Reaktionen aus Kreis Ahrweiler
Gesetz besagt: Sonntags darf nicht getrödelt werden
Dorfflohmärkte, auf denen wie hier beim Koisdorfer Krempelsmarkt Privatleute ihren Trödel anbieten, haben eher einen Dorffestcharakter für alle Beteiligten.
Judith Schumacher

Hof- und Dorfflohmärkte sind an Sonn- und Feiertagen in Rheinland-Pfalz verboten. Darauf wies nun noch einmal die ADD hin – und stieß mit ihrer Weisung auf großes Unverständnis bei den Bürgermeistern im Kreis Ahrweiler.

Dorfflohmärkte erfreuen sich im Kreis Ahrweiler großer Beliebtheit sowohl bei Veranstaltern als auch bei Besuchern. Allerdings fanden sie vielerorts in Rheinland-Pfalz auch an Sonntagen statt, was nach Auslegung des Sonn- und Feiertagsgesetzes nach Angaben der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) so nicht statthaft war. Deshalb hat die ADD kürzlich mit einer Pressemitteilung auf die Gesetzgebung hingewiesen und hat derartigen sonn- und feiertäglichen Veranstaltungen einen Riegel vorgeschoben. Dort heißt es, dass insbesondere private Haus- und Dorfflohmärkte, die in erster Linie dem Verkauf und Kauf dienen würden und demzufolge der Gewinnerzielung, nicht an diesen Tagen stattfinden dürfen. Für die Veranstalter ist das schwer nachzuvollziehen.

Verstöße können Bußgeld zur Folge haben

Nach dem rheinland-pfälzischen Feiertagsgesetz seien an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen grundsätzlich alle öffentlich bemerkbaren Tätigkeiten verboten, die die äußere Ruhe beeinträchtigen oder dem Wesen des Sonn- und Feiertages widersprechen. „Dies trifft insbesondere auf marktmäßig organisierte Veranstaltungen mit Verkauf von Privat an Privat zu“, heißt es in dem Rundschreiben. Und weiter: „Nach ihrem äußeren Erscheinungsbild und der Gewinnerzielungsabsicht sind derartige Veranstaltungen als gewerbliche Betätigungen einzustufen, die typischerweise werktags stattfinden und über keine spezialgesetzliche Festsetzungserlaubnis verfügen. Verstöße gegen das gesetzliche Verbot können Bußgeldverfahren zur Folge haben.“

Weil unsere Ortschaften aufgrund der Topografie so weit auseinandergezogen liegen, hatte Tamara Monreal, unsere neue Quartiersmanagerin für Ahrbrück, Kesseling und Hönningen, die tolle Idee, einen zentralen Flohmarkt auf dem Parkplatz des Einkaufszentrum Pützfeld an der B257 durchzuführen. Das geht nur an Sonntagen, wenn die Geschäfte geschlossen sind.“
Guido Galle, Ortsbürgermeister von Ahrbrück

Diese Regelung wird in den Dörfern und bei Veranstaltern kritisch gesehen, wie eine Umfrage unserer Zeitung ergab. Die Alternative, den Dorftrödelmarkt an Samstagen stattfinden zu lassen, findet nicht viele Befürworter. „Der Eifler arbeitet samstags“, sagt etwa Ahrbrücks Ortsbürgermeister Guido Galle. „Weil unsere Ortschaften aufgrund der Topografie so weit auseinandergezogen liegen, hatte Tamara Monreal, unsere neue Quartiersmanagerin für Ahrbrück, Kesseling und Hönningen, die tolle Idee, einen zentralen Flohmarkt auf dem Parkplatz des Einkaufszentrum Pützfeld an der B257 durchzuführen. Das geht nur an Sonntagen, wenn die Geschäfte geschlossen sind“, so Galle. Wie Monreal bestätigt, hatte sie bei den Geschäftseigentümern des Einkaufszentrums schon vorgefühlt, die mit der Parkplatznutzung für diesen Zweck einverstanden gewesen wären. Kesseling habe bereits schon mal den Versuch eines Dorfflohmarkts an einem Samstag unternommen und dabei keine guten Erfahrungen gemacht. In Liers sei deshalb auch an einen Sonntag für einen derartigen Markt gedacht worden. In Hönningen soll er laut der Quartiersmanagerin nun am Samstag, 24. Mai, stattfinden. „Allerdings würden wir dann später anfangen und aufhören, denn es macht keinen Sinn, an einem Samstagvormittag auf Leute zu warten, die da meistens etwas anderes zu tun haben“, so Monreal. Der Beginn ist nun für 13 Uhr vorgesehen, das Ende für 19.30 Uhr.

