Kleintierzentrum Neuwied Hilfe an. Die Notfallnummer lautet 02631/978978.