Das Urteil ist gefallen: Wegen schwerer räuberischer Erpressung und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte hat das Landgericht Koblenz einen 22-Jährigen aus dem Kreis Ahrweiler zu einer Jugendfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Kammer um den Vorsitzenden Richter Martin Schlepphorst blieb damit unter dem von Oberstaatsanwältin Kirsten Mietasch geforderten Strafmaß in Höhe von drei Jahren. Verteidiger Florian Schulz indes hatte dafür plädiert, seinem Mandanten unter engen Bewährungsauflagen eine Chance zu geben – vergebens.
„Alle haben versucht, erzieherisch einzuwirken. Aber das hat offensichtlich nicht funktioniert.“
Der Vorsitzende Richter Martin Schlepphorst
Ein Grund für die Entscheidung des Gerichts ist der Zeitpunkt, an dem der Mann die Delikte begangen hat: nur wenige Wochen nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft und wohl wissend, dass er in Kürze seine Haft antreten würde, machte Schlepphorst deutlich. Zur Erinnerung: Am 23. November 2022 hatte der Angeklagte gemeinsam mit einem unbekannten Mittäter einem heute 21-Jährigen mittels eines waffenähnlichen Gegenstands gedroht und ihn dazu gebracht, in einem Handyladen an der Rheinschiene zwei Mobilfunkverträge mit Smartphones abzuschließen. „Sie haben ihn in Angst um sein Leben versetzt“, so der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung. Nur wenig später – Ende Januar 2023 – hatte sich der tätliche Angriff auf Vollstreckungsbeamte in Bonn ereignet.
Das müsse man sich vorstellen, so Schlepphorst, da werde jemand aus der Untersuchungshaft entlassen und erhalte eine Chance, sein Leben zu regeln, und dieser jemand verübe nur wenige Wochen später heftige Straftaten. „Wissend, dass das Ärger gibt“, betonte der Vorsitzende Richter und fuhr fort: „Alle haben versucht, erzieherisch einzuwirken. Aber das hat offensichtlich nicht funktioniert.“ Schlepphorst ging darüber hinaus auch auf die Führungsaufsicht ein, unter der der Mann derzeit für drei Jahre steht. Diese kann ein Gericht neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass der Verurteilte weitere Straftaten begehen könnte.

Im Zuge der Führungsaufsicht hatte der 22-Jährige gegen das Verbot verstoßen, Cannabis zu konsumieren. „Wir haben schon ein enges Korsett geschnürt, und Sie wussten von dem neuen Termin“, führte Schlepphorst im Hinblick auf den aktuellen Prozess aus und sprach von einer neuen Straftat nach der Haftentlassung. Das Argument der Verteidigung, der Mann habe Schlafprobleme, ließ er nicht gelten. Er ging vielmehr auf die von der Kammer ausgemachte charakterliche Haltung des Verurteilten ein: „Ist mir doch egal, was der Richter erzählt“, so Schlepphorst. Und – bezüglich der schweren räuberischen Erpressung – ist er sich sicher: „Ihnen war es völlig latte, was mit dem Zeugen passiert.“
Zugute hielt er dem Angeklagten das vollumfängliche Geständnis, das dieser über seinen Verteidiger hatte verlautbaren lassen. Und Schlepphorst wies auch darauf hin, dass die Jugendstrafe – Mittel der Wahl – deutlich milder als bei Erwachsenen und angewandt worden sei, obwohl der Angeklagte im Tatzeitraum bereits 20 Jahre alt war. „Sie haben jetzt die Gelegenheit, Ihr Leben weiter zu ordnen. Und wenn Sie in Haft sind, machen Sie um Gottes Willen eine Ausbildung. Vielleicht ist das jetzt mal der Schuss, den Sie hören. Wäre echt schön“, gab Schlepphorst dem Angeklagten mit auf den Weg.
„Niemand braucht heute Angst vor mir zu haben.“
Der Angeklagte
Dieser hatte zuvor nach dem Plädoyer seines Verteidigers noch einmal beteuert, dass er sich geändert habe. „Ich war damals jung und naiv. Ich war wild unterwegs“, hatte der 22-Jährige gesagt. Im Gefängnis habe er viel über seine Zukunft nachgedacht. „Ich habe einen Plan von A bis Z gemacht. Niemand braucht heute Angst vor mir zu haben“, so der Angeklagte.
Aber das hat wenig genutzt – ebenso wenig wie die Sichtweise der Jugendgerichtshilfe des Rhein-Pfalz-Kreises, die ein Vertreter zuvor geschildert hatte. Dieser war auf den Arbeitsvertrag ab dem 1. Juli eingegangen, den der 22-Jährige in der Tasche hat, und auf den geplanten Umzug nach Nordrhein-Westfalen, um aus dem – wie er sagte – „schädlichen Umfeld“ – herauszukommen. „Er hat in der Vergangenheit viele Fehler gemacht. Aktuell versucht er im Rahmen seiner Möglichkeiten, sein Leben in geregelte Bahnen zu bringen“, so der Vertreter der Jugendgerichtshilfe.

Hat Mann aus dem Ahrkreis Opfer mit Waffe bedroht?
Zweieinhalb Jahre saß ein 22-Jähriger aus dem Kreis Ahrweiler im Gefängnis wegen bewaffneten Handelns mit Betäubungsmitteln. Erst vor Kurzem wurde er aus der Haft entlassen. Jetzt steht er erneut vor dem Landgericht Koblenz.
Er sei gewillt, sich in die Gesellschaft einzugliedern, wie es sich für einen 22-Jährigen gehöre. Diese Möglichkeit zu sagen, dass er etwas gelernt habe, sei bei einer Haft in einer Jugendstrafanstalt nicht gegeben, so der Standpunkt der Jugendgerichtshilfe. Ähnlich hatte auch der Verteidiger des Angeklagten in seinem Plädoyer argumentiert und unter anderem darauf hingewiesen, dass sein Mandant Bewerbungen geschrieben und Termine eingehalten habe sowie zu dem Schluss gekommen sei, einen strukturierten Tagesablauf zu wollen. Man müsse ihm definitiv eine Chance geben, so das Fazit von Florian Schulz. Doch die Neunte Große Strafkammer am Landgericht Koblenz hat letztlich anders entschieden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.