Wenig Verständnis für die Regelung

Ulla Mainzer, die gerade dabei war, mit Tanja Prells tatkräftiger Unterstützung in Unkelbach erneut den Dorfflohmarkt zu organisieren, kann die ADD-Information mitnichten nachvollziehen. „Ich bin entsetzt über die Anweisung. Das hatte ich noch gar nicht mitbekommen. Dieser seit drei Jahren bestehende Dorfflohmarkt ist zu einer beliebten Dorfaktion geworden. Die über 50 Teilnehmer verdienen sich keine Vermögen. Wir selbst hatten zuletzt 40 Euro eingenommen, aber die gemeinsame Sache zählt“, sagt sie. Es hätte einfach nur allen Spaß gehabt, und die Teilnehmer hätten es genossen, bei den anderen einzukehren, sich auszutauschen und zu besuchen, wofür sich normalerweise im Alltag keiner Zeit nähme.

Oberzissen sucht nach einem Ersatztermin

Kalt erwischt von der ADD-Pressemitteilung wurde Oberzissen. „Für uns ist das Neuland, aber nachdem Waldorf und Dedenbach einen so schönen Dorfflohmarkt durchgeführt hatte, wollen wir das auch“, erklärt Ortsbürgermeister Christof Bürger. Gerade erst wurde in einem öffentlichen Bekanntmachungsorgan ein Aufruf gestartet, wer in der Bevölkerung Interesse hat, am Sonntag, 14. September, bei einem Dorfflohmarkt mitzumachen. Anders als anderswo soll an diesem Tag aber nicht das ganze Dorf zum Flohmarkt werden. Um die Wege für die Besucher nicht zu weit werden zu lassen, plant die Ortsgemeinde einen zentral gelegenen Marktbereich rund um die alte Schule. Allerdings muss die Gemeinde nun für sich klären, an welchem Ersatztag dies nun stattfinden soll.

In seiner Ortsmitte hatte auch der Rheinhöhenort Oedingen seinen sogenannten Oedifloh erfolgreich organisiert. Schon lange hatte Löhndorf auf seiner Internetseite für seinen Sonntagsdorfflohmarkt 2026 geworben, sogar mittels Zählwerk die Tage bis zum Ereignis berechnet. Mittlerweile wurde die Werbung gelöscht. Allerdings bahnt sich wie auch für die geplanten Flohmärkte in Westum am Sonntag, 18. Mai, und den dritten Koisdorfer Krempelsmarkt am Sonntag, 29. Juni, eine Lösung an.

Weihnachtsmärkte an Sonntagen sind zulässig

Als Westums Ortsvorsteher und Vorsitzender des Vereins Dorfgemeinschaft Westum, Mario Wettlaufer, von der ADD-Weisung erfuhr, war er zunächst auf Konfrontation gebürstet. Der erste Dorfflohmarkt im Jahr 2023 auf die Idee von Daniel Lüken hin und unter administrativer Begleitung des Vereins Dorfgemeinschaft sei ein sehr großer Erfolg gewesen. „Man hatte das Gefühl, das ganze Dorf war auf den Beinen, und es hatte eher den Anschein eines großen Bürger- und Nachbarschaftsfestes – dieser Dorffestcharakter wird nun durch den Rundbrief der ADD kaputtgemacht“, erklärte er gegenüber unserer Zeitung. Nach wie vor hält er die Entscheidung für eine Falschauslegung des betreffenden Gesetzes. Grundlage für das 2014 im Landtag beschlossene Sonn- und Feiertagsgesetz sei ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2011. Grundsätzlich dürfen demnach Floh- und Trödelmärkte an Sonn- und Feiertagen nicht durchgeführt werden. Hierunter fielen auch gewerbliche Floh- und Trödelmärkte, mit denen die Veranstalter ihren Lebensunterhalt verdienten. Eine Ausnahme lässt das Gesetz derzeit nur an verkaufsoffenen Sonntagen zu. „Und diese dürfen an bis zu acht Marktsonntagen im Jahr stattfinden“, so Wettlaufer.

