Generalversammlung der Genossenschaft mit Rückblick auf schwierige und einem Ausblick auf herausfordernde Zeiten
Genossenschaft zieht Bilanz: Ahrwinzer wünschen sich weniger Bürokratie
Dirk Stephan und Mirco Burkardt vom Vorstand der Winzergenossenschaft hoffen auf einen zügigen Wiederaufbau. Foto: Hans-Jürgen Vollrath
Hans-Jürgen Vollrath

Mayschoß. Abriss, Wiederaufbau, Flächenverlust durch die Flut und Klimawandel. Das sind die Herausforderungen, denen sich die Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr stellen muss. Bei der Generalversammlung wurde deutlich, was sich die Ahrwinzer wünschen: weniger Bürokratie.

Dirk Stephan und Mirco Burkardt vom Vorstand der Winzergenossenschaft hoffen auf einen zügigen Wiederaufbau. Foto: Hans-Jürgen Vollrath
Hans-Jürgen Vollrath

„Wir leben in einer Baustelle“, so der Vorsitzende Dirk Stephan bei der Pressekonferenz am Hauptsitz in Mayschoß. Er hofft, dass bis 2026 alles fertig sein wird. Auf rund 19 Millionen Euro schätzt er die Investitionen, die in den Neubau in Mayschoß gesteckt werden. Für den Standort Walporzheim, in den bisher 900.000 Euro geflossen sind, seien 1,5 Millionen Euro als Summe absehbar. Mit 1,5 Millionen Euro schlage Altenahr zu Buche, wo die neue Verkaufsstelle am Roßberg 125 neben dem Autohaus Mönch am Samstag offiziell eröffnet wird.

Was aus dem alten Standort in der Tunnelstraße in Altenahr wird, ist noch ungewiss. Eine effektive Lösung werde angestrebt. In Mayschoß müssen fast alle Gebäudeteile der Winzergenossenschaft, bis auf den technischen Betrieb, abgetragen und komplett neu aufgebaut werden. Zunächst werden Gebäude für Lager und Versand entstehen, die dann vorübergehend als Verkaufsfläche dienen sollen. Das von der Flutkatastrophe beschädigte Hauptgebäude verschwindet. Neu entstehen sollen eine Vinothek mit großen Veranstaltungs- und Tagungsräumen sowie ein Verwaltungsgebäude mit Bistro. Bruchstein, Grauwacke und Holz sollen als Materialien im Neubau die besondere Weinlandschaft spiegeln.

Die Angst, vergessen zu werden

Mangels Platz in Mayschoß fand die Generalversammlung im Kloster Marienthal statt. Beim Rückblick auf das vergangene Wirtschaftsjahr wurden sowohl die Chancen, neue Projekte auf den Weg zu bringen, betont, aber auch die Hürden gesehen. Das Ahrtal sei bei der Politik ein wenig in Vergessenheit geraten angesichts neuer Krisen und der Folgen, die der Krieg in der Ukraine mit sich bringe, beobachten Dirk Stephan und der zweite Vorsitzende, Mirco Burkardt.

Am meisten ärgern sie sich über die Bürokratie. Mehr als ein Jahr hätten sie auf die Baugenehmigung für den Wiederaufbau in Walporzheim gewartet. „Seit dieser Woche liegt sie vor“, so Burkardt. Für die neue Versandhalle gebe es nur eine Teilgenehmigung. Die Pläne hätten wegen der Brandschutzauflagen geändert werden müssen. Verbunden seien damit auch neue Berechnungen für die Fertigung.

Umsätze auf Niveau wie vor Corona

Bei den Umsätzen liege man auf einem Niveau, das vergleichbar sei mit dem vor der Corona-Pandemie. Während des Lockdowns hätten die Menschen mehr Geld für Wein ausgegeben. Und auch nach der Flut mit großer Medienpräsenz und Aufmerksamkeit seien die Absatzmengen gestiegen, berichten die Vorstandsvorsitzenden. Sie müssen aktuell mit gestiegenen Energiekosten kalkulieren. „Die Preissteigerungen betreffen die Ausgaben für Flaschen ebenso wie die für Korken und Gläser. Außerdem sind Logistik und Versand teurer geworden“, so Stephan.

„Mit viel Arbeit wurde das Wunschziel, auf dem Niveau wie vor Corona anzukommen, erreicht“, so Stephan. Vor allem der Absatz bei den Veranstaltungen sei sehr hoch gewesen. Man habe Neues wie die Themenweinprobe oder die After-Work-Party kreiert. Auch die Jahrespräsentation oder der Tag der offenen Tür seien gut gelaufen. 1,2 Millionen Liter Wein, Sekt und Saft liegen derzeit noch in den Kellern. Der Herbst 2022 habe 1,3 Millionen Liter Traubensaft gebracht, und für die neue Ernte stünden Kapazitäten für zwei Millionen Liter zur Verfügung.

Veranstaltungen fördern Direktverkauf

Mit dem Direktverkauf ist die Winzergenossenschaft Mayschoß zufrieden. Die Kunden hätten sich mit den Provisorien und dem rustikalen Ambiente angefreundet. Der historische, 1891 erbaute Fasskeller bleibt erhalten und eine Attraktion, während alle anderen Keller zugeschüttet werden. Auch die Produktionsstätten bleiben in Funktion.

Auch wenn irgendwann wieder alles fein ist in der Winzergenossenschaft Mayschoß, schauen die Vorstandsvorsitzenden auch genau hin, wenn es um den Wiederaufbau in der Nachbarschaft geht. „Für uns ist der Tourismus ein großes Thema. Wir leben davon. Wir müssen den Leuten etwas bieten, damit sie ihren Urlaub hier verbringen. Je länger man wartet, desto schwieriger wird es. In Mayschoß fehlen Hotels und Gastronomie“, so Mirco Burkhardt. Und Dirk Stephan wünscht sich, dass viele Betriebe so schnell wie möglich wieder öffnen: „Einer allein kann es nicht schaffen.“

Top-News aus der Region