Kundgebungen in Remagen ohne große Probleme - Absage der Rechten als Erfolg gezählt
Friedlich ohne Nazis: Kundgebungen in Remagen zum Tag der Demokratie ohne große Probleme
Christian Koniecki

„Hören sie das? Es ist ruhig. Keine Polizeihubschrauber, keine Martinshörner und keine Trommelschläge der rechten Demonstranten. Uns umgibt Stille.“ Remagens Bürgermeister Björn Ingendahl war erleichtert, dass nach elf Jahren ohne Unterbrechung in diesem November erstmals Neonaziinitiativen ihren sonst üblichen „Trauermarsch“ zum Rheinwiesenlager in Remagen abgesagt hatten. Doch ganz makellos blieb die Bilanz des „Tags der Demokratie“ in Remagen dann doch nicht.

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Die Botschaft ist klar.

Auch die Jugendfeuerwehr des Kreises war vertreten.

Auch Landrätin Cornelia Weigand kam zum Tag der Demokratie.

Auch aus Mainz gab es hochrangigen Besuch zum Tag der Demokratie.

Remagens Bürgermeister Ingendahl auf dem Podium.

An den Infoständen gab es einiges zu sehen.

Aufmarsch der Antifa.

Der Gottesdienst an der Schwarzen Madonna.

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„In dem Demonstrationszug durch die Stadt wurden drei Bengalos gezündet, die dort einfach nicht hingehören“, erklärte ein Sprecher der Polizei. Diese hatten Teilnehmer der linken Antifa-Kundgebung mitgebracht. Gut 100 Demonstranten hatte das Bündnis „NS-Verherrlichung stoppen“ gewinnen können, auch in diesem Jahr in Remagen (rote) Flagge zu zeigen, obwohl die Neonazis bereits vor einigen Wochen ihren sogenannten Trauermarsch abgesagt hatten. Aus dem Antifa-Umfeld wurde auch aus Bonn ein Zwischenfall gemeldet: Dort kam es offenbar bei der Anreise nach Remagen zu einem Handgemenge mit zwei Polizisten der Bundespolizei, bei dem einer der Beamten am Kopf verletzt wurde.

Kundgebung der Antifa am Bahnhof

Vor dem Demonstrationszug durch die Stadt auf der Route, die sonst die Neonazis nehmen, gab es auf dem Maisons-Laffitte-Platz am Remagener Bahnhof eine Kundgebung der Antifa. Die Themen der Redner drehten sich dabei neben dem Kampf gegen die Neonazis mehr noch als sonst auch um allgemeine Kapitalismuskritik, Polizeigewalt und soziale Ungerechtigkeit.

Beim eigentlichen „Tag der Demokratie“, den man in diesem Jahr auf den Parkplatz neben dem Freibad verlegt hatte, um den Verkehr nicht zu behindern, bekam man von den Zwischenfällen nichts mit. Begonnen hatte die Veranstaltung mit einem Friedensmarsch von Kripp zum Gedenkort mit der Kapelle der schwarzen Madonna. Dort wo unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg ein großes Gefangenenlager für deutsche Wehrmachtssoldaten eingerichtet war, gab es wie in den Vorjahren einen ökumenischen Gottesdienst.

Viele Stände mit Infos

Nebenan auf dem Veranstaltungsgelände waren neben der Bühne insgesamt 16 Stände von Parteien, Gruppen und Initiativen aufgebaut. Die Besucher konnten sich über die jeweiligen Aktivitäten informieren, einen Imbiss genießen oder an kleinen Spielen teilnehmen. Dort vertreten waren das ehemalige Gymnasium Nonnenwerth, das sich seit Beginn des bürgerlichen Engagements gegen den Naziaufmarsch beteiligt hatte, aber auch der Jugendbahnhof Remagen und aus Sinzig waren das HoT und die Barbarossaschule mit dabei.

Die Kreisjugendfeuerwehr hatte einen Stand, die Fairtradestadt-Initiative aus Remagen, das Friedensmuseum und die Hochschule Koblenz mit ihrem RheinAhrCampus gleich neben dem Veranstaltungsort. Caritas, Amnesty International, die Fraueninitiative Merida aus Sinzig sowie als Initiatoren der Veranstaltung das Bündnis Remagen für Freiheit und Demokratie und der Deutsche Gewerkschaftsbund. Aus den Reihen der Politik waren neben Bündnis 90/Die Grünen und der SPD auch Volt mit einem Stand vertreten. Unter die Besucher hatten sich auch etliche Lokalpolitiker gemischt, darunter einige Vertreter der Freien Bürgerliste Remagen sowie die SPD-Landtagsabgeordnete Susanne Müller.

Auch Katharina Binz war gekommen

Wie schon in den Vorjahren gab es hochrangigen Besuch aus der Landeshauptstadt: Katharina Binz, stellvertretende Ministerpräsidentin und Ministerin für Familie, Frauen, Kultur und Integration hielt auf der Bühne eine Ansprache, ebenso wie die Landrätin Cornelia Weigand, Prof. Dr. Karl Stoffel, Direktor der Hochschule Koblenz und die Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in Rheinland-Pfalz, Sabrina Kunz.

Alle Redner betonten ihre Freude darüber, dass die rechten Aktivisten in diesem Jahr offensichtlich Probleme gehabt hätten, genügend Teilnehmer für ihren Aufmarsch zu begeistern. Sie werteten das als deutliches Zeichen dafür, dass sich das bürgerliche Engagement in Remagen gegen die rechten Umtriebe offenbar gelohnt habe. Gleichzeitig warnten sie davor, angesichts vieler dubioser Verschwörungstheoretiker oder Gruppierungen, die aus den aktuellen Problemen wegen des Ukrainekriegs, wegen der Inflation und den damit verbundenen Ängsten und Nöten der Menschen mit vermeintlich einfachen Lösungen eine Spaltung der demokratischen Gesellschaft herbeiführen wollten. Die demokratische und freie Gesellschaft sei weiterhin in Gefahr, durch Hass und Hetze vergiftet zu werden, hieß es.

Mit dem Ende der Reden erreichte auch der Zug der Antifa-Demonstranten den Platz. Spätestens dann war es auch mit der vom Bürgermeister beschworenen Stille in Remagen vorbei, wofür in erster Linie die Band Gutso aus Bonn mit punkinspiriertem Rock sorgte.

Von Christian Koniecki

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