Insbesondere die Frage, ob die Fußballspiele in diesem Jahr grundsätzlich geschaut werden sollten, sorgt auch bei Fußballvereinen im Kreis Ahrweiler für Diskussionen.
Auch positive Aspekte
Wir haben uns bei den Vereinen umgehört. Viele gaben an, die Spiele allenfalls im Vereinsrahmen schauen und auf ein Public Viewing verzichten zu wollen. Auch fielen die Begriffe „Doppelmoral“, „Korruption“, „Ungerechtigkeit“ und „mangelnde sportliche Anerkennung“ auffallend oft in den Gesprächen mit unserer Zeitung. Ebenso oft war jedoch auch von „Meinungsvielfalt“, „sportlicher Begeisterung“ und von einem „Ereignis mit möglicherweise positiven politischen und gesellschaftlichen Folgen“ die Rede.
Gerd Solheid, Abteilungsleiter des TuWi Adenau, sieht die Spiele etwa als eine Art Türöffner für künftige gesellschaftliche und politische Zusammenarbeiten mit dem Golfstaat. „Das Land ist mit der Austragung der Spiele gezwungen, sich zu öffnen“, ist sich Solheid sicher und blickt insbesondere auf das Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen und Verhaltensweisen, die die katarische Bevölkerung mit dem Empfang kulturell westlich geprägter Gäste erleben werde.
Hobbykicker sind sonst auch eher kritisch
Ähnlich sieht es Heinz-Joachim Schmickler. Auch der Trainer des Ahrweiler BC bewertet die diesjährige WM als ein verbindendes Element, hofft aber auch, „dass es zu keinem Aufruhr in der Bevölkerung oder gar zu Anschlägen während der Spiele“ kommt.
Trotz dieser politischen Hoffnungen – einen großen Stellenwert haben die Fußballturniere bei den Hobbykickern im Ahrkreis derzeit nicht. Auf ein gemeinsames Ansehen der übertragenen Fußballspiele wollen viele von ihnen verzichten. „Das liegt zum einen an dem Termin der WM, zum anderen daran, dass die Spiele in diesem Jahr wenig mit Sport und mehr mit finanziellen Interessen zu tun haben“, bringt es Schmickler auf den Punkt. „Eine WM, die bis kurz vor Weihnachten geht, geht zeitlich einfach unter“, fügt TuWi-Abteilungsleiter Solheid hinzu, während Jörn Kreuzberg, Trainer bei der Grafschafter SG, bilanziert: „Es fehlt einfach die Leichtigkeit des Sommers.“
Weitaus kritischer als den Austragungszeitpunkt der WM bewerten die Vereine den Austragungsort und das Gebaren des internationalen Fußballverbandes (FIFA) während der WM-Vergabe. „Die Vergabe nach Katar war eine rein finanzielle Entscheidung“, ist Schmickler überzeugt. Natürlich sei es immer möglich, die Austragung einer Weltmeisterschaft auch in ein Land zu vergeben, in welchem Fußball keine lange Tradition habe. „Aber hier kommt das Sportliche bei der WM eindeutig zu kurz.“ „Geld regiert die Welt und die WM“, lautet das Credo aus Adenau und der Grafschaft, zu dem Trainer Schmickler hinzufügt, dass es sich bei Katar eben um keine traditionelle Fußballnation handele und es nicht nur aus Klimaschutzgründen fraglich sei, warum eine Weltmeisterschaft ausgerechnet in einem Wüstenstaat abgehalten werden müsse.
Viele wollen Spiele privat schauen
Schauen wollen die Befragten die Fußballspiele dennoch. „Aber im privaten Rahmen“, heißt es von den Vereinen. „Die Spiele nicht zu schauen wird den Leistungen der Spieler nicht gerecht. Die Diskussion, ob die WM moralisch und politisch vertretbar ist, kann nicht auf ihrem Rücken ausgetragen werden“, bezieht Solheid Stellung, während Kreuzberg beipflichtet: „Als Fußballer interessiert man sich für den Sport und die Sportler und nicht für den Austragungsort. Ähnlich sieht es auch Antonio Lopez vom TuS Oberwinter. „Fußball sollte unpolitisch sein“, mahnt der Vorsitzende und erklärt, auch beim TuS habe es bereits Diskussionen gegeben, ob die Spiele angeschaut werden sollten. „Und natürlich ist uns bewusst, dass es bei dieser WM viele Ungerechtigkeiten und bei der FIFA viel Korruption gibt. Aber das Sportliche steht für uns bei der WM im Vordergrund. Fußball ist unser Leben.“
Sollte Deutschland um den Kampf um Platz drei spielen, sei dies vereinsintern ein Anlass, die Partie gemeinsam im Verein zu schauen. Angesprochen auf die Hoffnungen für die deutschen Jungs, sind sich alle Vereine einig: „Das Auftaktspiel gegen Japan nicht verlieren und möglichst weit kommen – mindestens unter die ersten vier Plätze“.