Doch der 33-jährige Familienvater hat ein Problem mit dieser Leidenschaft und seiner Mission: Erst hat die Pandemie gut zwei Jahre lang verhindert, dass er seine Kurse anbieten konnte, nun, wo es wieder losgehen könnte, fehlt das Interesse – auch weil kaum jemandem Life Kinetik ein Begriff ist. Und das ist schade, wie Andreas Schmitt findet.
Ziel ist es gar nicht, die Übungen irgendwann perfekt zu können, sondern dem Gehirn ständig neue Aufgaben zu geben.
Andreas Schmitt
Der topfitte und dynamische Mittdreißiger holt eine riesige Sporttasche voller Utensilien hervor. „Keine Angst, jetzt kommt kein Leistungssport, auch wenn im Profibereich Life Kinetik längst fester Bestandteil vieler Trainingspläne ist.“ Zwischen Badmintonschlägern, Tüchern und Seilen holt er zwei kleine Bälle hervor, nimmt einen in jede Hand, wirft sie vor seiner Brust gerade nach oben, und überkreuzt vor dem Auffangen blitzschnell die Hände – ganz simpel. Doch beim Nachmachen scheitert der Zeitungsredakteur kläglich: Die Bälle fliegen gar nicht erst senkrecht nach oben, weil der Kopf sich schon auf das schnelle Händeüberkreuzen und Auffangen konzentriert hatte – doch gar nicht so simpel. „Das ist im Grunde schon das Prinzip von Life Kinetik“, schmunzelt Schmitt.
Wenn das Gehirn arbeiten muss
Spielerische Auge-Hand-Körperkoordination in immer neuen Varianten – und zwar so, dass man zunächst fast immer scheitert – so funktioniert das Training. Der Effekt: „Das Gehirn muss dafür hart arbeiten, schaltet permanent neue Synapsenverbindungen, wird intensiv herausgefordert – und zwar so lange, bis solche Abläufe irgendwann automatisiert werden“, erklärt Schmitt. „Aber das Ziel ist es gar nicht, die Übungen irgendwann perfekt zu können, sondern dem Gehirn ständig neue Aufgaben zu geben.“ Ständiges Scheitern ist also Teil des Programms. Oder wie Schmitt lachend und voller Ironie sagt: „Wer in meine Kurse kommt, kann nichts, wer wieder herauskommt, kann immer noch nichts.“
Und dennoch hat das Training Effekte: Erfahrungen von Profisportlern und wissenschaftlichen Studien gehen in die gleiche Richtung: Konzentration und Auffassungsgabe steigern sich, die Stressresistenz wird verbessert. Längst haben Profisportler das Potenzial entdeckt: viele Fußball-Bundesliga-Vereine, die Deutsche Ski-Nationalmannschaft und Sportschützen. Die Effekte des Trainings können aber auch jedem im Alltag nützen – im Beruf etwa, bei körperlichen Beschwerden nach Krankheiten oder Unfällen oder als vorbeugende Übung gegen Altersdemenz.
Feedback ist wichtig
Das Gehirntraining funktioniert, da ist sich Schmitt ganz sicher. „Ich mache auch immer Befragungen bei meinen Kursteilnehmern. Klar: Dem einen hilft es mehr, dem anderen etwas weniger. Aber positive Effekte sind eindeutig sichtbar. Das reicht von schwindendem Kopfschmerz nach langen Bildschirmsitzungen bis hin zu besserem Schlaf, größerer Stressresistenz oder sogar Verbesserung bei Sehproblemen.“ Und Spaß macht es obendrein – besonders in der Gruppe.
Aber gerade das war Schmitts Problem während der Corona-Pandemie: „Wie soll das gehen, etwa wenn wir uns Bälle zuwerfen? Die kann man ja nicht nach jedem Kontakt desinfizieren“, meint der Gehirntrainer. Auch von Onlinekursen per Videokonferenz hält er nicht viel. „Der echte Spaß kommt doch erst, wenn man den Nachbarn neben sich auch scheitern sieht.“ Also verfiel die Life Kinetik bei Andreas Schmitt erst einmal in eine Art pandemiebedingten Winterschlaf.
Dass die lange Corona-Pause für den zweifachen Familienvater nicht existenzbedrohend war, liegt daran, dass er weiterhin sein Geld als Sozialpädagoge bei der Caritas in Bad Godesberg verdient. Doch sein Herzensprojekt, die Life Kinetik, soll nicht untergehen. Das Training nutzt jedem, jung oder alt, topfit oder gehandicapt, ist sich Schmitt sicher, und nimmt sich aus seiner riesigen Sporttasche ein Badmintonracket mit einem größeren Plastikball, schließt eines seiner Augen und lässt den Ball abwechselnd mit der Vorhand und der Rückhand auf dem Racket springen. Eigentlich simpel – oder etwa doch nicht?
Ein neuer Life-Kinetik-Kurs beginnt am 19. Oktober im PUR-Gesundheitszentrum in Bonn-Kessenich. Weiter Informationen oder Anmeldungen nimmt Schmitt unter Tel. 0176/802.582 90 oder per E-Mail unter andreas.schmitt@lifekinetik trainer.de entgegen.