Man hatte das Gefühl, das ganze Dorf war auf den Beinen, und es hatte eher den Anschein eines großen Bürger- und Nachbarschaftsfestes – dieser Dorffestcharakter wird nun durch den Rundbrief der ADD kaputtgemacht.“
Mario Wettlaufer, Ortsvorsteher von Westum

Allerdings ist, wie zu dem Urteil nachzulesen ist, der Landesgesetzgeber befugt, den zurzeit bestehenden gesetzlichen Sonn- und Feiertagsschutz unter Berücksichtigung einer geänderten sozialen Wirklichkeit einzuschränken. So habe er bereits die Durchführung von Floh- und Trödelmärkten an verkaufsoffenen Sonn- und Feiertagen gestattet. Auch die Veranstaltung traditioneller Weihnachtsmärkte an Sonntagen sei deshalb zulässig. Von Hause aus Jurist, besah sich der Ortsvorsteher gemeinsam mit einem weiteren Juristen das Gesetz genauer. „In der Randziffer 25 macht das Gericht eine klare Unterscheidung zwischen gewerblichen und Gelegenheitsanbietern, deshalb hat die ADD meiner Auffassung nach die rechtliche Grundlage für private Flohmärkte falsch ausgelegt“, erklärt Wettlaufer. Aus dem Gesetz gehe lediglich hervor, dass an diesen Tagen gewerbliche Flohmärkte als unerlaubte Tätigkeit klassifiziert werden, da dies der Sicherung des Lebensunterhaltes des Veranstalters sicherstellen würde. Für die Teilnehmer des Dorfflohmarkts in Westum sei dies aber eben dies nicht der Fall. Es handele sich hier in keinster Weise um eine Gewerblichkeit der Anbieter, somit greift aus seiner Sicht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts hier auch nicht.

Antrag bei der Stadt für Ausnahme?

Auch Koisdorfs Ortsvorsteher Karl-Heinz Arzdorf hat kaum Verständnis für die Anweisung der ADD: „Der Koisdorfer Krempelsmarkt hat sich in den beiden vergangenen Jahren in unserem Dorf mehr als etabliert, der Zuspruch für diese Veranstaltung war von allen Seiten enorm – die Begründung der ADD, diese privaten Verkäufe als gewerbliche Betätigung einzustufen, halte ich für zweifelhaft, und ich kann das gegenüber der Dorfbevölkerung überhaupt nicht erklären“. Bei der Stadt Sinzig hat er daher wie auch Wettlaufer für Westum einen Antrag auf Festsetzung eines Floh- und Trödelmarktes auf Sonntag, 29. Juni, im Rahmen des Landesgesetzes über Messen, Ausstellungen und Märkte gestellt und hofft auf eine positive Entscheidung.

Denn nachdem sich die jeweiligen Ortsvorsteher mit der Stadt Sinzig ausgetauscht hatten, könnten die Dorfflohmärkte über einen entsprechenden Antrag eines Vereins oder Veranstalters im Rahmen eines Markttages zwischen 11 und 18 Uhr auch an Sonntagen stattfinden. Als einziges Bundesland verfügt Rheinland-Pfalz seit 2014 über das sogenannte Landesgesetz über Messen, Ausstellungen und Märkte. In dessen Paragraf 12 Absatz 2 können durch eine von der jeweiligen Kommune erlassene Rechtsverordnung Marktsonntage festgelegt werden, an denen dann auch Floh- und Trödelmärkte nach Paragraf 8 festgesetzt werden können. Diese Entscheidung muss für Sinzig der Stadtrat beschließen. Dies werde auch bei den Veranstaltungen der Aktivgemeinschaft so gehandhabt, wenn ein verkaufsoffener Sonntag wie etwa beim Stadtfest Sprudelndes Sinzig damit einhergeht, hieß es auf Nachfrage seitens der Stadt.

Andere Bundesländer, andere Regeln

In anderen Bundesländern wird das Sonntagsverkaufsverbot unterschiedlich gehandhabt. So betrifft dieses in Niedersachsen nur gewerbliche Veranstaltungen und Händler. Private Flohmärkte etwa in Schulen und Gemeindehäusern oder auf Spielplätzen sind davon nicht berührt. Wenn Privatleute privat gebrauchte Dinge verkaufen, dann erwächst ihnen aus dem Urteil kein Problem. Dort ist es Sache der Kommunen festzustellen, ob es sich bei einem Markt um eine private oder eine gewerbliche Veranstaltung handelt. ith

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